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Schweiz

Den Mooren geht es schlecht, aber Besserung ist möglich

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 05.10.2021 - 08:41

Die neuesten Daten der bereits 25 Jahre andauernden Moorüberwachung zeigen, dass die Schweizer Moore trotzdem austrocknen und verbuschen. Ariel Bergamini - Moorforscher an der WSL (Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft) - verfolgt als Leiter der Wirkungskontrolle Biotopschutz Schweiz (WBS) auch die Entwicklung der Moore. Die alten Entwässerungsgräben sind hauptverantwortlich für die zunehmende Austrocknung. Auch die Verbuschung ist problematisch. Auf den austrocknenden Böden wachsen Büsche und Bäume besser, ebenso wie auf Flachmooren, auf denen die landwirtschaftliche Nutzung als Wiese und Weide aufgegeben wurde. Die typische Moorflora und -fauna wird durch die hohe Vegetation verdrängt.

Es gibt aber auch positive Entwicklungen: Im Mittelland geht es den Hochmooren, die besonders stark geschrumpft und beeinträchtigt sind, langsam besser. Die Feuchtigkeit nimmt langsam zu und die Verbuschung ab. Die Renaturierungsmaßnahmen beginnen zu wirken. Mit der Wiedervernässung des Moores Sous-Martel-Dernier stieg die Zahl der Libellenarten von 15 auf 52 innerhalb von 8 Jahren. Viele davon sind selten und stark bedroht.
Land brach liegen zu lassen, schadet den Flachmooren. Zu dieser Kenntnis kam ein gemeinsames Projekt von WSL und der Uni Zürich, das zwischen 1995 und 2015 die Pflanzenbedeckung von Mooren erhob. Hochmoor-Renaturierung kann durch ineinander verkeilte Holzplanken, die ehemalige Gräben verschließen, erfolgen. Unerwünschte Gehölze werden entfernt und Wehre regulieren den Wasserspiegel. Das Ergebnis ist ein nasses und lichtes Moor, in dem sich seltene Arten wieder ausbreiten können. Mittlerweile lebt die größte Population der bedrohten Libellenart Große Moosjungfer im renaturierten Torfriet.

Mehrwert für alle

Solche Arbeiten sind wirksam, aber auch teuer. Durch den Verkauf von CO2-Komensationszertifikaten können diese Arbeiten finanziert werden. Austrocknende Moore stoßen große Mengen an CO2 aus, werden sie wieder vernässt, hört das auf. Die eingesparten, im Boden gespeicherten Tonnen CO2 können als Zertifikate verkauft werden. Institutionen oder Unternehmen wie Baufirmen oder Garagen können CO2 zugunsten von Moorrenaturierungen kompensieren. So hat der Wirtschaftsgipfel WEF seinen CO2-Fussabdruck mit 300.000 Franken Moor-Zertifikaten verringert. Die enorme Nachfrage ist so hoch, dass die Schweiz mit der Umsetzung der Renaturierungen nicht nachkommt.

Auch das landwirtschaftliche Forschungszentrum Agroscope sucht Abhilfe für den Treibhausgas-Ausstoß von landwirtschaftlich genutzten (ehemalige) Moorböden. Diese Böden sind zwar sehr fruchtbar, die Bewirtschaftung wirkt sich aber negativ auf Boden und Klima aus. Mit Sand abgedeckte Moorböden liefern bessere Erträge und stoßen zwar kaum weniger CO2 aus, aber um 90% weniger Lachgas, das auch ein Treibhausgas ist.
Eine Alternative wäre es, an Nässe angepasste Kulturpflanzen anzubauen, wie z.B. Reis. Verschwundene feuchtliebende Tier- und Pflanzen würden so wieder einen zeitweise gefluteten Lebensraum vorfinden. Der ökologische Nassreisanbau wird bereits getestet. In den Feldern siedeln sich wieder Feuchtgebietsarten wie Laubfrösche, Kreuzkröten und Bekassinen an. Für die Bauern wäre der Reisanbau ein neuartiges Nischenprodukt.

Wenn die Moore wieder in einen funktionierenden Zustand zurück versetzt werden, ist das für die Biodiversität sowie das Klima gut. Trotzdem ist es noch nicht ausreichend, um die negativen Trends umzukehren.


Quelle: wsl