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© Christian Tomiczek

Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Kastanienminiermotte

Ein Artikel von Nicole Stöger | 14.11.2006 - 10:24
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© Christian Tomiczek

Es ist ein befremdlicher Anblick, wenn eine Rosskastanie eine Injektion verabreicht bekommt. Dazu werden mehrere Löcher in den Stamm gebohrt und ein Insektizid mit einer Spritze in den Baum eingeimpft.
Experten befürchten eine Verletzung des Baumes durch die Einbohrlöcher und den anschließenden Befall durch eindringende Schadorganismen.

Wissenschaftlicher Versuch
Am Institut für Waldschutz/Wien wurde im Jahr 2004 unter der Leitung von Dr. Christian Tomiczek ein Versuch zu Stamminjektionen an vier Rosskastanien durchgeführt.
Dazu wurden vier bis sechs Löcher mit einem Durchmesser von 6 mm und einer Tiefe von 5cm in den Stamm gebohrt.
Anschließend erfolgte die Injektion mit einem noch in Prüfung befindlichen systemischen Insektizid, ein Kunststoffverschluss versiegelte die Bohrlöcher. Im Frühjahr 2006 lagen die ersten Ergebnisse zur Auswertung vor.

Deutlich geringerer Befall
Unbehandelte Kastanien waren zu 60 bis 95% von der Miniermotte befallen, während die behandelten Kastanien 20 bis 80% Befall zeigten. Allerdings beobachteten die Experten bald nach der Behandlung Exsudataustritt an den Bohrlöchern.

Die Kastanie im Labor
Eine der vier behandelten Rosskastanien wurde gefällt und untersucht. Analysiert wurden Äste, Zweige und Stammscheiben aus dem Bereich der Bohrlöcher sowie aus darüberliegenden Stammund Kronenteilen. „Die Bohrlöcher waren teilweise gut verheilt,“ so Tomiczek am diesjährigen NÖ-Baumtag in Reichenau/Rax.
Dies war aber nicht überall der Fall, denn an manchen Bohrstellen war das Kambialgewebe zurückgestorben, wodurch die Wunden nicht vollständig verheilen konnten.

Totholz verursacht Mangel
Es bildeten sich Verfärbungszonen oberhalb der Impfstellen bis in die äußersten Astspitzen. Unter dem Mikroskop zeigte sich der Befall durch Wundfäulepilze und abgestorbenes Gewebe. Bei den verfärbten Holzteilen handelt es sich um praktisch totes Gewebe. Wasserund Nährstofftransport sind dort nicht mehr möglich. In einzelnen Ästen betrug der Anteil des geschädigten Gewebes mehr als 50% des Holzquerschnittes.

Injektion bei anderen Krankheiten sinnvoll
Beim Test des Waldschutzinstitutes überwogen eindeutig die Nachteile. Die Folgen der Injektion würden zu einer raschen Herabsetzung der Reststandzeit der Bäume sowie zu erhöhten Pflegeund Kontrollkosten führen. Bauminjektionen sind nach Aussagen von Tomiczek jedoch nicht gänzlich negativ zu bewerten.
Krankheiten, die zum raschen Absterben des Baumes führen, könnten so an der Ausbreitung gehindert und effektiv eingedämmt werden. Beispiele dafür sind das Ulmensterben oder der Asiatische Laubholzblockkäfer.

Fragen über Fragen
Am NÖ-Baumtag präsentierte Tomiczek die Studienergebnisse. Die anschließende Diskussion warf neue Fragen auf.
So kamen zum Beispiel Fragen aus dem Publikum, warum die rote Rosskastanie kaum oder keinen Miniermottenbefall aufweist. Experten vermuten, dass die Kutikula dieser Kastanie dicker und daher weniger anfällig auf den Larvenfraß ist.

Umstrittene Pflanzenschutzmittel
Außerdem bleibt die Frage offen, warum die Einbohrstellen relativ gut verheilen, aber gleichzeitig verhältnismäßig viel Totholz entsteht. Dies gab Anlass zur Vermutung, dass das eingesetzte Mittel und weniger die Bohrlöcher den Baum schädigen.
In Österreich bleibt Dimillin die einzige chemische Bekämpfungsmöglichkeit, gegen den Minierschaden vorzugehen, alle anderen Mittel zur Stamminjektion sind bis auf weiteres verboten.