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Extensive Dachbegrünung entwickelt mit der Zeit ein Gleichgewicht der Pflanzengesellschaft © Ellyy/Shutterstock.com

Gründach

Kontrolle über die Dynamik

Ein Artikel von Denise Wachschütz | 03.04.2025 - 09:17

Dachbegrünung erfreut sich wachsender Beliebtheit, da das einst karge Bild unbegehbarer, gleichförmig begrüner Dächer durch moderne Konzepte und spezialisierte Unternehmen abgelöst wurde. Heute bieten verschiedene Arten der Begrünung vielseitige Erscheinungsbilder und Nutzungsmöglichkeiten, wobei sich vor allem zwei grundlegende Systeme unterscheiden: die intensive und die extensive Dachbegrünung. Bei der intensiven Variante wird das Gründach nahezu zu einem vollwertigen Garten, in dem Rasen, Blumen, Sträucher, Bäume sowie Gemüse und Obst angebaut werden können. Mit zusätzlichen Elementen wie Terrassen und Pergolen wird der Dachraum zu einem attraktiven Freiraum, der allerdings einen aufwändigeren Substrataufbau erfordert. Dieser führt zu einer höheren statischen Belastung des Bauwerks und macht einen intensiveren Pflegeaufwand notwendig, der aber auch dazu beiträgt, unerwünschte Entwicklungen in der Vegetation zu verhindern.

Im Gegensatz dazu steht die extensive Dachbegrünung, die auf widerstandsfähige, bodendeckende Pflanzen setzt, die sich an extremen Witterungsbedingungen wie Hitze, Trockenheit und Wind orientieren. Obwohl diese Variante weniger Aufbau- und Erhaltungskosten verursacht, ist auch hier eine regelmäßige, wenn auch geringfügigere Pflege unerlässlich, um einer natürlichen Sukzession und dem Überhandnehmen ungewollter Pflanzenarten entgegenzuwirken.

Die Vegetation bewusst leiten

Unabhängig von der gewählten Begrünungsart unterliegt die Vegetation einem natürlichen Sukzessionsprozess, der durch Faktoren wie den Schichtaufbau, Standort, Dachausrichtung und klimatische Bedingungen beeinflusst wird. Mit fortschreitender Zeit passen sich die Pflanzen an die wechselnden Jahreszeiten und Witterungsbedingungen an, was zu einer Veränderung der ursprünglichen Pflanzenarten und häufig auch zum Eindringen fremder Arten führt. Diese Entwicklung kann, wenn sie unbeaufsichtigt bleibt, das gewünschte Erscheinungsbild des Gründaches verändern und sogar bauliche Probleme verursachen. Dabei können Planungsfehler, wie eine unpassende Pflanzenauswahl oder ein nicht optimal abgestimmter Substrataufbau, als Ursache für das dominante Wachstum einzelner Arten dienen und durch mangelnde Entwässerung oder falsche Nährstoffversorgung weiter verschärft werden.

Um das Gründach in die gewünschte Richtung zu lenken, sind gezielte Maßnahmen und eine fachgerechte Pflege unabdingbar. Neben der regelmäßigen Bewässerung und dem Entfernen von unerwünschtem Bewuchs umfasst die Pflege auch das Nachsäen, Nachpflanzen und die Kontrolle technischer Komponenten wie Dachabläufe und Kontrollschächte. Der richtige Einsatz technischer, leichter Substrate mit hoher Wasserkapazität und guter Drainage bildet dabei die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der Vegetation, die sich idealerweise der natürlichen Sukzession überlässt und langfristig stabil bleibt.

Solaranlagen und Begrünung

Es muss keine Entscheidung zwischen Dachbegrünung und Photovoltaik-Anlage gefällt werden. PV-Anlagen können entweder gleich in der Planung mit Gründächern kombiniert oder auf bereits bestehenden Gründächern eingebaut werden. Genaue Informationen zu PV-Anlagen auf Gründächern lieferte DI Christian Oberbichler von der Dachgrün GmbH, Begrünungs- Fachmann und Leiter der ASI Arbeitsgruppe zur Dachbegrünung. Für die Dachbegrünung auf Solargründächern eignen sich demnach vor allem niedrig wachsende, sehr trockenheitsverträgliche Pflanzen, die zudem einen minimalen Pflegeaufwand bedeuten. Dazu zählen beispielsweise viele Sedum-Arten wie etwa der Mauerpfeffer, Kräuter wie der Feldthymian, die Felsennelke oder das Sonnenröschen. Im Normalfall sind bei extensiven Dachbegrünungen zwei Pflegegänge pro Jahr erforderlich, einmal im Frühling, einmal im Herbst. Sollen die – durch den teilflächigen Schatten und die unterschiedliche Niederschlagsverteilung geförderten – Kleinstlebensräume und ihre Fauna auf dem PV Gründach besonders berücksichtigt werden, dann können auch zusätzliche Pflegegänge sinnvoll sein, um etwa einen Rückschnitt nicht vollflächig in einem Zuge, sondern in Teilflächen zeitlich gestaffelt vorzunehmen. 

Harmonische Integration

Wichtig ist nach Oberbichler eine erhöhte Positionierung der PV-Module über dem Begrünungsaufbau – zumindest 30 cm - damit die Bepflanzung nicht die Leistung der Paneele durch Beschattung beeinträchtigt, sowie ein ausreichender Abstand von 65 cm zwischen den einzelnen Modul-Reihen. Damit wird der Eintrag von Licht und Niederschlag gewährleistet und die Reinigung der Module ebenso erleichtert wie die Pflege der Bepflanzung. Durchdringungsfreie, durch die Auflast des Begrünungsaufbaus gehaltene, also im Gründach integrierte PV-Aufständerungen sind hier der Stand der Technik und werden durch die Gartengestaltungs-Fachbetriebe im Zuge des Gründachbaus hergestellt.

Einen besonderen Vorteil bei Bestandsgründächern bieten hier vertikal aufgeständerte bifaziale PV-Systeme, welche den geringsten Eingriff für eine vorhandene Vegetationsgesellschaft bedeuten wie z. B. das SOLon System von Dachgrün. Das Gründach wird hier weitgehend gleichmäßig beregnet und von der Sonne beschienen, gleichzeitig liefert die PV-Anlage eine ausgeglichene Leistungsverteilung über den Tag. Es ist also die optimale Lösung für existierende Gründächer, um deren vielfältige positive Wirkungen und Funktionen für Klima, Umwelt, Nutzer und Bauwerk zu erhalten. Und auch die herkömmliche Gründachpflege ist weiterhin problemlos nahezu hindernisfrei möglich. Oberbichler ergänzt: „Wird bei Planung; Bau und Pflege von PV-Gründächern auf die Synergie von Natur und Technik abgestimmt, dann kommen die jeweiligen Vorteile der Systeme und die positiven Effekte der Kombination voll zum Tragen. So kommt es durch die Beschattung und die Regenwasserverteilung durch die PV-Module zu unterschiedlichsten Lebensräumen, wodurch die Biodiversität auf diesen Gründächern stark gefördert wird.“

Vernachlässigung hat Folgen

Versäumte oder gar keine Pflege bringt mehr schlechte Auswirkungen als kurzfristige Einsparungen und vor allem kostspielige Risiken. Zunächst wird sich die Vegetation höchstwahrscheinlich in eine unerwünschte Richtung entwickeln und ein verwahrlostes Bild vermitteln. Die anfangs bei einer nicht durchgeführten Pflege eingesparten Kosten können zu späteren hohen Folgekosten für die Erneuerung und Instandsetzung des Systems führen. Die Bausubstanz kann außerdem durch die unkontrollierte Vegetation beschädigt werden und weitere Kosten verursachen. Das Brandrisiko steigt durch die erhöhte Pflanzenmasse an und kann bei einem Brand zu zusätzlicher Gefahr führen. Das Substrat kann bei Vegetationslücken verweht werden und Abdichtungen freilegen. Zuschüsse und Kostenvorteile könnten bei Nichteinhaltung des Begrünungszieles zurückgezogen werden.