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Poppenberger: „Tradition ist gut, aber eben nicht alles“

Ein Artikel von Christiane Bartal | 09.08.2012 - 08:00

Biedermannsdorf im niederösterreichischen Bezirk Mödling ist jener Ort, aus dem sämtliche heimische Heidepflanzen stammen. Dort, unweit des Blumengroßmarktes Wien-Inzersdorf, wo sich das Klima mitunter extrem zeigt, fand Karl Poppenberger sen. vor etwa 40 Jahren den idealen Standort, um Sonderkulturen wie Eriken, Callunen oder – damals noch – Azaleen zu produzieren.

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Heimvorteil
Das raue Klima trage, so Robert Poppenberger, der den Betrieb nun schon in 7. Generation führt, dazu bei, dass die Pflanzen für ihre spätere Verwendung robust und widerstandsfähig sind. Gerade Friedhofsgärtner, die Hauptabnehmer der Eriken und Callunen, wissen ebendiese Eigenschaft sowie die Regionalität der Ware besonders zu schätzen. Für sie steht „Poppenberger“ für Qualität, ist sie doch eine der wenigen Gärtnerei Österreichs, die sich auf Callunen spezialisiert haben und die einzige überhaupt, die Eriken produziert. Die nächstgrößere Konkurrenz ist bereits Deutschland, speziell der Niederrhein, woher ein großer Anteil der in Österreich umgesetzten Heidepflanzen stammt. Sich am Angebot der Konkurrenz, aber v. a. an der Nachfrage der Kunden zu orientieren, ist daher unumgänglich, um im Markt bestehen zu können.

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Hortensien als Sortimentsserweiterung
Bis vor fünf Jahren produzierte Poppenberger neben Heidepflanzen auch Azaleen. Absatzschwierigkeiten zwangen die Gärtnerei allerdings zu einem Sortimentswandel, so kultiviert Poppenberger seitdem an ihrer Stelle Hortensien. Kurzzeitig testete er auch Cranberries, die vor einigen Jahren in Friedhofsgärtnereien noch als Bodendecker-Alternative zu dem vom Feuerbrand gefährdeten Cotoneaster galt. Es zeigte sich jedoch, dass die Nachfrage doch nicht so groß wie damals prognostiziert war.

Nach seinem Motto „Tradition ist gut, aber eben nicht alles“ zeigt sich Robert Poppenberger durchaus experimentierfreudig, um auch den Versuch, neue Wege einzuschlagen, zu wagen. Die Hortensien werden als unbewurzelte Stecklinge zugekauft und im Februar gesteckt. In den Handel kommen sie einerseits im 14er-Kunststofftopf als Zimmerpflanze und andererseits im 1,5, im 3 und im 5 l-Topf, in dem sie sich auch als Gartenpflanze eignen. Pro Blütenfarbe kultiviert Poppenberger mind. eine Sorte – ‘Schöne Bautznerin‘ (rot und violett), ‘Red Beauty‘ (rot), ‘First White‘ (weiß), ‘Early Blue‘ (blau) – sowie Tellerhortensien für die Sommermonate.

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Vom Steckling zum Heidestrauch
Die Kulturdauer von Erica und Calluna beträgt 18 Monate. Im Jänner werden die Kopfstecklinge der Eriken gesetzt, im April folgen jene der Callunen. Bereits die Jungpflanzen werden regelmäßig gestutzt, um Verzweigungen zu fördern und später dichte Pflanzen zu erhalten. Die Jungpflanzen werden in größere Quick-Pots pikiert, bevor sie schließlich getopft werden und ins Freie kommen.Den Sommer über – im Falle der Callunen von März bzw. bei den empfindlicheren Eriken Anfang Juni – bis Ende Oktober werden die Heidepflanzen auf den Freilandflächen kultiviert. Für Erica und Calluna stehen dazu jeweils 2 ha zur Verfügung. Bevor die Pflanzen allerdings ins Freie kommen, werden sie noch einmal gestutzt. Derzeit erfolgt dieser Arbeitsschritt mithilfe eines Schneidgerätes, das die Pflanzen-Trays auf einem Förderband durchlaufen. Geplant ist allerdings, die Freilandflächen soweit zu planieren, dass das Stutzen maschinell in situ ohne händisches Aufnehmen und Wiederabstellen der Pflanzen erfolgen kann.

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Auf den Freiflächen befinden sich sowohl Pflanzen in Tontöpfen, welche in die Erde eingesenkt wurden, als auch Pflanzen in Kunststoff-Trays auf Folien. Poppenberger möchte auch damit wieder unterschiedlichen Kundenwünschen gerecht werden. Während Friedhofsgärtner die in Tontöpfen kultivierten Pflanzen bevorzugen – ein Vorteil ist die bessere Durchwurzelung durch den Einfluss der Bodenfeuchtigkeit – sind die sauberen Kunststofftöpfe eine Anforderung an die Zeit und für den Verkauf im Handel vorteilhafter. Die gleichmäßig auf der Fläche verteilten Löcher für die versenkten Tontöpfe werden mithilfe einer speziellen Maschine mit sechs motorbetriebenen, rotierenden Bohrkegeln gebohrt.

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Kulturführung und Technik
Während Callunen lediglich frostfrei und ohne zusätzliche Heizung im Glashaus überwintert werden können, sind die weniger frosttoleranten Eriken auf das Heizen angewiesen. Die Glashäuser werden mittels Ölheizung auf 5 °C temperiert – zu unsicher sind Robert Poppenberger nach wie vor Preisentwicklung und Verfügbarkeit erneuerbarer Energieträger wie Hackschnitzel oder Pellets und zu negativ die Erfahrungsberichte von Branchenkollegen. Stattdessen setzt Poppenberger auf Energieeinsparung mittels Energieschirmen und Luftpolsterfolien an den Seitenwänden des Glashauses.

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Die Bewässerung auf den Freiflächen sowie im Glashaus erfolgt mittels Gießwägen, deren Konstruktion die Poppenbergers – ihrer Problemlösungsphilosophie treu bleibend – an die individuellen Bedürfnisse adaptierten. Aus Tüllen gelangt das Gießwasser exakt in die Mitte des Topfes. An heißen Sommertagen ist der Gießwagen im Freien viermal am Tag im Einsatz, um den Durst der Pflanzen zu stillen.

Sortenspektrum der Heidepflanzen
Poppenberger kultiviert die Erica-Sorte ‘Glaser‘s Rote‘ und fünf Calluna-Sorten, die sich in ihrer Blütenfarbe unterscheiden: ‘Athene‘ und ‘Angie‘ (rot), ‘Hilda‘ (rosa), ‘Hera‘ (violett), ‘Helena‘ (weiß) und ‘Athene/Helena‘ (bicolor), um das verlangte Farbspektrum abzudecken. Die Pflanzen sind Lizenzsorten des deutschen Züchters Kurt Kramer, deren Callunen unter dem Markennamen „Gardengirls“ bekannt sind.

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Durch und durch ein Familienbetrieb
Gerade während der Erntezeit zwischen September und Oktober, der arbeitsintensivsten Phase im Jahr, hilft die gesamte Familie im Betrieb mit. Karl Poppenberger jun., eigentlich bereits in Pension, ist nach wie vor täglich und aktiv im Betrieb anzutreffen. Ein besonders wachsames Auge hat er dabei auf die Steuereinheit der Gewächshaustechnik, deren Software er selbst programmierte. Am Großgrünmarkt ist Robert Poppenberger morgens persönlich anzutreffen. Die Landgard ist ein ebenso wichtiger Absatzmarkt, während die Eriken und Callunen in erster Linie über Direktverkauf und Direktlieferung an Friedhofsgärtner im Raum Wien umgesetzt werden.

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Herausforderungen brauchen Lösungen
Nicht jede Pflanze findet den Weg in den Verkauf – die extremen Witterungsbedingungen in Ostösterreich fordern mitunter ihre Opfer. Auch das kalkreiche Wasser muss speziell aufbereitet werden – die Produktionskosten sind daher höher als in den Regionen der Mitbewerber. Allgemein sieht Poppenberger Probleme als Herausforderung, die individuelle Lösungen erfordern. So gab es eine Zeit lang massive Probleme mit der Bewurzelung der Heidepflanzen-Stecklinge, was zwischenzeitlich sogar den Zukauf von Jungpflanzen notwendig machte. Durch die Zugabe von speziellen aminosäurehältigen Bodenhilfsstoffen, die einerseits das Bodenleben aktivieren und andererseits das Wurzelwachstum anregen, konnte die Bewurzelungsrate wieder sukzessiv gesteigert werden, sodass die Vermehrung heute wieder im eigenen Betrieb erfolgen kann.
Für Robert Poppenberger machen solche Situationen erst die Spannung dieses Berufes aus. „Wenn jeder wüsste, was der Gartenbau alles beinhaltet an Schwierigkeiten und Herausforderungen, dann würde er anders geschätzt werden“, ist der Gärtner aus Leidenschaft überzeugt.

Daten & Fakten

Gärtnerei Robert Poppenberger
Ortsstraße 99
A-2362 Biedermannsdorf
Tel. 02236/71111-0
poppenberger.blumen@aon.at

Geschäftsführer: Robert Poppenberger
Mitarbeiter: 4 bis 5 Mitarbeiter
Firmenentwicklung:  anfangs Gemüsegärtnerei in Alterlaa, vor ca. 40 Jahren Übersiedlung nach Biedermannsdorf/NÖ, Spezialisierung auf Erica und Calluna
Produkte:  Erica, Calluna, Hortensien
Absatzmärkte: Direktverkauf an Friedhofsgärtner, Blumengroßmarkt, Landgard