Ende April traten in Wedenigs Folienhaus in Feldkirchen/Kärnten die ersten Phytophthora-Fälle auf veredelten Pflanzen auf. Aufgrund der blitzartigen Verbreitung auch auf die übrigen Bestände sieht die Bilanz im Nachhinein düster aus: Drei Sätze mussten entsorgt werden, mindestens ebenso schwer wiegen die negativen Folgen für das Image – zahlreiche Reklamationen von bereits gekauften Pflanzen stehen zu Buche.
Ursachenforschung
Besonders mühsam gestaltet sich nun die nachträgliche Suche nach der Ursache. Als erfahrener Gärtner konzentrierte sich Wedenig zunächst auf eventuelle eigene Kulturfehler wie engen Stand und zu hohe Luftfeuchtigkeit im Folienhaus. Bald darauf erfuhr er allerdings von Betrieben mit ähnlich massivem Befall, jeweils ausgehend von veredelten Jungpflanzen.
Nicht weit entfernt sah sich die Gärtnerei Unterscheider in Lienz mit dem identischen Bild konfrontiert: 300 veredelte Pflanzen wurden über einen österreichischen Lieferanten von einem italienischen Produzenten zugekauft. Daraufhin breitete sich von hier die Kraut- und Braunfäule blitzartig aus, infolge stellte sich für Inhaberin Waltraud Wolf nur noch eine Frage: „Wie entsorge ich die 10.000 infizierten Pflanzen?“
Nicht nur in Kärnten
Auch in der Steiermark weiß man mittlerweile ein Lied davon zu singen. Herbert Wruss aus Gamlitz bezieht veredelte Tomatenpflanzen aus Italien, um sein Sortiment für den Endverbraucher noch attraktiver zu machen. Beim ersten Satz (Lieferwoche 12) trat Phytophthora besonders massiv auf, auch hier wurde sie bei den veredelten Pflanzen zuerst festgestellt. Wruss kultiviert Tomaten prinzipiell ohne Pflanzenschutz, trotzdem spritzte er als Gegenmaßnahme „Fonganil“ und „Ortiva“, leider ohne Erfolg.
Als Einzelhandelsbetrieb hatte auch Wruss viele Reklamationen, durch das milde Weinbauklima in der Region hatten viele Kunden ihre zunächst gesund wirkenden Pflanzen schon ausgepflanzt. Immerhin blieb der zweite Satz (Pflanztermin LW 14) weitgehend verschont. Wruss: „Ich vermute zumindest eine Teilschuld bei uns, da die Pflanzen auf nassem Fuß und zu kühl (im März) im Folientunnel standen.“
Michael Wedenig dagegen hat auch die Lieferanten zur gemeinsamen Ursachenforschung eingeladen und dabei keine guten Erfahrungen gemacht: „All unseren Betrieben ist ein schwerer Schaden entstanden, der von den Lieferfirmen nicht ernstgenommen wird!“
Ungeklärte „Schuld“-Frage
Gerade bei veredelten Tomatenjungpflanzen ist die Suche nach dem Verantwortlichen ein eigenes Kapitel. Die Pilzinfektion kann sowohl beim Veredelungsbetrieb selbst als auch durch unangemessene Transportbedingungen des Lieferanten oder beim Endverkauf selbst vorgefallen sein.
Ein Vergleich der vorhandenen Beispiele bringt trotz der deutlichen Parallelen auch einen wichtigen Unterschied mit sich: Es handelt sich um verschiedene Firmen, die die Veredelung durchgeführt haben. Auffällig ist allemal die häufige Nennung Italiens als Herkunftsland. Ob schon dort eine Infektion stattgefunden hat oder ob aufgrund des dortigen Klimas die Resistenz gegenüber Phytophthora nicht die nötige Gewichtung erfahren hat, ist im Nachhinein nicht mehr feststellbar.
Blattnässe vermeiden
Josef Kapper ist als gemüsebaulicher Berater bei der LK Steiermark vor allem mit der schnellen Erkennung und Bekämpfung von Pilz- und Bakterienkrankheiten konfrontiert. Wird die Infektion früh genug erkannt, empfiehlt er „Ridomil Gold MZ“ oder „Forum“ gegen die Krautfäule in Kombination mit „Switch“ oder „Teldor“ zur Grauschimmelbehandlung, jeweils zwei Anwendungen mit ein bis zwei Wochen Abstand. Die wichtigste vorbeugende Maßnahme ist, dass keine Blattnässe auftritt.
Angesichts des heurigen feuchten und warmen Wetters rät Kapper noch mehr zur Vorsicht: „Ab der Lieferung muss die Kultur lückenlos dokumentiert werden, um später mögliche Ursachen ausschließen zu können.“ Bei der Entsorgung infizierter Pflanzen sieht er weniger ein Problem. „Im Normalfall ist eine Kompostierung möglich.
Veredelung sinnvoll?
Angesichts der höheren unternehmerischen Unsicherheit und des mindestens gleich großen Infektionsrisikos mit Pilzkrankheiten stellen einige Fachleute auch den Sinn veredelter Jungpflanzen für den Wiederverkauf in Frage.
Ing. Erich Göttfried von Austrosaat hat hierzu einen klaren Standpunkt: „Veredelte Tomaten in Kurzkultur zahlen sich einfach nicht aus. Das Ergebnis ist einfach zu uneinheitlich.“Für Betriebe, die trotz negativer Erfahrungen nicht auf die hochpreisigen Umsatzbringer verzichten möchten, hat er zwei Ratschläge: „Erstens keine Billigschiene fahren, zweitens Sorten verwenden, die Fehler verzeihen!“ Seine Pflanzenschutz-Empfehlung im konventionellen Tomatenanbau ist ein „Dreiercocktail“: „Previcur N“ gegen Phytophthora, „Teldor“ gegen Botrytis, und „Condor“ gegen Echten Mehltau und Samtflecken (Karenz 3-4 Tage).
Lehren für 2010
Betroffene Gärtner wie Michael Wedenig werden 2010 sicher genau überlegen, ob und wo sie ihre veredelten Tomatenjungpflanzen zukaufen. Auch die geschützte Tomatenkultur wird hinsichtlich Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Grundfläche unter noch schärferer Beobachtung stehen. Es bleibt zu hoffen, dass das klimatisch „anspruchsvolle“ Frühjahr 2009 auch den Jungpflanzenfirmen und Lieferanten wichtige Erkenntnisse für die nächste Saison gebracht hat.
Phytophthora infestans
Blätter: Auf den Blättern findet man unscharf begrenzte, bräunliche Flecken, die von einem blassgrünen Saum umgeben sind. Bei ausreichender Feuchtigkeit bildet sich auf der Blattunterseite entlang des Fleckenrandes ein zarter, weißer Pilzrasen. Bei trockener Witterung verwelken die Blätter unter Schwarzfärbung.
Stängel: Auch am Stängel entstehen großflächig braunschwarze, scharf begrenzte Flecken, die den darüberliegenden Teil langsam zum Absterben bringen können.
Frucht: Bei Befallsbeginn durch den pilzlichen Schaderreger zeigen sich auf der oberen Fruchthälfte etwas gescheckte, unscharf begrenzte, missfarbene Stellen, die sich zunehmend blassbraun verfärben. Der pilzliche Schaderreger durchdringt die Fruchthaut, die braunen Flecken reichen später bis ins Fruchtfleisch. Die Samenanlagen werden jedoch selten befallen. Das braune Fruchtfleisch bleibt bis zur Reife hart mit runzliger Oberfläche.