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Pflanzenschutz

Indirekter Einfluss von Glyphosat auf Insekten

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 11.06.2021 - 10:37

Die Abhängigkeit vieler Insekten von ihren Symbiosepartnern könnte sich als Achillesferse für ihr Überleben erweisen. In einer Studie zeigte ein Team von Wissenschaftern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, des Max Planck Institus für chemische Ökologie in Jena und des National Institute of Advanced Industrial Science and Technology in Japan, dass Glyphosat die symbiotischen Bakterien des Getreidekäfers hemmt. Diese liefern wichtige Bausteine für die Bildung des Außenskeletts, das die Käfer vor Trockenheit und Feinden schützt. Sind die Käfer nun dem Pestizid ausgesetzt, erhalten sie diese Bausteine nicht mehr – so kann Glyphosat also über die indirekte Wirkung auf bakterielle Partner auch Insekten schädigen und zum massenhaften Sterben beitragen.

Symbiose mit Bakterien wird gestört

Die Nebenwirkungen von Glyphosat auf Nicht-Zielorganismen werden zunehmend kontrovers diskutiert. Seine Wirkungsweise um selektiv Pflanzen im Wachstum zu unterdrücken beruht auf einer Hemmung der Biosynthese von aromatischen Aminosäuren über den sogenannten Shikimatweg. Tiere weisen keine Gene auf, die für diesen Stoffwechselvorgang kodieren, er kommt aber neben Pflanzen auch in vielen Mikroorganismen vor. Durch die wechselseitige Symbiose von Tieren mit Mikroorganismen entsteht eine Abhängigkeit von diesem Stoffwechselweg, um wichtige Bausteine für das Überleben zu erhalten. 

Eine entsprechende Abhängigkeit wurde auch bereits für Honigbienen gezeigt, wo Glyphosat negative Auswirkungen auf Mikroorganismen im Darm hat, was die Bienen anfälliger für unterschiedliche Stressfaktoren macht. „Ein Einfluss von Glyphosat auf Tiere über ihre essentiellen, bakteriellen Partner, die den Shikimat-Stoffwechselweg nutzen, oder sogar auf diesen spezialisiert sind, liegt im Prinzip nahe, sobald man die Interaktion beider Partner versteht“ so Tobias Engl, einer der Hauptautoren der aktuellen Studie.

Nun zeigte sich, dass das Pestizid auch einen negativen Einfluss auf den mikrobiellen Partner des Getreideplattkäfers Oryzaephilus surinamensis hat. Er ist ein wirtschaftlich wichtiger Schädling von gelagerten Getreideprodukten. Ist der Käfer Glyphosat ausgesetzt hob das den Nutzen der Symbiose zur Bildung der Kutikula (Außenskelett) fast vollständig auf. Über stammesgeschichtliche Analysen konnten die Forscher zeigen, dass die Shikimat-Stoffwechselwege von vielen untentbehrlichen Symbiose-Bakterien ein Enzym enthalten, das empfindlich auf Glyphosat reagiert. Das legt nahe, dass diese Anfälligkeit der Symbiose-Partner eine Achillesferse der Insekten ist und das Mittel ein Problem für Ökosysteme darstellt.

Die vollständige Studie „Inhibition of a nutritional endosymbiont by glyphosate abolishes mutualistic benefit on cuticle synthesis in Oryzaephilus surinamensis wurde in Communications Biology veröffentlicht.


Quelle: Max Planck Institut für chemische Ökologie