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Einkaufen mit Masken und Hygienemaßnahmen ist nicht so lustig. Alternative Absatz- und Vermarktungsweg dürften auch in Zukunft eine große Rolle spielen und der Kreativität sind hier kaum Grenzen gesetzt. © Maria Sbytova/Shutterstock.com

Deutschland

Bio-Markt legt zu

Ein Artikel von Red. | 20.05.2020 - 10:20

Durch Homeoffice und geschlossene Restaurants wird in den eigenen vier Wänden wieder mehr gekocht - die Einkaufsmenge von Bio-Lebensmittel ist deutlich gestiegen. Bei vielen Produkten haben sich dadurch die Bio-Anteile am gesamten Lebensmittelmarkt weiter erhöht. Das geht aus einer AMI-Auswertung der Umsätze und Einkaufsmengen aus dem GfK-Haushaltspanel für März 2020 gegenüber dem Vorjahresmonat hervor. Der Anstieg hat mit Hamsterkäufen schon Mitte/Ende Februar begonnen. Vertrauen in die Versorgung durch den Handel gibt es wieder seit Mitte März, ab da haben sich auch die Einkaufsmengen normalisiert. Einige Menschen sind auch im April und Mai noch häufiger zu Hause, kochen entsprechend mehr und so findet die Lebensmittelversorgung fast ausschließlich über den Lebensmitteleinzelhandel statt. Kunden greifen dann verstärkt zu Bio-Produkten. 

Bei gut 10% liegt der Außer-Haus-Verzehr von Bio-Produkten, verglichen mit 27% am gesamten Lebensmittelmarkt, drücken die so entfallenden Rohstoffmengen auch weniger auf den Markt. Durch die dort freiwerdenden Mengen werden erst die größeren Einzelhandelsverkäufe möglich. Es sind, mit wenigen Ausnahmen, auch nicht die Rohstoffe knapp geworden, sondern das Verpackungsmaterial. Es werde meist von den Verpackungsunternehmen keine großen Vorräte angelegt, sie rufen die produzierenden Mengen bei den Herstellern ab. Diese Hersteller von Verpackungsmaterial produzieren häufig nicht in Deutschland und so ist die Versorgung mit Verpackungsmaterialien, ähnlich wie Lebensmittel von internationalen Handelsströmen abhängig.

Es kam auch zu Lücken in den Wertschöpfungsketten. Ein Unternehmen, das Sauerteig und Backfermente produziert, beliefert hauptsächlich Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung, aber auch einige Bäckereien. Durch den Ausfall der Großverbraucher lohnt sich die Produktion für die Bäckereien nicht. Den Bäckereien fehlen essenzielle Zutaten und sie müssen einen anderen Lieferanten finden. Oder der Hersteller ist gezwungen andere Abnehmer zu finden, um die Produktion am Laufen zu halten. Auch am Bio-Markt wird die Abhängigkeit von internationalen Warenströmen aufgrund der Krise sichtbar. Nicht nur Lebensmittel sind betroffen, sondern auch Futtermittel, Verpackungsmaterial und sonstige Rohstoffe. Kurze Wege für sensible Güter scheinen wieder mehr in den Fokus zu rücken und erhöhen auch die Transparenz.  

Einkaufstätten profitierten im ersten Quartal

Die Umsätze im ersten Quartal zeigen, dass alle Einkaufsstätten deutlich mehr Umsätze mit Bio-Lebensmittel verzeichnen als im ersten Quartal 2019. Für Bio-Frischprodukte gaben die Haushalte rund 27% mehr Geld aus. Das 40% Trockensortiment wurden hier nicht berücksichtigt und legt nahe, dass die Zuwächse insgesamt noch höher ausfallen dürften. Die größten Zuwächse unter den betrachteten Produkten erzielte Mehl - sowohl am gesamten Markt, als auch am Bio-Markt. Teilweise waren hier die Regale Ende April leer. Zum einem kamen die Verarbeitungsunternehmen nicht mit dem Abpacken nach, zum anderen wurden die Rohstoff teilweise knapp.  

Mehr Umsätze im April

Von den höheren Haushaltskäufen profitierten auch die Frischhalteprodukte. Von typischen Bio-Produkten wie Obst, Gemüse, Erdäpfel, Milch, Joghurt und Butter nahmen ebenfalls deutlich zu. Brot, das in den vergangenen zwei Jahren weniger gefragt war, nahm auch wieder zu. Die Kunden gaben 29% mehr Geld für Bio-Brot aus als es im März 2019. Anders sieht es bei Lebensmittel aus, bei denen der Preisunterschied zwischen Bio und konventionell besonders hoch ist. Für Fleisch und Geflügel wurde für die konventionellen Produkte mehr Geld ausgegeben, auch die Zuwachsraten bei Bio sind beachtlich.  
Die Menschen haben auch im April, in allen Einkaufstätten deutlich mehr Bio-Lebensmittel gekauft. 10 bis 15% mehr Umsätze wurden im Naturkosthandel durch Bio-Lebensmittel erwirtschaftet als im April 2019. Im April wurden vor allem viel mehr frische Produkte gekauft, unabhängig von den Einkaufsstätten. Preissteigerungen kamen hinzu, für Bio-Lebensmittel 6% und am konventionellen Markt sind die Verbraucherpreise um 10% gestiegen. Besonders Obst und Gemüse waren betroffen, da in Deutschland und Südeuropa noch immer die Arbeitskräfte fehlen. Das behindert nicht nur die Ernte, sondern auch die Pflanzung und Aussaat. Das könnte Folgen für die Gemüseversorgung und ihre Preise haben.

Ändern sich Geschäftsmodelle und Lieferbeziehungen?

Eine Umfrage in Frankreich bei 150 Bio-Geschäften zeigte 83% der Befragten haben neue Lieferanten gesucht – meistens neue Verarbeitungsunternehmen oder lokale Lieferanten. 15% bieten neue Lieferservice an. 13% nutzen den „Click an collect“ -Service - ein vorher online zusammengestellter Warenkorb wird im Geschäft abgeholt. 10-18% nutzen „Drive in“ und „Walk in“, die Kunden werden im Auto, an der Tür oder Fenster bedient. Die Geschäfte bewerkstelligten das mit rund 17% weniger Personal. Von neuer Kundschaft berichteten zwei Drittel der Geschäfte und die Hälfte beobachtete ein verändertes Kaufverhalten der Stammkunden. Anders als in Deutschland wird in Frankreich unverpackte Ware als kritisch betrachtet – befürchtet wird ein Mangel an Hygiene.

Die Beispiele aus Frankreich und Deutschlang zeigen, Kreativität und Flexibilität sind in Krisenzeiten gefragt. Einkaufen mit Masken und Hygienemaßnahmen ist nicht so lustig. Alternative Absatz- und Vermarktungsweg dürften auch in Zukunft eine große Rolle spielen und der Kreativität sind hier kaum Grenzen gesetzt. Lokale, regionale und inländische Herkunft sind wieder mehr gefragt, aber auch übersichtlichere, kürzere Lieferketten sowie direkte Verbindungen von Läden mit Herstellungsunternehmen oder Landwirtschaftsbetrieben dürfte sowohl am Bio- als auch am konventionellen Markt enorme Vorteile bringen.


Quelle: Ökolandbau