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Das Konzept der „Essbaren Stadt“ findet Anklang und inspiriert auch andere Städte zu ähnlichen Konzepten © Padmayogini/Shutterstock.com

Essbare Stadt

Pflücken und Naschen ist Teil des Konzepts

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 08.07.2021 - 13:20

Bereits 2010 ging Andernach in Rheinland-Pfalz über die „normalen“ Anforderungen der urbanen Begrünung hinaus und kreierte das mutige und unkonventionelle Konzept der „Essbaren Stadt“. Entlang der historischen Stadtmauer, auf einer ehemaligen Rasenfläche und Beeten mit Wechselbepflanzung, pflanzte man Gemüsebeete und Spalierobst an. Als essbare Gehölze dienen Apfel- und Birnbäume sowie Pfirsich, Granatapfel, Knackmandel, Mispel und Feige.

Kulinarik und Ästhetik gehen Hand in Hand

Im Startjahr lag der Fokus bei Tomaten, mehr als hundert verschiedene Sorten wuchsen in den Beeten, dann folgten jährlich einzelne Gemüse wie Bohnen und Zwiebeln. Es folgten Naschobstbeete und Hochbeete mit Salat und Kräutern in anderen Ortsteilen und Fußgängerzonen und bildeten einen öffentlich zugänglichen, sich durch die Stadt mäandernden Garten mit der offiziellen Erlaubnis zum Pflücken und Naschen.

Der urspüngliche Impuls kam vom Leiter des Sozialamtes und dem Oberbürgermeister, er wurde anfangs belächelt und kritisiert. Nach dem die ersten Erfolge erzielt wurden und das Projekt eine hohe Akzeptanz aufwies, verstummten die Kritiker aber bald, aktuell kommt von allen politischen Parteien Unterstützung. Die Pflege führt eine gemeinnützige Gesellschaft zur Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt unter Anleitung von Gartenbaumeistern und Agrarwirten aus.

Die Bevölkerung nimmt das Angebot gerne an, man engagiert sich auch beim Rebschnitt oder der Pflege des Spalierobstes, Vandalismus ist eine seltene Randerscheinung. Die meisten Bürger zeigen einen hohen Respekt vor den essbaren Nutzpflanzen. Besonders beliebt sind Naschobstsorten, Salate sowie Grünkohl und Karfiol werden komplett abgeerntet.

Neben dem kulinarischen Nutzen geht es den Akteuren aber auch um die Ästhetik in der Innenstadt, deshalb werden Gemüse und Gehölze so kombiniert, dass sie jahreszeitliche Gemeinschaften bilden. Das Thema Biodiversität ist sowohl bei Kombinationen als auch Pflege wichtig, es sollen Nischen für Insekten entstehen, auf den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz und Düngung wird verzichtet, eine Tröpfchenbewässerung soll in Zukunft die Ressourcen schonen.

Die Stadt hat bereits zwei Mal die Goldmedaille der „Entente Florale“ errungen und ihr Ziel, die Aufenthaltsqualität in der Stadt aufzuwerten, längst erreicht. Johannes Mader, bei der Stadt im Sachgebiet Umwelt und Nachhaltigkeit verantwortlich, hält das Konzept der 30.000 Einwohner Stadt durchaus auch auf größere Städte anwendbar.


Quelle: BdB