Wer sucht Innovationen in der Vermarktung von Zierpflanzen? Der findet sie in Holland. Die Region Boskoop ist uns von der gleichnamigen Apfelsorte bekannt, aber bei genauerem Hinsehen machen auch etliche Zierpflanzenbetriebe in diesem Gebiet Aufsehen um ihre Ideen. Begeben wir uns weiter bis an die deutsche Grenze, erreichen wir die Region rund um die Stadt Venlo uns ebenfalls aus dem Gewächshausbau bekannt. Auch hier haben kluge Köpfe viel Neues vor.
Gute Qualität das kann jeder!
Eigentlich sind die Ideen des ehemaligen Betriebsleiters Jan Kortmann gar nicht so „holländisch“, denn ursprünglich ließ er sich in der Schweiz inspirieren. Dort sah er bewurzelte Stecklinge von Geranium und beschloss, diese Idee auf seine Baumschule zu übertragen. Seit fast 60 Jahren ist nun der Pflanzenzuchtbetrieb Kortmann Miniplant bv. im deutschsprachigen Raum tätig, seit 1950 gibt es auch eine eigene Handelsabteilung für die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Peter Kortmann, derzeitiger Betriebsleiter, ist auch regelmäßig Aussteller der IPM in Essen. Zu seinem Betriebskonzept meint er: „Über gute Qualität sprechen wir nicht. Gute Qualität können alle produzieren das ist Voraussetzung für ein Erfolgskonzept. Unsere Stärke ist die Verlässlichkeit. Wir haben ein gut organisiertes Büro und wenn Kunden Fragen haben, beantworten wir sehr rasch ihre Anliegen.“
Clematis auf Google Earth
Clematis in rosa, weiß und lila. Clematis jedenfalls. Auf diese Blume haben sich Jan & Lina van Zoest spezialisiert. Über 400 Züchtungen in allen Farben der Clematis blühen gegen August-September. „Schauen Sie doch in dieser Zeit einfach einmal unter Google Earth nach, dann werden Sie unseren Betrieb auch von oben erkennen“, präsentiert van Zoest stolz seine blühenden zwei Hektar.
„Die Clematis hat einen schlechten Ruf, dass sie zur Welke neigt. Dies stimmt aber nicht. Meist liegt der Grund einfach in der falschen Behandlung. Die Clematis liebt Wasser und Nährstoffgaben. Beachtet man dies, gibt es keine Probleme.“
Ah, hier blüht etwas!
Die richtige Pflanze am richtigen Standort. Klingt simpel und ist es auch. „Aber trotzdem bleibt der Grundsatz manchmal unbeachtet“, macht das Unternehmen Boot & Co. aufmerksam. Die Menschen lieben Düfte, Farben und Blüten. Eine Rose etwa ohne Blüte interessiert niemanden, aber wenn sie durchgehend blüht, sticht sie ins Auge.
Im Alltag würdigen die Menschen dann solche Rosen mit Komplimenten wie „oh, die Rose blüht immer noch“! Die Rosenzüchtung „Marathon“ passt sich diesem Wunsch nach langer Blühzeit an und trägt selbst nach der Blüte noch hübsche Früchte.
Wo gibt es die feschen Models?
Vor 25 Jahren mit einem Garten begonnen gibt es heute 25 „Model“-Gärten auf einer Fläche von 14 ha bei Tuinen van Appeltern. Gründer der Musteranlage Ben van Oijen möchte v.a. auch wieder jungen Leuten Lust aufs Gärtnern vermitteln. Oft sind Menschen der Gartenarbeit abgeneigt. „Dies liegt daran, dass sie nicht den Garten haben, der zu ihnen passt“ so van Oijen.
Im Winter sind die Gärten geschlossen, das übrige Jahr hindurch kommen rund 160.000 Besucher, um sich über das Design mit neuen Sorten zu informieren.
Züchterfirmen haben die Möglichkeit hier ihre neuen Pflanzen und Sorten der Öffentlichkeit in ansprechendem Umfeld zu präsentieren. Jedes Monat gibt es zusätzlich Seminare. „Von 5.000 Gartengestaltern hier in Holland“, so ist van Oijen überzeugt, „wissen nur etwa 1.000, wie man einen Garten richtig anlegt, damit er den Kunden mit Zufriedenheit erfüllt.“
Grüncenter versus Gartencenter?
Gartencenter kennen wir alle. Aber was versteht man unter einem „Grüncenter“ oder in Englisch „Greencentre“? Wiel Steegmans von Roestenburg Kwekerijen hat ein solches Konzept: den Namen hat er in diese Richtung geändert, weil er mit seiner Idee eine andere Linie verfolgt und vorgeben möchte. In seinem Center gibt es keine gärtnerischen Zusatzartikel wie Töpfe etc., sondern ausschließlich „grüne“ Ware, also Pflanzen.
Das Grüncenter punktet mit guter Qualität, einem kompletten Sortiment für Gärtner und Gartengestalter und guter Beratung. Jeder Mitarbeiter kann fachmännische Auskunft geben. Allerdings muss sich der Leiter eines Grüncenters mit zwei Problemen auseinandersetzen: der zunehmende Trend zum „steinigen“ Garten, weg von den grünen Pflanzen, die berufstätigen Menschen manchmal zu viel Arbeit bereiten und die Konkurrenz deutscher Gartencenter, die auch Zusatzartikel anbieten. Steegmans erzählt, dass es allein in der Region Boskoop 150 Pflanzenzüchter und Großhändler gäbe.
„Die Zukunft sei aber nicht der Individualismus und Alleinkampf, sondern voneinander lernen. Die Betriebe profitieren mehr, wenn sie sich zum Austausch treffen und sehen, was der Andere macht“, meint Steegmans.
S, M, L, XL
Einen neuen Weg in der Präsentation von Pflanzen im Freilandbereich geht das Gartencenter Intratuin Veghel: nicht mehr viele gleiche Pflanzen auf einer großen Fläche sind gefragt, sondern eine harmonische Zusammenstellung in Form und Farbe auf kleinerem Raum. Nur sehr gut gehende Pflanzen sind in größerer Anzahl vorhanden, wofür allerdings Erfahrung notwendig ist, um die Trends richtig einzuschätzen.
Außerdem sind die größeren Pflanzentöpfe mit Griffen versehen, damit sie für den Kunden leicht handzuhaben sind. Außerdem freuen sich Einkäufer beim Bummeln über Informationen. Deswegen gibt es für die Pflanzen hübsche Labels, die auch praktisch sind, wenn man sie verschenken möchte. Die Größen sind einfach und klar in S, M, L und XL unterteilt.
Die intelligente Sammelmappe
Ebenfalls großen Wert auf das Etikett legt Frank Thissen: er trug die wichtigsten Fragen zusammen, die Kunden üblicherweise haben. Wo kommt die Pflanze her? Wann blüht sie?
„Nur die Kulturansprüche sind ein bisschen wenig“, ist Thissen überzeugt. Alle Labels lassen sich außerdem sammeln und in eine eigens kreierte Mappe aufbewahren. Die Labels sind bereits gelocht und unterscheiden sich damit von anderen, die bloß in das Substrat gesteckt sind und nach dem Kauf für den Müll bestimmt sind.
In der Mappe befinden sich allgemeine Zusatzinfos, etwa über Böden.
Mit dem Einheften der einzelnen Labels hat der Kunde ein komplettes Abbild, das genau seinem Garten und seinen Pflanzen entspricht. Zurzeit sind die Labels der Pflanzen allerdings nur in Holländisch abgefasst. Das Konzept wird im Herbst auf den Markt kommen und ist v.a. für kleinere Gartencenter gedacht, mit denen es bereits Verträge gibt.
Inspiration für Österreich?
Die Holländer gehen mutig mit neuen Ideen voran. Ob die Ideen der Holländer auch die Österreicher umsetzen werden? Zumindest können wir mit Faszination auf ihre Konzepte schauen und uns inspirieren lassen.