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Nachhaltig in die Zukunft

Ein Artikel von DI Michaela Tebaldi | 05.03.2015 - 08:56

Die Landwirtschaft in Österreich wird sich in Zukunft verändern – soviel steht laut Thomas Turecek von der Zentralanstalt für Meteorologie fest. Zu dieser Erkenntnis ist er gemeinsam mit einem Expertenteam gelangt, das für den Osten und Südosten Österreichs ein Ansteigen der Trockenheit prognostiziert. Andere Regionen erwarten hingegen feuchtere Wetterphasen.

Insgesamt ist aber global gesehen ein Anstieg der Temperatur zu erwarten. Seit dem Jahr 1980 steigt diese markant, ab dem Jahr 2000 bleibt sie laut Wetteraufzeichnungen auf dem gleichen Niveau.
Als logische Schlussfolgerung auf den Klimawandel wird sich auch unsere Kulturlandschaft bzw. die Landwirtschaft verändern. Manche Sorten werden verschwinden, andere werden dazukommen. Ackerböden sind dabei laut Turecek stärker betroffen als Grünland.
Als eindeutigen Gewinner dieses Klimawandels nannte der Wetterexperte den Weinbau.

Früher in die Produktion starten

Die insgesamt milderen Winter könnten auch für die Gemüseproduktion einen Vorteil darstellen. Wie man aber auch in kalten Zeiten das Wetter „überlisten“ kann, demonstrierte Wolf­- gang Palme, Leiter der Abteilung Ge­müsebau an der HBLFA Schönbrunn.

Palme präsentierte ein Projekt, das seit dem Jahr 2010 am Zinsenhof in Niederösterreich läuft und den Tomatenanbau im unbeheizten Folientunnel betrifft. Dabei wird organisches Material als 40 bis 50 cm dicker Damm zwischen den Kulturreihen angehäuft.
Nach 2 bis 3 Tagen erwärmt sich das Material auf über 50 °C und gibt diese Wärme an den Wurzelbereich der Pflanzen ab. Am Dammfuß beträgt die Temperatur immer noch 20 bis 22 °C.

Auf der Basis dieses Prinzips hatte man bereits in der Vergangenheit Pflanzenkulturen groß gezogen. Das bekannte Mistbeet bzw. der sogenannte warme Kasten wurden für die Kulturverfrühung von Fruchtgemüse bis zu den 50er-Jahren auch im Erwerbsgartenbau herangezogen.

Das vorläufige Ergebnis des Low-Energy-Projektes bestätigt den erhofften Erfolg: die Jungpflanzen können wesentlich früher gepflanzt werden, die Ernte verschiebt sich um 3 bis 4 Wochen nach vorne und der Ertrag ist insgesamt ­höher.

ZINEG – 80 % Energie sparen

Über Nachhaltigkeit im Bezug auf die Einsparung von Energie referierte Joachim Meyer, der das deutsche Projekt ZINEG (ZukunftsInitiativeNiedrig­EnergieGewächshaus) vorstellte. Er betreute dabei den Standort München, wo die Versuchsanlage für folgende Anforderungen und Versuchsaufgaben konzipiert wurde:
• Foliengewächshaus für den Gemüsebau in Doppelfolienausführung mit durchgehender Dachlüftung
• CO2-neutrale Beheizung
• Maximale Isolierung durch den Einbau von Energieschirmen in 3 verschiedenenVarianten
• Erprobung neuer Regelstrategien, wie Temperatursummen, Energieschirmsteuerungen, lichtabhängige Führungsgrößen etc.
• Erfassung und Bewertung aller in der Pflanzenproduktion eingesetzten Ressourcen möglichst aus der Prozesssteuerung zur Dokumentation der Produktionsprozesse nach Öko-Maßstäben
• Anbau von Kulturen im Boden nach Bioland-Richtlinien Besonders wichtig war es Meyer dabei, ein System zu entwickeln, das ohne große Probleme auf den Praxiseinsatz übertragen werden kann. Ein nachträglicher Einbau von Energieschirmen z. B. ist relativ einfach zu bewerkstelligen.

3 Schirmvarianten im Vergleich

Das Versuchshaus wurde in 3 Abteilungen gegliedert, die mit unterschiedlichen Energieschirmsystemen ausgerüstet wurden: Abteilung 1 wurde als „Standardvariante“ mit einem Energieschirm aus Acrylgewebe mit Aluminiumanteil im Dachbereich ausgestattet.
In Abteilung 2 wurden 2 Energieschirme im Dachbereich und je ein Energieschirm an den Stehwänden angebracht.
Die dritte Abteilung erhielt einen Energie- sowie einen Tagesschirm und einen einseitigen Energieschirm an der Stehwand.

Wie erwartet konnte mit den Doppelschirmen die Energieeinsparung erhöht werden. Am besten hat dabei die Abteilung 2 abgeschnitten.

Die Wärmeversorgung erfolgte entsprechend der Versuchsaufgabenstellung CO2-neutral mit einem Holzpellet–Heizkessel. Der Heizkessel sowie das Pelletlager sind gemeinsam in einem Heizcontainer neben dem Gewächshaus untergebracht.

Was die Heizung im Gewächshaus selbst betrifft, so sollte diese unbedingt in der Nähe der Pflanzen installiert werden. Die Blatttemperatur darf sich nicht unter die Lufttemperatur abkühlen, um Kondensation zu verhindern.

Durch ein ideales Zusammenspiel aller Faktoren ist es in München gelungen, den Energieverbrauch um rund 80 % zu reduzieren und gleichzeitig qualitativ hochwertige Ware zu produzieren.
Das Projekt ZINEG ist 2014 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis für Forschung ausgezeichnet worden.

PSM in Österreich und Deutschland

Vergleicht man die Zulassungen der Pflanzenschutzmitel (PSM) in Österreich, so haben sich diese mit Jänner 2015 im Vegleich zum Jänner 1993 mehr als verdoppelt. Die aktuelle Zahl liegt bei 1082, wie Albert Bergmann von der AGES erläuterte. Subtrahiert man davon die Zulassungen mit Parallelhandel und Vertriebserweiterungen, so bleiben immer noch 739 übrig. In Deutschland liegt dieser Wert mit 751 Zulassung nur wenig darüber.

Bemerkenswert ist der Datenumfang, der für die Zulassung eines PSM benötigt wird. Dieser ist nämlich noch höher als jener von Arzneimitteln oder Lebensmittelzusatzstoffen.

Ein Blick in die Zukunft

Im Jahr 2025 werden die Menschen um 20 bis 30 % weniger Obst und Gemüse essen – so die Prognose von Wolfgang Braunstein von gfa-consulting. Trotzdem steigt der Bedarf an Lebensmitteln bis 2050 um 100 % an.
Als Markt der Zukunft nannte der Berater Südostasien, da hier der Kalorienverbrauch stärker ansteigt als im Westen. Und man müsse sich auf eine ältere Zielgruppe einstellen.

Er sieht die Zukunft des Lebensmittelhandels in einer stärkeren Differenzierung und einer Qualitätsoffensive. Gefragt sind leistungsstarke Lieferanten mit exklusiver, regionaler Ware, die große, homogene Produkte liefern, deren Verfügbarkeit gesichert sein muss – mit einem Wort: Internationale Regionalität.