shutterstock_725823778.jpg

Erstmals konnte das Herbizid Glyphosat im Meer nachgewiesen werden. © ADragan/Shutterstock.com

Forschung

Glyphosat-Nachweis im Meer

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 22.12.2020 - 13:51

Weltweit wird Glyphosat als Unkrautvernichter eingesetzt, dabei steht er unter Verdacht, krebserregend zu sein. Auch in Deutschland wird er intensiv eingesetzt und gelangt so in Flüsse, die dann das umstrittene Herbizid ins Meer spülen. Das Ausmaß war bisher nicht bekannt, denn in Salzwasser waren Glyphosat und sein Abbauprodukt Aminomethylphosphonsäure (AMPA) aus methodischen Gründen nicht nachweisbar. Das durch biologische Prozesse entstehende Abbauprodukte Aminomethylphosphonsäure (AMPA) konnte bisher nur im Süßwasser nachgewiesen werden.

Marisa Wirth vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) entwickelte eine Methode mit der beide Stoffe im Meer zuverlässig gemessen werden können. Damit konnte nun erstmals Glyphosat und AMPA in der Ostsee nachgewiesen werden. Wie toxisch das Herbizid auf Meeresorganismen wirkt, ist noch nicht klar. „Als Grundvoraussetzung, um das Gefahrenpotenzial einer Substanz für ein Ökosystem beurteilen zu können, muss man zu allererst herauszufinden, ob und in welchen Konzentrationen die Substanz dort nachgewiesen werden kann“, sagt Marisa Wirth. „Bevor man Glyphosat und AMPA mit instrumentellen Mitteln – Flüssigchromatographie und Massenspektrometrie – überhaupt messen kann, werden die Proben so stark aufkonzentriert, dass die Geräte die Substanzen erfassen können“, so Wirth. In Meeresproben waren die enthaltenen Salze für die Messung problematisch. Bei der Festphasenextraktion, mit der die Aufkonzentration erreicht wird und bei der die Zielsubstanzen aus einer flüssigen Probe erst an ein festes Trägermaterial gebunden und danach wieder in ein sehr viel kleineres Flüssigkeitsvolumen übergeleitet werden, verhindern die Salzionen die Bindung der Glyphosat- und AMPA-Moleküle an die feste Phase. So können die Zielsubstanzen ungehindert durch die Festphase gelangen und verloren gehen, weil durch das Salz alles blockiert wird. Die Salze können auch bei der eigentlichen Messung Störeffekte hervorrufen und instrumentelle Signale verändern oder unterdrücken, so dass keine zuverlässige Analyse möglich ist.
Wirth testete unterschiedliche Trägermaterialien, um die Salz-Störeffekte bei der Probenkonzentration zu beseitigen und fand schließlich ein Polymer, das durch sogenannte molekulare Prägung hochselektiv Glyphosat und AMPA bindet und zugleich unempfindlich gegenüber dem Salz der Meerwasserproben ist.
Wirth konnte außerdem erfolgreich einen zusätzlichen Aufreinigungsschritt vor der instrumentellen Messung, der eine störungsfreie Analytik erlaubt, etablieren.

Nach gründlicher Validierung wurde das Verfahren an natürlichen Umweltproben von sieben unterschiedlichen Beprobungsstellen in der Westlichen Ostsee getestet. Glyphosat und AMPA konnten erstmals im Meer nachgewiesen werden, wobei die Konzentration bei Glyphosat zwischen 0,42 und 0,49 ng/l lag und die Konzentration bei AMPA bei max. 1,47 ng/l lag. Die Glyphosatkonzentration war unabhänigig von der Küste recht konstant mit einer Ausnahme-Messung in der inneren Lübecker Bucht (1,22 ng/l), während die AMPA-Konzentration in der Nähe von Flussmündungen deutlich höher war als weiter draußen im Meer. 
„Mit der am IOW entwickelten Glyphosat- und AMPA-Analytik können wir erstmals in Konzentrationsbereichen unterhalb von 1 ng/l messen, wie sie in marinen Ökosystemen zu erwarten sind – und das störungsfrei bei allen Salzgehalten, die man in den unterschiedlichen Meeresgebieten der Welt findet“, sagt Wirth.
Die gemessenen Werte liegen weit unterhalb der Konzentrationen, die für Menschen und Meeresorganisationen als bedenklich eingestuft werden. Aufgrund der punktuellen Messungen ist noch keine Datenbasis für eine ausreichende Einschätzung vorhanden. Durch die zuverlässige Methode kann ein aussagefähiges Umweltmonitoring im Meer erfolgen und Studien zu aktuellen Forschungsfragen können beginnen.


Quelle: IOW