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Wurzelgemüse im Fokus

Ein Artikel von DI Ulrike Fassler | 04.02.2009 - 14:26

Lust auf violette Karotten? Am 15. Jänner 2009 wurde in der Landwirtschaftskammer NÖ (LK NÖ) in St.Pölten/NÖ in Zusammenarbeit der LK NÖ mit Bio Austria und dem Niederösterreichischen Gemüsebauverband ein Vortrags- und Informationstag unter dem Thema „Wurzelgemüsetag" veranstaltet. Die Fachveranstaltung war sehr gut besucht. Zahlreiche Vorträge von Fachspezialisten standen auf dem Programm.

Vielfalt von Wurzelgemüse
Prof. Dr. Peter-Jürgen Paschold vom Fachgebiet Gemüsebau der Forschungsanstalt Geisenheim/D stellte neue Sorten bei Karotten sowie deren Geschmack und deren Inhaltsstoffe vor.
DI Wolfgang Palme, Abteilungsleiter für Gemüsebau an der HBLFA für Gartenbau Schönbrunn/Wien präsentierte unter dem Vortragsmotto „Wurzelgemüse-Raritäten im Portrait: Anbau – Verwendung – Perspektiven" Wurzelgemüsesorten, die teilweise zu Unrecht ein Schattendasein führen.

Er motivierte durch eine illustrierte Präsentation von Sorten wie z. B. Pastinak, Wurzelpetersilie, Topinambur, Zuckerwurzel, Erdmandel etc. das Publikum zu innovativem Umgang mit der bereichernden Nutzungsvielfalt von Wurzelgemüse und wies auf dessen ernährungsphysiologischen und gesundheitlichen Wert hin.

Optimierung der Kulturführung
Kulturberater DI agr. FH Marc Neserke von Bolap, einer Gemüsebauberatungsfirma im Großraum Pfalz/D, klärte über Pilzkrankheiten von Karotten und deren Bekämpfung auf. Als Spezialist für Herbizidstrategien bei Karotten referierte Christof Flörchinger vom BASF. Er stellte die Vorteile der Mikroverkapselung des Produktes „Stomp Aqua“ vor, welches auch eine Anwendung in anderen Kulturen wie z.B. Kohlkulturen ermöglicht. Er präsentierte außerdem neue Techniken für die Optimierung von Pflanzenschutzmittelapplikationen im Gemüsebau.

Wie sich mit Düngungs- und Bewässerungssteuerung der Ertrag in Karottenkulturen bei möglichst ökonomischem Umgang mit den Wasserressourcen optimieren lässt, stellte Paschold, der zu Beginn des Beitrages als Spezialist für Karottenkulturen bereits erwähnt wurde, von der Versuchsanstalt Geisenheim/D anhand des Modells „Geisenheimer Steuerung“ vor.

Informationen: www.fa-gm.de;
www.agrowetter.de; http://www.helm-software.de/IRMA

Vermarktungsnormengesetz
Nach einer Überarbeitung des seit 1968 bestehenden Qualitätsklassengesetzes wird ab 1.Juli 2009 das Vermarktungsnormengesetz (VNG) an dessen Stelle treten. Ing. Günter Jessl vom Lebensministerium stellte in Vertretung von DI Michaela Schwaiger den neuen Aufbau des Gesetzes vor, welches sich vom Vorgängermodell unter anderem durch eine Ablösung der einstigen Klassen in Form von Normen unterscheidet. Sowohl die allgemeinen wie auch die speziellen Vermarktungsnormen wurden vorgestellt. Erfreuliche Änderungen wird es in der Vermarktung von Verkaufspackungen von frischem Obst und Gemüse geben, wonach die eins-tige Nettogewichtsgrenze von 3 kg auf 5 kg angehoben wird und generell mehr Mischungen möglich sein werden.

Informationen :www.agrarnet.at/article/archive/5167;
www.lebensministerium.at/article/archive/21487

PSM-Rückstände minimieren
Immer strenger werden die Maßnahmen bei Pflanzenschutzmittelrückständen im Gemüsebau. DI Josef Keferböck vom Referat Gemüsebau der LK NÖ hielt einen Vortrag zum Thema „Pflanzenschutzmittel-Rückstandsmonitoring und Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels an Gemüse in Bezug auf Pflanzenschutzmittelrückstände (PSM-Rückstände)". Für eine bessere Verständlichkeit der tatsächlichen Gefährdung des Konsumenten durch PSM-Rückstände erläuterte Keferböck einführend die Ausgangswerte ADI-Wert (acceptable daily intake – tägliche Aufnahmemenge, die lebenslänglich verzehrt werden kann) und ARfD-Wert (akute Referenzdosis). Diese werden als Basiswerte für die Festlegung der Höchstwerte von PSM-Rückständen herangezogen. Ein Sicherheitsfaktor von 100 (entspricht 10.000 % Sicherheit gegen gesundheitliche Gefährdung bei einer lebenslänglich verzehrten täglichen Aufnahmemenge) muss bei der Festlegung des ADI-Wertes eingehalten werden. Seit 1.September 2008 wurden die Höchstwerte (MRL) für PSM EU-weit harmonisiert. Die Werte sind ersichtlich unter:
http://ec.europa.eu/sanco pesticides/public/index.cfm
Zahlreiche Lebensmitteleinzelhandelsketten haben verschärfte Qualitätssicherheitsprogramme eingeführt und eigene Standards entwickelt, um einstigen negativen Meldungen in den Medien werbewirksam entgegenzutreten. Der maximale Rückstandslevel (MRL) bildet laut Keferböck ein gutes Fundament für die Unbedenklichkeit von Obst und Gemüse für den Konsumenten.

PSM-Monitoring durch LK
Die LK NÖ, Referat Gemüsebau plant daher seit 2008 ein bundesweites PSM-Rückstandsmonitoring, wobei das Projektziel unter anderem darin besteht, Pflanzenschutzstrategien in der Produktion zu optimieren. Durch die Erstellung eines anonymen Datenpools und Auswertung der Ergebnisse sollen Risikokulturen und Risikowirkstoffe aufgedeckt werden. Eine Vernetzung mit anderen Institutionen soll eine Optimierung in der Beratung der Gemüseproduzenten ermöglichen. Intention der LK ist es, zukünftig anhand der Auswertung der Rückstandsdaten sinnvolle Pflanzenschutzstrategien entwickeln zu können, um somit den leichtfertigen Umgang mit PSM zu minimieren. Hierfür ist eine Vergrößerung des Probenpools notwendig und eine intensive Zusammenarbeit mit Landwirten, Händlern und Organisationen notwendig.

Interessenten an einer Datensammlung für das Rückstandsmonitoring mögen sich melden:
Mail: josef.keferböck@lk-noe.at

Wurzelgemüse auf dem Biomarkt
Wie es sich derzeit mit der Vermarktung von biologisch erzeugtem Wurzelgemüse auf dem Markt verhält, erläuterte Johann Ackerl von Pur organic products/NÖ, wonach sich die Situation bei Wurzelgemüse auf diesem Sektor als sehr schwierig gestaltet, da die Konkurrenz aus dem Ausland zu hoch ist.

Wie man für die Vermarktung von biologischem Wurzelgemüse in Österreich dennoch eine erfolgreiche Nische finden kann, berichtete Stefan Zoubek vom Biohof Adamah aus Glinzendorf/NÖ. Der Betrieb ist erfolgreich durch Direktvermarktung von Obst- und Gemüse. Zoubek stellte außerdem die biologische Kulturführung auf seinem Hof vor.

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© Fotorechte: Pieter Bleeker

Unkrautvermeidungdurch Kompostsämaschine
Ein besonderes Highlight stellte sicher der Abschlussvortrag von Pieter Bleeker von der Uni Wageningen/Nl dar. Bleeker eröffnete dem Publikum neue Techniken in der Unkrautvermeidung. Er stellte die Entwicklung einer neuen Sämaschine vor. Das aktuellste Modell wurde 2007 entwickelt.
Dieses ermöglicht es, die Säschlitze effektiv in der angemessenen Schichtstärke mit Kompost abzudecken, um somit das leidige Unkrautproblem bei Wurzelgemüse erfolgreich und außerdem natürlich ohne Einsatz von Spritzmittel in Schach zu halten.