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Europas Schwebfliegen sind wichtige Nützlinge und zählen zu den Verlierern des vergangenen Jahres © Lapis2380/Shutterstock.com

Jahresbilanz 2022

Gewinner und Verlierer im Artenschutz

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 02.01.2023 - 09:04

Das zurückliegende Jahr 2022 erwies sich für tausende bedrohte Arten als schlechtes Jahr. So ergeht es Rentieren, Breitmaulnashörnern und Stören Immer schlechter und auch die Schwebfliegen in Europa sehen sich bedroht. Der WWF macht in seiner Bilanz stellvertretend auf die Gewinner und Verlierer im Artenschutz aufmerksam.

Georg Scattolin, Leiter des Internationalen Programms des WWF Österreich: „Erderhitzung, Flächenfraß, Überfischung und Wilderei machen ihnen und vielen weiteren Arten das Überleben schwer. Weltweit sind mehr als 41.500 von etwa 147.500 erfassten Tier- und Pflanzenarten auf der Roten Liste als bedroht eingestuft – das ist mehr als jemals zuvor.“ Man fordert von der österreichischen Politik mehr Einsatz beim Naturschutz, es könnten in den kommenden Jahrzehnten bis zu eine Million Arten aussterben wenn keine Trendwende erfolgt.

Lichtblicke und Gewinner zeigen sich dort, wo intensiver Natur- und Artenschutz stattfindet. Ein Paradebeispiel sei der heimische Seeadler und 2022 ist ein Meilenstein bei Haien und Rochen gelungen. Insgesamt gibt es nun einen strengeren Schutz für 54 Arten aus der Familie der Grundhaie, sechs Arten von Hammerhaien und 37 Arten von Geigenrochen. Das neue Abkommen zum Erhalt der biologischen Vielfalt, das aus der Weltnaturkonferenz in Montreal hervorging müsse nun lückenlos und ambitioniert umgesetzt werden und auch in Österreich harrt die Biodiversitäts-Strategie ihrer Umsetzung.

Die Verlierer 2022

Rentier: Der Bestand der weltweit größten Population wildlebender Rentiere in der Taimyr-Region (russische Arktis) ist auf 250.000 Tiere geschrumpft (2014: 417.000, 2000: 1 Mio). Schuld seien Klimakrise und Wilderei.

Schwebfliegen: Durch Landnutzungswandel, Pestizide und Klimakrise sind mehr als ein Drittel (314 von 890 Arten) der Schwebfliegenarten in Europa bedroht. Sie sind nach Bienen die zweitwichtigsten Bestäuber und helfen in der Blattlauskontrolle.

Breimaulnashorn: Die beeindruckenden Säuger leben schon seit 50 Mio Jahren auf der Erde und werden für ihr Horn brutal verfolgt. In den vergangenen neun Jahren sanken die Bestände in Afrika durch Wilderei von 20.600 auf ca. 16.000 Tiere.

Kaiserpinguin: Das Jahr für die größte Pinguinart fing schon im Sommer schlecht an, als es die Antarktis-Konferenz verpasste, sie als besonders geschützte Art auszuweisen. Es setzte sich im Oktober fort, als wieder zwei Staaten die Ausweisung von Meereschutzgebieten im Südpolarmeer verhinderten. Auch die UN-Klimakonferenz enttäuschte. Bei den derzeitigen CO2-Emissionen drohen 80 bis 100% der bekannten Kolonien bis 2100 zu verschwinden.

Störe: Seit 2022 gilt auch die letzte der acht Störarten in Europa als stark gefährdet (sieben sind bereits vom Aussterben bedroht). Das gilt auch weltweit: 26 Arten sind laut der aktuellen roten Liste akut gefährdet, ca. zwei Drittel direkt vom Aussterben bedroht. Der WWF fordert freifließende Flüsse weltweit zu schützen und den illegalen Handel mit Störfleisch und Kaviar zu beenden.

Fischotter: In Österreich dienen die Fischotter als Sündenböcke für die Gefährdung der Fischbestände. Im Dezember verlängerte Kärnten die Fischotter-Tötungsverordnung um zwei Jahre und auch Salzburg erließ 2022 eine Verordnung zur Tötung von 57 Fischottern. Fische leider aber v. a. unter der Verbauung, Verschmutzung und Übernutzung von Gewässern.

Die Lichtblicke 2022

Seeadler: Im Jahr 2000 galten die majestätischen Greifvögel in Österreich noch als ausgestorben. Heute sind wieder 50 Brutpaare bekannt und damit eine stabile und steigende Population. Maßgeblich beigetragen zu dieser Erfolgsgeschichte haben länderübergreifende Maßnahmen und das Schutz- und Forschungsprogramm des WWF.

Tiger: 2022 war das Jahr des Tiger im chinesischen Kalender. Nach aktuellen Zählungen gab es einen Zuwachs in der Population auf 4.500 bis 5.000 Tiere. Besonders erfreulich ist die Situation in Nepal, denn dort leben inzwischen dreimal mehr der Großkatzen als 2009 geschätzt wurden.

Haie und Rochen: Im November beschloss die Weltartenschutzkonferenz CITES den besseren Schutz von Grundhaien, Hammerhaien und Geigenrochen. Internationaler Handel ist nur erlaubt, wenn die Bestände nicht gefährdet sind bzw. gefährdet werden. Damit sind mehr als 90 % der gehandelten Arten vor unreguliertem Handel geschützt.

Buckelwal: In Australien konnten die Buckelwale von der dortigen Liste der bedrohten Arten gestrichen werden. Die Zahl stieg von ehemals 1.500 über 40.000 auf 65.000. Die Gefahren durch Fischerei, Schifffahrt und Umweltverschmutzung bleiben aber.

Unechte Karettschildkröte: In zwei der wichtigsten Brutgebiete (USA, Kapverdische Inseln) fand man in der vergangenen Zeit so viele Nester wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Seit 2015 hat sich die Anzahl auf den Kapverden verzwanzigfacht! Die Bestände erholen sich zwar, der Erfolg könnte aber von der Klimakrise zunichte gemacht werden.


Quelle: WWF Österreich