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Kunden wollen Aktionen!

Ein Artikel von DI David Scheurich | 29.01.2008 - 13:18
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„Taufrisch vom Gärtner“
Als die Tochter Katharina Gabesam vor einigen Jahren mit der Idee einer Modenschau an ihren Vater herantrat, reagierte dieser zunächst abwehrend. Nach dem überwältigenden Erfolg der ersten Veranstaltung in Kooperation mit einem örtlich ansässigen Modehaus schlug diese Skepsis aber schnell in Begeisterung um.
Schließlich wurde mit dem Beginn einer „Gabesam-Eventkultur“ ein völlig neuer Weg in der schon langen Familiengeschichte eingeschlagen.

Im Jahre 1889 kaufte Franz Gabesam I. die Gärtnerei in Pottenstein an der Triesting und stellte die Produktion vom ursprünglichen Schwerpunkt Gemüse auf Zierpflanzen und Blumen um. Nach einer bewegten Geschichte über vier Generationen übernahm der heutige Betriebsführer die Firma im Jahre 1973. Folge des erfolg-reichen Wirtschaftens war die Eröffnung der zweiten Verkaufsstelle am Pottensteiner Hauptplatz. Rückschläge wie die Hochwasser 1944 und 1997 wurden jeweils als Chance zum Neubeginn genutzt.

So wurde 1997 die Heizung (De Dietrich) komplett erneuert und die wichtige Umstellung auf Klimacomputer (DGT Volmatic und De Dietrich VM) vorgenommen. Weitere Modernisierungen wie etwa Topfmaschine (Mayer 2100), Einzelkorngerät und die Erstellung einer Homepage folgten in den kommenden Jahren.

Der Familienbetrieb ist bis heute übersichtlich geblieben, 1325 m2 Glashausfläche werden von vier Mitarbeitern bewirtschaftet. Die Kundschaft setzt sich zu fast 100 % aus Endverbrauchern zu-sammen. Diese Tatsache ist laut Gabesam eine der Stärken, da so auf Veränderungen schnell und direkt reagiert werden kann. Einer seiner Lieblingssätze an seine Angestellten ist folgender: „Euer Dienstgeber bin nicht ich, sondern die Leute, die hier jeden Tag hereinkommen und Geld dalassen.“

In der vielseitgen Produktpalette sind Beet- und Balkonpflanzen der unbestrittene Schwerpunkt. Diese werden fast ausschließlich selbst produziert und haben so einen großen Anteil an dem Gabesam-Slogan „taufrisch vom Gärtner“. Jedes Jahr werden hier als Orientierungshilfe für den Kunden 16 Balkonmusterkästen präsentiert. Darüber hinaus werden neben italienischen Kübelpflanzen, Schnittblumen und Hydrokulturen Saisonblüher wie Weihnachtssterne, Cyclamen, Primeln und Chrysanthemen angeboten.

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Kundenbindung
Um sich in Zeiten von Baumärkten und Gartencentern zu behaupten (Shopping City Süd im erweiterten Einzugsgebiet), hat Franz Gabesam schon früh die Bedeutung der Kundenbindung erkannt. Hierbei setzt er vor allem auf den immer wichtiger werdenden Aspekt des Events beim Einkauf. Dafür sind einfache Aktionstage wie der 1. Mai (-15 % auf alles) nicht ausreichend. Schließlich will und kann ein Familienbetrieb wie Gabesam nicht als Billigstbieter erfolgreich sein.

„Um etwas höhere Preise rechtfertigen zu können, muss man den Kunden auch etwas bieten. Das geht einerseits über die höhere Qualität, andererseits über Veranstaltungen“, erklärt Gabesam.
Gerade in dieser Hinsicht hat er enorm von seiner Tochter Katharina profitiert. Als der Vater vor einigen Jahren wieder einmal über ein interessantes Veranstaltungskonzept nachdachte, trat sie mit der Idee der Modenschau mit Blumen an ihn heran.

Regionale Kooperation
Schon bald hatte sich die Veranstaltung etabliert. Besonders hilfreich erwies sich hier die Kooperation mit regionalen Partnern, wie dem örtlichen Modehaus und professionellem Catering. „Gera-de im eher ländlichen Raum ist es wichtig, dass die Firma Gabesam im Gespräch ist.
Wenn man dann noch sogenannte Meinungsmacher aus der Region mit einbindet, hat man schon gewonnen“ erklärt Gabesam und zeigt nicht ohne Stolz die Fotos von den bisherigen Modeschauen. Tatsächlich ist das Glashaus der Gärtnerei (Fa. Viemose-Driboga u.Götsch. Fälschle) darauf kaum wiederzuerkennen. „Wir haben beim Bau besonders auf flexible Nutzungsmöglichkeiten wert gelegt. Hier ist nix fix."

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Kundenbefragung
Im Jahre 2006/07 wurde von der Landwirtschaftkammer eine Kundenbefragung durchgeführt, bei welcher in Niederösterreich nur zwei Betriebe teilnahmen, wie Franz Gabesam bedauernd feststellt. „Im Nachhinein betrachtet, war diese Befragung das Beste, was uns passieren konnte.“

In der Tat bestätigte diese Befragung vor allem den von Gabesam verfolgten Trend: Kunden erwarten Aktionen! Außerdem lieferte sie wertvolle Informationen über die Länge des Anreiseweges der Kunden (zwischen 60 und 70 % kommen aus der direkten Umgebung). Nützlich war auch der jeweils gegenüberstehende österreichweite Durchschnitt als Vergleich. „Da sehen wir nicht nur, was wir richtig gemacht haben, sondern auch, wo wir uns noch verbessern können.“

Die in der Befragung offengelegte deutliche Minderheit der männlichen Kunden wurde im Jahr darauf mit einer Sportwagen-Motorshow im Rahmen der Toscanaveranstaltung gezielt angesprochen. Ähnliches gilt für die ganz jungen Besucher. „Kinder stehen bei unseren Veranstaltungen immer im Mittelpunkt. Da lassen wir uns immer eine Überraschung einfallen.“

Kunden anlocken um jeden Preis ist aber für Gabesam kein Thema. Jeder Besucher weiß, was er geboten bekommt und dass für das Catering auch bezahlt werden muss. Die Veranstaltung selbst ist auch kein Geschäft, sondern vor allem mit vielen Nachtstunden Arbeit verbunden. Indirekt wirken sich diese aber durchaus positiv auf den Umsatz aus.

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Radio- und Fernsehgärtner
Ein weiterer, wichtiger Teil im Leben von Franz Gabesam ist seine Arbeit mit dem ORF. Seine Auftritte als Radio Niederösterreich Gärtner sowie bei „Willkommen Österreich“ und „Winterzeit“ haben ihn auch überregional bekannt gemacht. Durch den Einstieg seiner Tochter Katharina in die Betriebsleitung hat er etwas Zeit übrig für dieses „Hobby“, wie er es selbst gerne nennt. „Meine Tochter gibt mir schon deutlich mehr Freizeit, in den nächsten Jahren kann ich den Betrieb mit gutem Gewissen in die fünfte Generation übergeben.“

Doch die Arbeit mit Radio und Fernsehen hat auch seine kleinen Schattenseiten. Eventuellen Neid von Seiten der Kollegen kann er nicht nachvollziehen. Schließlich hat das Stehen in der Öffentlichkeit keine finanzielle Auswirkung innerhalb der Branche, wie er versichert. Darüber hinaus werden lange Anfahrtwege nicht abgegolten. „Mein Kollege Käfer und ich sagen dann immer am Wochenende: Die Anderen machen einen schönen Ausflug und wir ein bisschen Radio.“

Die Erfahrung, die der 55-jährige mittlerweile gesammelt hat, möchte er zusätzlich in einem Buch weitergeben. Gemeinsam mit dem ORF soll noch in diesem Jahr die Veröffentlichung erfolgen. Das Motto: Die meistgestellten Fragen an den Radio Niederösterreich Gärtner. Damit möchte er seinen Teil zu einer Entwick-lung beitragen, über die er sehr glücklich ist. Nämlich die des Gärtnerbildes in der Öffentlichkeit.

„Als ich in den 70er-Jahren angefangen habe, durfte man nicht sagen, dass man Gärtner ist. Dann wurde man von oben herab behandelt. Heute freuen sich die Leute und bitten einen um ein paar nützliche Tipps.“