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Werden wir in Zukunft das Gewächshaus für den kommerziellen Anbau von tropischen Früchten nutzen? (Symbolfoto) © tamu1500/Shutterstock.com

TESTANBAU

Tropische Früche aus Deutschland

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 28.10.2020 - 11:44

Ralf Schmitt betreut das Tropenhaus am Rennsteig in dem Örtchen Kleintettau. Das große Gewächshaus - dass man sogar in Brüssel kennt und fördert - ist CO2- neutral gebaut.  Es handelt sich um ein EU-Forschungsprojekt für den kommerziellen Anbau von Tropenfrüchten in Europa. In der näheren Umgebung produzieren drei Glasfabriken Verpackungsglas - von einer bezieht Ralf Schmitt Abwärme. Durch eine 500m lange Wasserleitung wird die benötigte Wärme zum Gewächshaus gebracht. Früher wurde die Abwärme einfach nach außen geblasen, seit fünf Jahren versorgt sie tropische Pflanzen im Testanbau - und das erfolgreich. Dass die Abwärme durch den Rauchfang geblasen wird, war ökologisch nicht vertretbar, auch wenn es nur um Niedrigtemperatur-Abluft unter 50°C geht.

Das Gewächshaus unterscheidet sich nur durch ein Spezialglas am Dach von anderen handelsüblichen Gewächshäusern. Das Spezialglas mit einem Facettenschliff sorgt dafür, dass das Licht wie bei einem Prisma mehrmals bricht und einen natürlichen Treibhauseffekt zum Aufheizen schafft. Dadurch stehen Pflanzen ein höheres Lichtspektrum zur Verfügung. Bei den Kaffeebäumen im Eingangsbereich konnten schon drei Kilo Kaffeebohnen geerntet werden, allerding wurde sie per Hand bestäubt und geerntet. Komplett bio, aber wirtschaftlich ist das (noch) nicht. Als Anschauungsobjekte bei Führungen, um zu erklären, wie der Schnitt und Anbau in den Tropen abläuft, sind sie hilfreich. Die Luftfeuchte beträgt 70%, die Temperatur angenehme 25°C und so wachsen Papaya, Guave, Maracuja, Jackfrucht und Sternfrucht richtig gut. Die Passionsfrüchte können im tropenhauseigenen Laden von Besuchern, Anwohnern oder Hoteliers gekauft werden. Am pflegeintensivsten ist die Maracuja, während Sternfrucht, Papaya und Guave neben guter Pflege nur viel Pflanzennahrung brauchen. In den Tropen herrschen andere Lichtverhältnisse, die in Deutschland nicht umsetzbar sind und eine entsprechende Beleuchtung wäre betriebswirtschaftlich nicht rentabel. Aber mit ein wenig Geduld konnten sich die Tropenpflanzen an unseren Jahreszeiten gewöhnen. Ein weiteres Forschungsprojekt sind dicke Bananenstauden in Kübeln. Auch wenn man gleich an Ess-Bananen denkt, geht es hier um die Gewinnung von Bananenseide, die aus dem Stamm gewonnen wird. Diese ist ökologisch wertvoll, ist aber bisher nur ein Abfallprodukt abgeernteter Bananenstauden. Auch hier ist die überschüssige, industrielle Abwärme eine Hilfe.

Nilbuntbarsche erzeugen den Dünger

Der Gärtnermeister Schmitt hat schon einiges ausprobiert und auch wieder verworfen. Die oberfränkische Erde war für Guaven, Sternfrucht und Co nicht wirklich geeignet und musste getauscht werden. Auch war klar, dass regionales Gemüse durch die vorhandene Temperautur und Luftfeuchtigkeit, nicht einfach angebaut werden kann. Ingwer, Galant und Kurkuma waren dann aber genau die richtigen Pflanzen für die warmen Temperaturen. Um eigenen Dünger verwenden zu können, wurden große Fischbottiche für Nilbuntbarsche gebaut, deren Ausscheidungen als Gießwasser genützt wird. Das 24 bis 26° warme Wasser ist für unsere heimische Fischwelt nicht geeignet, daher setzte man auf den Nilbuntbarsch. Weil nur das Abwasser mit den Nährstoffen für die Pflanzenzucht gebraucht wird, ist der Fisch eigentlich ein Abfallprodukt - der steht mittlerweile als Delikatesse auf fränkischen Speisekarten.  

Rund 200 Mal dürfte es in der EU, die Möglichkeit geben, Glashütten an Gewächshäuser anzudocken. Laut ihren Berechnungen könnten somit 3000 Hektar Gewächshausfläche betrieben werden. In Oberfranken können durch die Erfahrung und das neu gewonnene Wissen auf einem Viertel Hektar rund zehn Tonnen Tropenfrüchte herangezogen werden. Der Seniorchef Carl-August Heinz ist überzeugt, dass ein Anbau tropischer Früchte in Deutschland machbar sei.


Quelle: deutschlandfunkkultur