Obwohl er keine Bio-Förderungen erhält, werden bei Merschl Paradeiser höchster Qualität ohne Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hergestellt.
Der Familienbetrieb hat seine Ursprünge bereits im Jahr 1899, als er in Kagran gegründet wurde. Im Jahr 1971 erfolgte dann die Absiedlung auf den heutigen Standort in die Wolfgang Mühlwangerstraße in der Donaustadt/Wien. Merschl, der seine Ausbildung in Schönbrunn erfahren hat und den Betrieb seit 1996 leitet, entschloss sich bald zur Vergrößerung seiner bis dahin 9.200m€ großen Produktionsstätte, was zur Errichtung eines riesigen Glashauses im Jahre 2005 führte. Dort werden ausschließlich Rispenparadeiser produziert.
Mut zur Expansion
Der mutige Erweiterungsschritt war für Merschl die einzige Möglichkeit: „Bis zum EU-Beitritt wurden in der Hochsaison keine Tomaten importiert. Das hat sich danach stark geändert, sodass kleinere Betriebe am Markt keine Chancen mehr haben. Daher sind wir vor der Alternative gestanden: Ausbauen oder in ein paar Jahren zusperren".
Der 40-Jährige hat sich für Ersteres entschieden und mit der Erweiterung gleich einen kräftigen Modernisierungsschub verbunden. € 4,5 Millionen hat er für das 30.000 m² große Glashaus und die technische Einrichtung investiert. Das sind natürlich beträchtliche Investitionen, aber Merschl ist davon überzeugt, dass dadurch die Personalkosten langfristig drastisch gesenkt werden. Und er hat noch immer nicht genug: In absehbarer Zeit will er die alten Anbauflächen, auf denen momentan noch bunte Paprika produziert werden, schleifen lassen und seine Glashausfläche für Tomaten verdoppeln. Die Infrastruktur ist bereits jetzt auf diesen Schritt ausgerichtet.
Absatz in Kooperation
Abgesetzt werden Paprika wie Paradeiser über die LGV, mit deren zentraler Sortierung Martin Merschl sehr zufrieden ist. Sein Betrieb beschäftigt momentan elf Mitarbeiter, eine Zahl, die in der Hauptsaison auf 18 anwachsen wird. Was bislang fehlt, ist ein gelernter Betriebsleiter, nach dem Merschl noch sucht.
Für 2007 wird eine Produktion von 1,8 Mill. Kilogramm Rispenparadeisern angepeilt. Im Vorjahr lag man noch etwas darunter. Nach wie vor gilt es, die Effizienz in der Produktion zu steigern und die Kosten zu minimieren. Rispenparadeiser sind laut Merschl längst kein Nischenprodukt mehr: „Wir sind am Plafond angelangt“. Er wünscht sich, „dass so viel wie möglich vom Jahres-Pro-Kopf-Verbrauch über heimische Ware abgedeckt wird“. Die Qualität seiner Rispenparadeiser ist hoch, Ausschuss daher eine Seltenheit. Grund dafür ist sein nach modernsten Richtlinien erbautes Glashaus. Vergangenes Jahr machten ihm aber die hohen Temperaturen im Sommer etwas zu schaffen.
Preise problematisch
Wie für alle seine Kollegen sind auch für Merschl die heimischen Marktpreise zu niedrig angesetzt, aber auch dafür hat er einen Lösungsansatz: „Wir müssen die Handelsketten davon überzeugen, dass unser Produkt sein Geld wert ist und man es qualitativ nicht mit ausländischer Ware vergleichen kann“. Er tritt auch vehement für Kostenwahrheit beim Transport ein. Die größten Herausforderungen sind die Heizkosten, welche allerdings schwierig zu senken seien, „eventuell ist eine Wärmekraftkupplung wie in Holland möglich“.
Sauberer Strom
Schon jetzt werden in dem Betrieb in der Wolfgang-Mühlwangerstraße die Abgase der Kesselheizung zur Düngung herangezogen, ein Verfahren, das beinahe CO2-neutral ist. Mit einer Wärmekraftkupplung könnte man dann neben der Wärme und den Abgasen auch Strom aus dem Heizprozess nutzen: „Dieser Strom wäre sauberer als jedes E-Werk“. Derzeit seien die Einspeistarife für erzeugten Strom aus einem mit Erdgas betriebenen BHKW (Blockheizkraftwerk) allerdings zu niedrig, um so ein BHKW wirtschaftlich betreiben zu können – ein klarer Auftrag an die Politik, dies zu überdenken, so Merschl.
Ernte rund um die Uhr
Von Anfang Jänner bis Mitte November wird in Merschls Glashäusern an den Tomaten gearbeitet. Die beinahe tägliche Ernte beginnt dann im April. Vor dem Ernten sind Pflegearbeiten angesagt: Die Blätter werden entfernt und die Rispen gezwickt.
Tanks zur Bewässerung
Bewässert wird wie üblich mittels Tropfern. Das Wasser wird über Rinnen abgeleitet und mit UV-Licht für die Wiederverwendung desinfiziert. Genutzt wird Brunnenund Regenwasser bzw. ein Verschnitt aus beidem. Insgesamt gibt es im Glashaus sieben große Tanks: Drei Tagestanks, zwei für die Desinfektion, sowie jeweils einen für Brunnenund Regenwasser.
Pflanzenschutz mit Nützlingen
Hummeln, die in Boxen ins Glashaus eingebracht werden, besorgen die Bestäubung der Paradeiser. Gegen Schädlinge sind zahlreiche Nützlinge im Einsatz, z.B. die Encarsia-Schlupfwespe gegen die weiße Fliege. Da Nützlinge verwendet werden, sind auch Gelbtafeln in Merschls Glashaus unverzichtbar.
Die wohl wichtigste Maßnahme im Kampf gegen die Schädlinge und Pilze sind die konstanten Temperaturen: Über den ganzen Produktionszeitraum wird eine Tagestemperatur von 21°C und eine Nachttemperatur von 18°C aufrecht erhalten. Ziel ist es, die Luftfeuchtigkeit im Glashaus (die Steherhöhe beträgt 5,75m) möglichst gering zu halten. Die Tomatenblätter werden am Standort kompostiert, die Stauden werden nach der Rodung von den Bundesforsten übernommen.
Arbeitserleichterung durch Vollautomatisierung
Bei einem Rundgang durch den Betrieb fällt als Erstes das vollautomatische Transportsystem auf. Die an Schnüren erzogenen Paradeiserpflanzen werden bis auf Griffhöhe heruntergelassen, um sie leicht abschneiden zu können.
Die geernteten Rispen kommen in Wägen, die in ein Kettenband im Boden eingehängt und so in die Verladehalle zur ebenfalls vollautomatischen Wiegeeinrichtung transportiert werden. Dieses Fördersystem ist derart durchdacht, dass die Wägen, auf denen die Steigen mit dem geernteten Gemüse transportiert werden, man dort exakt bremsen kann, wo man sie gerade benötigt. Das anschließende Reinigen, Binden und Etikettieren erfordert nur drei Mitarbeiter. Die Palettisierung erfolgt wieder automatisch.
Anders als Bio
Merschl sieht sich als umweltschonenderer Produzent als so manche Bio-Kollegen: „Erde ist niemals so sauber wie freies Substrat“. Mit der von ihm verwendeten Technologie sei es möglich, vollkommen bedarfsgerecht zu düngen: „Kein Gramm Dünger geht verloren“. Außerdem werde das Grundwasser bei Erde-Kultur viel mehr beeinträchtigt, Merschl hingegen kann vollkommen H2O-neutral arbeiten. Da er, wie eingangs erwähnt, auch keine Pflanzenschutzmitteln benutzt, versteht Merschl die Bio-Richtlinien nicht: „Bei einer Feingemüseproduktion ohne synthetische Dünger müssten wir in Österreich bis auf sechs Wochen im Jahr alles importieren – und Import bedeutet wieder Schadstoffbelastung“.
Daten & Fakten
Infrastruktur
Wolfgang Mühlwangerstraße, Donaustadt/Wien
Absatz
LGV-Frischgemüse Wien
Absatz
Tomaten, Paprika über LGV-Frischgemüse Wien
Betriebs-Info
Betriebsführer:
Martin Merschl, seit 1996
Betriebsgründung:
1899 in Kagran
Erneuerte Fläche:
30.000 m² Gewächshaus
Kulturen:
Tomaten, Paprika