Die aus einer einzigen Gattung bestehende Familie der Cannaceae beinhaltet – je nach Zählweise – 10 bis 40 Arten oder Unterarten. Fleißige Taxonomen sorgen immer noch für Abwechslung in der Nomenklatur durch regelmäßige Umbenennungen und Neupositionierungen.
Die im Handel erhältlichen Gartencannas sind z. T. reine Arten, wildartenverwandte Unterarten oder aus unterschiedlichen (Hybrid-)Gruppen entstandene Kreuzungen. Während der Purist bei im Umlauf befindlichen Cannas auf C. x generalis besteht – und damit bei Arten falsch liegt, wird die Pflanze im Volksmund (botanisch auch nicht korrekt) „Canna indica“ genannt. Die Bezeichnung „indica“ bezieht sich dabei auf die Westindischen Inseln und nicht auf Indien. Nach einer Hochblüte um 1900 war es lange still um diese Pflanzen, bis es zu einer Renaissance in den vergangenen 20 Jahren gekommen ist.
Chronologie des Befalls
In den vergangenen Jahren haben nicht nur die Konsumenten Gefallen an den Cannas gefunden, sondern auch einige Viren, die die Bestände gefährden. Ein ausschließlich bei Canna vorkommendes Virus verursacht derzeit massive Probleme. Das Canna Yellow Mottle (Badna-)Virus (CaYMV oder CYMV) grassiert weltweit und hat bereits schwere wirtschaftliche Schäden verursacht. Im Frühjahr 2005 mussten auf Anordnung des California Department of Agriculture die San Marcos Growers einen großen Teil ihres Bestandes vernichten. Ob und wann die EU phytosanitäre Tests vorschreibt und auch in Europa Bestände vernichtet werden müssen, ist zurzeit noch nicht abschätzbar.
Auch musste die ältere der beiden nationalen Sammlungen des National Council for the Conservation of Plants and Gardens (NCCPG) in Großbritannien im Herbst des Vorjahres aufgrund eines mehrjährigen und massiven Virusbefalls gänzlich vernichtet werden.
In Österreich wird seit 2000/01 von befallenen Beständen berichtet, wobei überall ein ähnlicher Krankheitsverlauf aufgetreten ist. Binnen einiger Tage zeigte der gesamte Bestand die typischen Krankheitssymptome. Teils wird von Neuzugängen, welche für die Übertragung und Ansteckung des gesunden Bestandes verantwortlich gemacht werden, berichtet, teils soll es aber auch zu einer Infektion einer ehemals gesunden Sammlung ohne Neuzugänge gekommen sein.
Verschiedene „Feinde“
Neben dem CaYMV kommt es bei Canna auch noch zu Infektion durch Bean Yellow Mosaic (Poty-)Virus (BYMV), welches auch als Canna Mosaic Virus bezeichnet wird. Andere, bei Canna beschriebene Viren treten meist nur in Kombination mit beiden oben genannten Viren auf. Auch kann die Unterscheidung von CaYMV und BYMV nur im Labor vorgenommen werden. Für den weltweiten Schaden an Canna wird aber fast ausschließlich das Canna Yellow Mottle Virus verantwortlich gemacht.
Merkmale einer Infektion
Die ersten Anzeichen sind Flecken oder Streifen auf den neu gebildeten grünen Blättern.
Schwieriger ist die Diagnose bei zwei- oder dreifärbigen Blattformen: Sorten wie ‘Striata’ oder ‘Striped Beauty’, beide grünweiß gestreift, und ‘Durban’, eine dreifärbige Sorte, zeigen eine gewollte Blattzeichnung, welche den Virussymptomen zum Verwechseln ähnlich sind.
Wesentlich später, evtl. auch erst in der nächsten Vegetationsperiode, erscheinen auf den Blättern gelbe Streifen, die nach einiger Zeit braun werden und absterben. Durch diese nekrotischen Stellen ist die Photosynthese stark beeinträchtigt. Zur selben Zeit können auch charakteristische und sortenatypische Streifen auf den Blütenblättern auftreten. In Jahren, in denen es während der Vegetationsperiode zu kalt ist oder eine längere Hitzeperiode ohne ausreichende Bewässerung die Pflanzen schwächt, tritt verstärkt eine Schwächung auf. Dies ist auch bei zu wenig Düngung und Bewässerung oder durch einen schlechten Boden der Fall. Abhilfe kann man durch optimale Wuchsbedingungen oder eine längere Vegetationsdauer, durch früheres Auspflanzen mit spätem Einräumen schaffen.
Tückischerweise bewirken optimale Bedingungen gepaart mit hohen Temperaturen eine scheinbare Gesundung der Pflanzen: Die neu erscheinenden Triebe zeigen dann kaum oder sogar keinerlei Symptome. Eine Ausheilung einmal infizierter Pflanzen ist aber niemals möglich. Es ist lediglich möglich, durch Tochterpflanzen (Meristemvermehrung oder Samenvermehrung, wobei noch nicht geklärt wurde, ob eine Virusübertragung über Samen erfolgt) gesunde Nachkommen von befallenen Elternpflanzen zu produzieren.
Bei Neuzugängen ist daher immer eine genaue Inspektion nicht nur der neu gebildeten, sondern auch der älteren Blätter nötig.
Strategien und Maßnahmen
An der genauen Übertragung des Cannavirus wird weltweit – so auch in der HBLFA – geforscht. Als Übertragungswege könnten folgende Möglichkeiten in Betracht kommen:
Pflanzenschädlinge wie Blattläuse, Rote Spinne oder Thripse, die an einer erkrankten Pflanze vorkommen, könnten binnen kürzester Zeit einen Bestand infizieren.
Bodenmikroorganismen stellen auch ein gewisses Risiko dar. Durch „steriles“ Substrat, ein grobscholliges Umgraben des ehemaligen Pflanzbeetes oder jährlich neu ausgewählte Standortflächen minimieren die Ansteckungsgefahr.
Wesentlich schwieriger bei einer großen Anzahl von Einzelpflanzen ist die Desinfektion aller die Pflanzen verletzenden Geräte. Dazu zählen nicht nur Werkzeuge zum Teilen wie Scheren und Messer, sondern auch alle Grabwerkzeuge, die zum Roden der Canna verwendet werden. Abhilfe kann bei großen Flächen ökonomischerweise nur die Auspflanzung samenvermehrter Jungpflanzen schaffen, welche im Herbst thermisch(!) entsorgt werden.
Bei der Virusübertragung durch Pollen könnte eine Eliminierung infizierter Pflanzen in nächster Umgebung oder ein Entfernen der Blüten, bevor sie sich öffnen, eine Ansteckung verhindern. Dies würde zwar einen enormen Arbeitsaufwand darstellen, aber für Vermehrungsbetriebe, welche mittels Rhizomteilung arbeiten, eine höhere Ernte bringen, da blühende Pflanzen in Summe weniger Rhizome bilden.
Aussichten
Auf lange Sicht kann die Sortenvielfalt bei Canna nur durch virusfreie Bestände oder durch virusresistente oder -tolerante Sorten erhalten werden. Beim Zukauf von Canna sollte man nachfragen, ob eine Virusfreiheit garantiert wird, um Beschwerden und Reklamationen der Kunden zu vermeiden. Nur durch Druck auf die erzeugenden (Groß-)betriebe, welcher kurz über lang entweder vom Kunden oder einer staatlichen (National- oder EU-)Organisation kommen wird, kann die Virusverbreitung zumindest eingebremst, wenn nicht gestoppt werden.
Eine Sortenempfehlung kann derzeit nur insofern abgegeben werden, als generell Wildarten oder Wildarten nahestehender Sorten eher widerstandsfähig sind als die meist großblütigeren Hybriden.