Woher sie stammt, ist völlig unbekannt. Entdeckt wurde die Motte erstmals 1983 in Mazedonien. In Österreich hat man sie erst 1989 beobachtet. Dies ist auch schon das Hauptproblem – könnte die Herkunft in Erfahrung gebracht werden, gäbe es Wege, dementsprechende Gegenspieler ausfindig zu machen. Mit dieser Information wäre es möglich, eine Nützlingsbekämpfung anzuwenden, um den Schädling zu parasitieren.
Das einzige in Österreich zugelassene Pflanzenschutzmittel Dimilin durfte nur noch bis 30. Juni 2005 verwendet werden. Die Spritzung mit Fraß- und Kontaktinsektiziden muss so erfolgen, dass die gesamte Baumkrone benetzt ist. Bei 25 bis 30 m hohen Stadtbäumen gestaltet sich dies jedoch schwierig, insbesondere im öffentlichen Raum. Die Spritzung kann nur bei optimalen Bedingungen durchgeführt werden, Wind und Regen behindern maßgeblich eine ausreichende Applikation. Durch die unvermeidliche Abdrift des Insektizides wird die Umgebung erheblich beeinträchtigt.
Einige Wissenschafter haben sich deshalb mit einer Methode beschäftigt, bei der Injektionen so wie beim Menschen verabreicht werden. Dabei werden Löcher in den Baumstamm gebohrt. Das Insektizid wird anschließend in diese Öffnungen gespritzt. Diese Technik soll laut den Herstellern umweltschonend und anwenderfreundlich sein. Skeptiker behaupten, dass sie dem Baum mehr schadet als nützt, da er auf Dauer wesentlich anfälliger auf weitere Krankheiten werden soll. Pheromonfallen sind ein weiterer Versuch, die Bäume zu schützen. Leider ist der Einsatz sehr aufwändig und hauptsächlich zum Ausfindigmachen des Schädlings geeignet.
Natürliche Feinde. Die wichtigsten heimischen Gegenspieler der Miniermotte sind parasitische Hautflügler. Dazu gehören die Erzwespen (Chalcidoidea) und die Schlupfwespen (Ichneumonoidea). Nicht jede Art greift die Kastanienminiermotte an. Von den 22 Arten in Österreich sind zwei, maximal drei dominant. Die wichtigste Familie darunter ist die der Eulophidae. Weiters wird zwischen Larven- und Puppenparasitoiden unterschieden. Von Parasitoiden spricht man dann, wenn der Parasit seinen Wirt tötet. Die Parasitierungsrate ist bei den heimischen Arten sehr gering – etwa 1 bis 15 %.
Die Versuchsmethode. Mit dem Ziel den Befall zu reduzieren, leitete Lethmayer das EU-Projekt Controcam (www.cameraria.de) zur Erhöhung der Parasitierung der Kastanienminiermotte. Die Kombination von Laubentfernung und Parasitoidenschutz bildete die Grundlage für das hoffnungsvolle Vorhaben. In Massenschlupfbehältern sollten die Motten von den Parasitoiden getrennt werden. Ziel war es, die Zahl der Gegenspieler zu erhöhen, um den Befall zu minimieren.
Freilandversuche dazu wurden in Wien, Bern und Sofia durchgeführt. Bei dem Versuch wurden Tonnen mit je 10 kg Falllaub befüllt und in den Baumkronen befestigt. In die einzelnen Behälter wurden vier Öffnungen geschnitten, die mit einem engmaschigen Nylonnetz (700 Mikrometer) bespannt waren. Diese Barriere sollte die Motten daran hindern, durchzuschlüpfen und umgekehrt die Parasitoiden nach außen hin durchlassen. Die Forscher haben die Behälter zu zwei Terminen ausgebracht: einmal Ende März, drei Wochen vor Beginn des Motten-Schlupfes und das zweite Mal Ende Mai.
Experiment fehlgeschlagen. Grundsätzlich gab es ein positives Ergebnis bei der Selektion der Insekten. 75 % der Parasitoiden schafften es, durch die Öffnungen durchzuschlüpfen, 98 % der Motten blieben in den Behältern. Folgende Parasitoide sind am häufigsten aus den Tonnen geschlüpft: Minotetrastichus frontalis, Pnigalio agraules, Pediobius saulis und Clostercerus trifasciatus. Eine Zunahme der Parasitierung konnte aber leider nicht festgestellt werden. Dies kann laut Lethmayer zwei Gründe haben: „Es könnte Probleme beim Schlüpfen der Parasitoiden gegeben haben. Das kann daran liegen, dass das Laub in den Behältern zu fest zusammengedrückt war. Ein zweiter Grund könnte der Konkurrenzdruck zwischen den Tieren sein.
Möglicherweise waren die Insekten gleichzeitig in derart großen Massen vorhanden, dass sie abgewandert sind, bevor sie überhaupt erst mit der Parasitierung der Motte begonnen haben.“ Es gibt laut Lethmayer bis dato keine effektive biologische Bekämpfungsmöglichkeit für die Kastanienminiermotte und daher auf diesem Weg keine nachhaltige Kontrolle.
Versuche mit Bauminjektionen sind laut Lethmayer mit Vorsicht zu genießen. Eine gewisse Wirkung sei zwar vorhanden, es ist jedoch zu befürchten, dass der Baum durch die Bohrlöcher verletzt und dadurch anfällig für weitere Krankheiten wird. „Im Endeffekt kann es so zu einer viel schwerwiegenderen Beschädigung als durch die Kastanienminiermotte kommen“, warnt Lethmayer.