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Ragweed, oder Ambrosia, ist ein hochallergener Neophyt in Österreich © Peter Gudella/Shutterstock.com

Forschung

Invasive Arten schädigen schneller als Naturkatastrophen

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 25.04.2023 - 08:03

Neobiota, also Pflanzen und Tiere, die aus ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in andere Bereiche verbracht werden, können harmlos für die heimische Flora und Fauna sein. Sie können aber auch massive Auswirkungen haben und zu großen Schäden führen. Wie groß diese sein können zeigt eine Studie im Fachjournal „Perspectives in Ecology and Conservation“ an der auch Biodiversitätsforscher Franz Essl (Universität Wien, Department für Botanik und Biodiversitätsforschung) arbeitete.

Mehr Bewusstsein schaffen

Ein Beispiel invasiver Arten für Mitteleuropa ist Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) mit stark allergenen Pollen oder der Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera) sowie die beim Imkern gefürchtete Varroa-Milbe. „Einige gebietsfremde Arten werden für heimische Arten zum Problem - als Räuber, Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum oder Überträger von Krankheiten“, so Essl. Im Gegensatz zu den Naturgefahren wie Erdbeben und Überschwemmungen ist das Bewußtsein für die Gefahr durch eingeschleppte Arten noch gering. Investitionen zur Bewältigung der Neobiota sind stark unterfinanziert, wie die Studie feststellte.

Daher haben sich die Wissenschafter im Team mit den entstehenden Kosten durch invasive Arten beschäftigt, sie kalkuliert und mit denen von Naturkatastrophen verglichen. Zwischen 1980 und 2019 verursachten fremde Arten einen Schaden von 1.208 Mrd. US-Dollar gegenüber 1.913,6 Mrd durch Stürme und ca. 1.100 Mrd. jeweils durch Erdbeben und Überflutungen. Die Schäden durch Neobiota liegen zwar niedriger als diejenigen durch Stürme und etwas über Erdbeben und Überflutungen, aber auch um vieles höher als durch Dürren, Waldbrände und andere Naturkatastrophen.

Schäden durch invasives Ragweed in Österreich

Ein konkretes Beispiel für Österreich ist eine Studie aus 2012 zu den direkten durch Ragweed in Deutschland verursachten Kosten. Sie beliefen sich damals auf mindestens 827 Mio Euro jährlich (z. B. durch Allergiebehandlungen und krankheitsbedingte Fehlzeiten). In Österreich ist die invasive Art häufiger und hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich ausgebreitet, daher lasse sich näherungsweise (und bewußt konservativ) ein Minimum von ca. 80 Mio Euro jährlich für Österreich abschätzen, so Essl.

Überrascht vom Ergebnis zeigte sich auch Co-Autor Philip Haubrock (Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt). Die Schäden invasiver Arten seien seit der Jahrtausendwende gegenüber dem Zeitraum 1980 bis 1999 um 700 % angestiegen. Der Anstieg lag damit viel höher als bei den Kosten durch Naturkatastrophen. Eine frühzeitige Identifikation ist entscheidend und müssen noch besser vor dem Hintergrund das Klimawandels funktionieren. Nationale Gesetze müssen die seit 2015 gültige EU-Verordnung zu invasiven Arten ergänzen.

Essl wünscht sich in Österreich eine „deutlich ambitionierte Umsetzung“ der EU-Verordnung. Dafür wären nicht nur die Bundesländer sondern auch Behörden wie der Zoll (zuständig für die phytosanitären Inspektionen von Importen) wichtig. Für proaktive Maßnahmen wie Importkontrollen und rasche Bekämpfung neu eingeschleppter Arten brauche es deutlich mehr Ressourcen.


Quelle: aiz.info