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Mehr Licht

Ein Artikel von Ing. Gerald Stiptschitsch | 18.03.2005 - 14:32
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Entwicklungen für eine bessere Lichtausbeute im Gewächshaus beschränken sich längst nicht mehr auf die Materialien Glas und Folie, sondern auch auf verschiedene Oberflächen, Strukturen bis hin zu „lichtdurchlässiger Schattierfarbe“. Gewächshaushersteller und Zubehörfirmen versuchen die Lichtausbeute weiter zu erhöhen, wobei nur noch Spielräume in wenigen Prozenten möglich sind.
Anstrengungen mit schmalen Rinnen, großen Scheiben, Reduzierung aller technischen Einrichtungen und Verminderung des Schattenwurfs sollen einen größtmöglichen Lichteinfall ins Haus garantieren.

Zusätzliche Folien ohne Lichtverluste. Während die einen Firmen Entwicklungen in höhere Lichtausbeute und damit auch geringere Kosten und größere Pflanzenqualität anstreben, haben sich andere Energieeinsparungen bei gleichbleibender Lichtdurchlässigkeit zum Ziel gesetzt.
Dazu zählt Hoeven Group, s´Gravenzande/NL, die mit der Firma 3M eine Folienbeschichtung für die Unterseite des Glases entwickelte. Diese soll den Heizaufwand um 3 % verringern und verhindert bei Glasbruch, dass Splitter herunterfallen – ohne dass die Lichtintensität dadurch beeinträchtigt wird.

Schattierung und doch größtmöglicher Lichteinfall. Neu am Markt ist die Schattierfarbe „ReduHeat“ von Mardenkro, Baarle-Nassau/NL, die als zähflüssige Paste in 15 kg-Kübeln erhältlich ist. Sie reflektiert zwar Infrarotlicht, lässt aber gleichzeitig photosynthetisch wirksame Strahlung (PAR = Photosynthetically Active Radiation), die für den Stoffaufbau benötigt wird, durch – laut Angabe der Firma 25 % mehr gegenüber des herkömmlichen Schattieranstriches „ReduSol Xtra“.
Die Farbe, die klassische Kreide-Schattiermittel ersetzt, eignet sich vor allem bei Kulturen von Rosen, Alstroemerien und Freesien, die hohen Lichtbedarf bei gleichzeitig niedrigem Temperaturoptimum besitzen. Bei gleicher Wärmeabwehr gegenüber herkömmlichen Mitteln lässt ReduHeat 25 % mehr wachstumsförderndes Licht der Wellenlänge 400 – 700 nm durch. Auch um ein diffuses Licht zu erhalten, kann die Farbe am Glas aufgebracht werden und erzeugt damit ein gleichmäßigeres Klima.
Entfernt wird die verschleißfeste Schattierfarbe mit ReduClean, ebenfalls bei Mardenkro erhältlich. Hier reicht ein Abregnen aus. Da beide Mittel nicht umweltbelastend sind, können sie in Holland dem Oberflächenwasser zugeführt werden.
Wichtig: ReduClean ist nur für die Entfernung von ReduSol Xtra und ReduHeat geeignet, womit das Glas auch sauber gemacht wird. Für die gründliche Reinigung von Glas vertreibt Mardenkro den Glasreiniger GS-4, der nach dem Aufbringen und einer Einwirkzeit mit viel Wasser abgetragen wird. Dabei werden Verschmutzungen wie Ruß, Staub und Algen entfernt. Das Mittel enthält keine Fluorwasserstoffsäure, die als umweltbedenklich gilt. Zudem wirkt diese Säure aggressiv und raut die Glasoberfläche auf, so dass sich Schmutz wieder schneller festsetzen kann. GS-4 ist dagegen auf Ammoniumbifluorid-Basis und verwandelt sich mit Wasser zu dem für den Boden unbedenklichen Stoff Ammon-Hexafluorsilikat.

Regulierende Farbe. Farball, Etten-Leur/NL, brachte 2003 die Schattierfarbe „Nixol“ auf den Markt, die den Lichteinfall selbstständig reguliert. Starke Sonneneinstrahlung wird wie gewohnt reflektiert, bei Regen hingegen wird die Farbe fast durchsichtig und lässt somit mehr Licht durch. Die Farbe lässt sich mit der Rückenspritze auf Glas oder Folie aufbringen und ist absolut wasserfest. Entfernt wird sie mit handelsüblichen Glasreinigern und einer Bürste.

Saubere Scheiben = Lichtgewinn. Oft helfen für eine Erhöhung des Lichteinfalls die besten Konstruktionen und Materialien nichts, wenn durch Ablagerungen Glas und Folie verschmutzt sind.
Niederschläge, Partikel aus der Luft und sogar Algen können einen hartnäckigen Schmutzfilm bilden, was sich vor allem im Winterhalbjahr extrem negativ auf die Wuchsleistung der Kulturpflanzen auswirkt. Verschmutzte Scheiben können Lichteinbußen von 10 % zur Folge haben.
Einige Firmen haben sich daher auf Reinigungsmaschinen für Ge-wächshäuser spezialisiert.
Vika, Apeldoorn/NL, hat mit „Roofmaster“ ein Gerät im Angebot, das in leichter Aluminiumbauweise für Venlohäuser konstruiert wurde und automatisch über die Dächer fährt. Mittels Rollen bewegt sich die Maschine, die sich nur für größere Anlagen lohnt, in den Rinnen vorwärts und reinigt die Scheiben mittels zwei Bürstenwalzen und Wasser. Gleichzeitig kann auch aufgebrachte Schattierfarbe vollständig entfernt werden.

Handbürste. Für kleinere Gewächshausanlagen bieten sich Handgeräte an, die beispielsweise von Van der Helm Pijnacker b.v., Den Haad/NL, vertrieben werden.
„H2O Borstel“ ist das Grundgerät mit einer Arbeitsbreite von 67 cm und einem Gewicht von 8,5 kg. Das Gerät, das per Hand über die Scheiben geführt wird, besteht aus walzenförmigen Kunststoffbürsten, die durch einen Wassermotor und den Druck von 120 bar angetrieben werden.

Oberfläche versiegeln. Damit Scheiben nicht so rasch verschmutzen, bietet H. Weterings, ´s-Gravenzande/NL, mit „Wetralux“ eine Möglichkeit, um die mikroskopisch kleinen Unebenheiten der Glasoberfläche zu versiegeln. Damit entsteht eine absolut glatte, wasserabstoßende Fläche, auf der sich Schmutzpartikel schwer festsetzen können und mit Wasser bzw. Regen leicht weggespült werden. Damit werden die Intervalle einer Reinigung verlängert und Kosten reduziert.
Durch die zusätzliche Schicht wird laut Hersteller die Lichtdurchlässigkeit nicht beeinflusst.

Schattiergewebe auf Tischhöhe. Große Probleme bereiten immer wieder Schattiergewebe, die – wenn sie nicht im Einsatz sind – als Gewebepakete im Dachraum hängen und damit wertvolles Licht absorbieren und Schatten werfen. Dabei kann man mit einem Lichtverlust von 5 bis 8 % rechnen.
Ein neues System hat ACL Protections, Etten-Leur/NL entwickelt, bei dem sich die im Ruhezustand befindlichen Gewebebahnen am Fuß der Stehwände befinden.
Erst wenn die Schattierung in Betrieb genommen wird, wird das Gewebe mittels Antriebsketten in einer Führungsschiene über die Stehwände nach oben in den Dachbereich geleitet.
Ungewöhnlich: Zwei Bahnen befinden sich an den Stehwänden pro Binderfeld gegenüber. Sie werden, sobald sie in Betrieb sind, über die Hausmitte, wo die Bahnen zusammentreffen, übereinander bis zur gegenüberliegenden Rinne weggeführt. Damit befinden sich im geschlossenen Zustand zwei Tuchbahnen übereinander und auch die Stehwände sind geschirmt. An einer Weiterentwicklung wird gearbeitet, da durch die Installationen dieses neuen Systems deutlich mehr Kosten gegenüber herkömmlichen anfallen.

Bessere Lichtdurchlässigkeit. Mehr Licht im Gewächshaus verspricht die neue F-Clean-Membran, die 94 % lichtdurchlässig ist und damit 4 % über normal gehärtetem Glas und 20 % über herkömmlichen Folien liegt. Sie ist etwas teurer als Glas, kann jedoch rascher montiert werden, wodurch die Einbaukosten reduziert werden.
Entwickelt wurde das Produkt in Japan, das von Asahi Glass Europe, Amsterdam/NL, vertrieben wird.
Die Folie ist schwer brennbar und aufgrund ihrer geringen Oberflächenhaftung selbstreinigend, da Regen Schmutzpartikel leicht abwäscht und Schnee abgleitet. Zudem weist die Membran eine minimale Kondenswasserbildung auf und die Antitropfeigenschaft ist hervorragend. Hinzu kommt, dass die Folie nach 17 Jahren nur 1,8 % ihrer Lichtdurchlässigkeit verliert.

Beschichtetes Glas. Durch eine spezielle Glasbeschichtung lässt sich ein höherer Lichteinfall erzielen. Licht, das auf die Scheibe fällt, wird teilweise reflektiert und ist für die Pflanzen verloren. Nur ein Teil gelangt ins Gewächshausinnere und ist dort für die Pflanzenv erfügbar. Ein geringer Teil wird zudem absorbiert.
Die Beschichtung ändert die Oberflächenstruktur und erhöht damit den möglichen Lichteinfall, da weniger Licht reflektiert wird.

Neues Dach in der Praxis. Auch bei der Glaskonstruktion selbst versucht man, das reflektierende Licht so gering wie möglich zu halten.
2002 brachte GE Advanced Materials Specialty Film & Sheet, Bergen of Zoom/NL, die erste Lexan ZigZag-Polycarbonatplatte auf den Markt, die vergangenes Jahr erstmals in der Praxis zum Einsatz kam.
Die neuartige Konstruktion übertrifft sowohl die Lichtdurchlässigkeit von Einscheibenglas als auch die Wärmedämmung einer Doppelverglasung.
Die hohe Lichtdurchlässigkeit erfolgt durch die Doppelwand, die Licht ins Gewächshaus zurück reflektiert und so den Lichtverlust durch die Doppelwand kompensiert. Die Struktur der Platten lässt auch einen früheren und längeren Lichteinfall gegenüber flachen Dachplatten zu. Das ist vor allem dann entscheidend, wenn die Sonne von November bis März niedrig steht und die von Norden nach Süden verlaufenden Kanäle der Platten 6 – 8 % mehr Licht als Venlo-Einscheiben-Dachsysteme durchlassen.
Gleichzeitig hält die Doppelwand 45 % mehr Wärme gegenüber Einscheibenglas zurück. Laut Hersteller sind damit jährliche Energieeinsparungen von 15 bis 40 % möglich.

Künstliches Licht. Bei der künstlichen Beleuchtung strebt man nach höherer Lichtausbeute bei gleichzeitig geringerem Energieverbrauch. Aktuelle Entwicklungen gehen auf Basis einer elektronischen Vorschaltung, wobei die Lampen stabiler brennen und damit auch eine höhere Lebensdauer aufweisen. Die Reflektoren der Lampen werden für eine bessere Lichtverteilung erneuert, die Reflektion wird durch ein weißes Gehäuse zusätzlich unterstützt.
DHLicht, Wülfrath/D, bietet verschiedene hochwertige, leistungsstarke Pflanzenleuchten für die Gewächshauskultur an, darunter SON-K 600 (400 Volt/600 Watt) mit einem Lumen von 88.500 und einem Gewicht von 11,5 kg. Dieser besitzt, wie die anderen Modelle, einen neuen, effektiven und energiesparenden Reflektor aus Reinstaluminium (99,98 %) mit 95 % Reflektion.

Hintergrund-Info

Vor- und Nachteile von ZigZag-Platten:
Seit vergangenem Jahr sind Lexan ZigZag-Platten auch in der Praxis im Einsatz. Höhere Anschaffungskosten machen sich jedoch durch Einsparungen weniger Jahre wett.
• Bei höherem Lichteinfall von – vor allem im Winter – 2 bis 8 % lassen sich 45 % mehr Wärme zurückhalten, wodurch eine jährliche Energieeinsparung von mindestens 15 % erzielt werden kann.
• Durch UV-Schutz verringert sich die Lichtdurchlässigkeit der Platten nach zehn Jahren um nur maximal 2 %.
• Mit 4 kg/m² sind die Platten nur halb so schwer wie Glas (10 kg/m2), daher keine Trägerprofile erforderlich.
• Die Platten besitzen eine hohe Bruchsicherheit, die Dächer sind begehbar.
• Es besteht eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Hagel. Bei 20 mm großen Hagelkörnern mit einer Geschwindigkeit von 21 m/s entstehen keine Schäden (Glas zerbricht bei 7 m/s). Damit verringert sich die Prämie bei der Versicherung (geringeres Risiko).
• Der Preis von rund 30 Euro/m² ist erheblich teurer (Glas 4 bis 10, Stegdoppelplatten bis 20, Doppelverglasung bis 22 Euro/m², was durch die vielen Vorteile jedoch nach wenigen Jahren wieder ausgeglichen ist.

Strahlung
StrahlungWellenlänge (mm)Beschreibung
Globalstrahlung330 - 2.300Solare Energiezustrahlung auf der Erdoberfläche
UV-Strahlung330 - 400Auf der Erdoberfläche vorkommende, im Pflanzenaufbau physiologisch wirkende Strahlung
PAR-Strahlung400 - 700Photosynthetisch wirkende Strahlung
IR-Strahlung700 - 2.500wirkt wärmend auf die Pflanzen