1177417162.jpg

© BBA

Nützlinge unter Glas: Schonend für Gemüse & Co

Ein Artikel von Nicole Stöger | 24.04.2007 - 14:25
1177417162.jpg

© BBA

Für eine effektive Bekämpfung mit Nützlingen müssen optimale Umweltbedingungen für die Tiere geschaffen werden. In den vergangenen Jahren wurde darüber intensiv im Gemüseund Zierpflanzenbau geforscht. Heute blickt man hoffnungsvoll in die Zukunft, denn in vielen Bereichen ist Nützlingseinsatz erfolgreich.

Die richtige Kombination
Werden Parasitoide und Räuber gleichzeitig zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt, bedeutet dies nicht unbedingt eine Effizienzsteigerung. Im Gegenteil, durch die entstandene Konkurrenzsituation werden Schädlinge nicht ausreichend bekämpft. Um die biologische Bekämpfung wirkungsvoller zu gestalten, ist es günstig, Antagonistenkombinationen einzusetzen, um negative Wechselwirkungen zu reduzieren. Synergistische Effekte werden darüber hinaus angestrebt.

Schnittrosen unter Glas
Zu den schädlings- und krankheitsanfälligsten Kulturen zählen Schnittrosen, die einen intensiven Pflanzenschutz benötigen. Häufigste Schadorganismen sind Blattläuse, Thripse und Spinnmilben.
Für den Aufbau und Erhalt einer antagonistischen Population wurde versuchsweise eine „offene Zucht einer räuberischen Gallmücke an Getreideblattläusen“ angelegt. Dabei kam die Art Aphidoletes aphidimyza zum Einsatz. In regelmäßigen Abständen wurden Getreideblattläuse als Alternativbeute zugeführt. Pflanzenschädlinge, vor allem verschiedene Blattlausarten, fanden dadurch einen ständigen Feindruck vor. Daher ist zur Aufrechterhaltung des Systems eine leistungsstarke Massenvermehrung von Getreideblattläusen notwendig.

Absehbarer Erfolg
Rückstände von nützlingsschädlichen Pflanzenschutzmitteln hemmten im ersten Projektjahr die Durchsetzung einer „Offenen Zucht“. Bereits ab dem dritten Jahr aber bestand die Population von Aphidoletes aphidimyza aus Tieren, die im Boden überwinterten. Zusätzliche Freilassungen dieses Blattlausfeindes, anfangs in Kombination mit der Blattlausschlupfwespe Aphidius ervi, waren deshalb im zweiten Jahr nur noch gelegentlich und im dritten Jahr überhaupt nicht mehr nötig.

Stabiles System
Direkte Effekte, aber auch positive Nebeneffekte der Anwendung, wie die Einwanderung von einheimischen Nützlingen, minderten den Schadensdruck von Blattläusen. Mit zunehmender Stabilisation des Systems wurden auch Spinnmilben reduziert. Zugewanderte Nützlinge wie Netzflügler, Schlupfwespen, Marienkäfer, Schwebfliegen oder räuberische Blumenwanzen erwiesen sich als besonders effektiv. Der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln war daher ab dem zweiten Jahr nur noch gelegentlich notwendig.

Bekämpfung mit Raubmilben
Die Bekämpfung von Thripsen mit Raubmilben verlief nicht ganz so zufriedenstellend. Besonders bei Vorkommen des Kalifornischen Blütenthrips und die massive Invasion von Thripsen während der Getreideernte wirkten sich negativ aus. In diesen Situationen konnte die Integration von nützlingsschonenden Pflanzenschutzmitteln Thripse-Schäden niedrig halten.
Noch unklar ist, ob häufigere Anwendungen der Pflanzenschutzmittel negative Auswirkungen auf die Nützlinge haben könnten.

Stärkeres Auftreten bestimmter Schädlinge
Bei Rosen bisher recht unbedeutend waren Schädlinge wie die Weiße Fliege oder Schmetterlingsraupen. Durch den Verzicht auf breitwirksame Pflanzenschutzmittel traten sie jedoch vereinzelt stärker auf. Der Einsatz von Encarsia formosa bzw. Bacillus thuringiensis erwies sich als positives biologisches Gegenmittel. Durch das Fehlen natürlicher Gegenspieler bei Rosenzikaden war der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unumgänglich.

Einsatzgebiete von Nützlingen
Im Gemüsebau werden bereits größtenteils Nutzorganismen eingesetzt. Korrekturmaßnahmen erfolgen allenfalls chemisch bei Bedarf. Im Zierpflanzenbau dagegen werden viel weniger biologische Mittel eingesetzt.
Am häufigsten werden die Gattungen Encarsia und Amblyseius verwendet. Dies trifft auf kleinere Endverkaufsbetriebe wie auf größere handelsorientierte Produktionsbetriebe zu. In Endverkaufsbetrieben herrscht eine gewisse Schädlingstoleranz – die Bekämpfung mit Nützlingen ist dort relativ erfolgreich. Auch bei gezielten Einsätzen für einzelne Kulturen (z.B. Cyclamen) und gezielten Strategien ist die Anwendung gut geeignet.

Kombinierter Einsatz
Werden einzelne Verfahren miteinander kombiniert, ist die Bekämpfung am erfolgreichsten. Voraussetzung für ein gutes Ergebnis ist die Erfahrung mit den Produkten. Die meisten Betriebe sind jedoch auf eine intensive Beratung angewiesen. Vor allem Biobetriebe sollten darüber Bescheid wissen, mit welchen Maßnahmen korrigierend beim Nützlingseinsatz eingegriffen werden kann.

Wald-Blumenwanze

1177416899.jpg

© BBA

Die Wald-Blumenwanze Anthocoris nemorum hat einen guten Ruf, denn sie ernährt sich von Blattläusen, Spinnmilben und kleinen Insekten und ist im Garten gern gesehen. Sie kann als Zuwanderin im Gewächshaus eingesetzte Nützlinge unterstützen. Eine verwandte Art, Anthocoris nemoralis, kann im Handel erstanden werden.

Blattlaus-Gallmücke

1177416945.jpg

© BBA

Die Blattlaus-Gallmücke Aphidoletes aphidimyza ist mit zwei Millimetern ein sehr kleiner Nützling. Wenn sie auch kaum zu entdecken ist, sind ihre Larven auffällig. Sie sind orange-rötlich, ebenfalls etwa zwei Millimeter groß und häufig in der Nähe von Blattlauskolonien zu finden.

Schwebfliegen

1177417048.jpg

© BBA

Sphaerophoria scripta kann aufgrund ihrer Form, dem langen, schmalen Hinterleib, recht leicht von der Hain-Schwebfliege und etwa 30 weiteren ähnlich gefärbten Schwebfliegen-Arten unterschieden werden. Die Langbauch-Schwebfliegen sind in der Natur auf fast allen Blüten anzutreffen, soweit sie ihren Nektar in flachen Blüten anbieten.

Schlupfwespe

1177416989.jpg

© BBA

Mit nur drei Millimeter Größe ist die Schlupfwespe Diaeretiella rapae leicht zu übersehen. Jedes Schlupfwespenweibchen kann über 500 Blattläuse in wenigen Tagen parasitieren. Diese Schlupfwespe und 30 weitere Arten werden gezüchtet und verkauft.

Vorsicht beim Einsatz von Nützlingen

+ Vor dem Ausbringen der Tiere sollte mindestens zwei Monate kein Pflanzenschutzmittel mit langanhaltender Wirkung ausgebracht werden, da Rückstände die Wirkung beeinträchtigen (z. B. Pyrethroide).
+ Pflanzenschutzmittel, die vor oder während eines Nützlingseinsatzes angewendet werden, sollen in der Verträglichkeitsliste eingetragen sein (z. B. Acorit, Acaristop, Torque, Tedion).+ Die relative Luftfeuchtigkeit muss über 45 % liegen.
+ Die Temperatur soll durchschnittlich nicht unter 18 °C betragen.
+ Ein Nützlingseinsatz sollte zu Befallsbeginn erfolgen, wenige Arten können auch vorbeugend ausgebracht werden.
+ Die genaue Beobachtung der Schädlingspopulation ist notwendig, eventuell unterstützt durch Blau- und Gelbtafeln.
+ Für einen effektiven Nützlingseinsatz ist eine exakte Bestimmung des Schädlings notwendig. So genügt es beispielsweise nicht, nur die Wolllaus zu erkennen, sondern es muss auch die richtige Art definiert werden (z. B. Citrus-, Affinis- oder Longispinus-Arten).
+ Alle Nützlingsarten können in Kombination miteinander eingesetzt werden.