Die Pioniere der Schwimmteichbewegung hatten noch mit dem Image zu kämpfen, als „Grüne Spinner“ abgetan zu werden. Ein Tümpel mit „Schlingpflanzen“ – so die abwertende Bezeichnung für alles, was unter der Wasseroberfläche wächst – oder gar mit Fröschen und Kröten schien als Alternative zum mondänen Swimmingpool kaum vorstellbar. Für Naturliebhaber gab es den Feuchtbiotop im Garten, wo sich Fauna und Flora des nassen Elements beobachten ließen. Beides zu vereinen schien undenkbar.
Heute trennen den Schwimmteich keine weltanschaulichen Gräben mehr vom Swimmingpool. Ein tieferes Verständnis für die Prozesse der mikrobiologischen Wasserreinigung, Hand in Hand mit fortgeschrittener Technik erlaubt individuell angepasste Schwimmteich-Lösungen, vom formal gestalteten Wellness-Becken bis zum naturnahen Weiher. Die biologische Wasseraufbereitung ist als bewährte Alternative zum Einsatz von Chemie akzeptiert. Naturnähe ist nicht nur mehr ein Argument unter mehreren: Die Nebeneffekte des Chlors (Allergien, geringe Umweltverträglichkeit, Unfallrisiken), größere Gestaltungsfreiheit und nicht zuletzt der finanzielle Aspekt sprechen für Schwimmteiche.
Schwimmteichbauer hatten schon einige Jahre positive Erfahrung beim Bau privater Schwimmteiche sammeln können, als auch im öffentlichen und halböffentlichen Bereich Naturfreibäder, so genannte „Kleinbadeteiche“ entstanden. Die erste kommunale Anlage dieser Art in Europa wurde 1990 im oberösterreichischen Herzogsdorf in Betrieb genommen. Es handelt sich um einen 1.000 m² großen Einkammer-Teich ohne Technik, wobei die Hälfte der Wasseroberfläche als Regenerationszone ausgebildet ist.
Heute entscheiden sich immer mehr Gemeinden für einen Schwimmteich oder lassen ein bestehendes herkömmliches Freibad umgestalten. Auch Hotels, Wellness-Betriebe und Campingplätze bieten Badevergnügen in ungechlortem Wasser an.
Was sind Kleinbadeteiche?
Für den Bau von privaten Schwimmteichen ist lediglich die Bauordnung einzuhalten und eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen. Für den Betrieb und die Ausstattung öffentlicher und halböffentlicher Badeteiche gelten darüber hinaus das Bäderhygienegesetz und die Bäderhygieneverordnung als rechtliche Grundlagen.
Schwimmteiche und Naturfreibäder werden im Gesetz als „Kleinbadeteiche“ bezeichnet. Das sind künstlich angelegte, gegenüber dem Grundwasser abgedichtete Wasserkörper, die zum Baden bestimmt sind, und deren Oberfläche kleiner als 1,5 ha ist. Sie müssen entleerbar sein und können mit oder ohne technische Einrichtungen ausgestattet werden. Höchstens zwei Drittel der Wasserfläche dürfen zum Baden bestimmt sein, die mittlere Tiefe des Badebereiches muss mindestens 1,8 m betragen.
Die Bäderhygieneverordnung schreibt sowohl die erforderliche Wasserqualität für den Badebetrieb vor, als auch die Ausstattung mit sanitären Anlagen und Erste-Hilfe-Einrichtungen sowie die laufende innerbetriebliche Kontrolle. Ein wichtiges Kriterium für die Dimensionierung eines Kleinbadeteiches ist die Nennbelastung. Bis zu einer Größe von 1.500 m² muss pro Besucher ein Wasservolumen von 10 m³ zur Verfügung stehen. Bis 5.000 m² Wasserfläche sind 15 m³ erforderlich, darüber hinaus 20 m³ pro Badegast.
Als öffentlich gelten Badeteiche, wenn sie mindestens sechs Wohneinheiten zugeordnet werden. Die technischen Mindestanforderungen an Kleinbadeteiche sind in der Ö-Norm 6235 festgelegt.
Kleinbadeteiche ersetzen marode Freibäder
Für Deutschland zeigt eine Studie der Sportministerkonferenz, dass fast jedes zweite Freibad sanierungsbedürftig ist. Das hat seinen Grund im Bauboom der 70-er Jahre, in denen viele der kommunalen Bäder errichtet wurden, die sich nun dem Ende ihrer Lebensdauer nähern. Da die finanzielle Ausstattung der meisten Gemeinden heute nicht mehr so rosig ist, kommen eine Sanierung oder gar ein Neubau nicht mehr in Frage. Mit dem Ende dieser dezentralen Schwimmbäder geht auch ein Stück Lebensqualität in den vor allem ländlichen Gemeinden verloren.
Eine kostengünstige Möglichkeit, den Badebetrieb aufrecht zu erhalten ist die Umgestaltung der Freibäder in Kleinbadeteiche. Und auch bei der Neuplanung von Freibädern wird diese Variante immer häufiger gewählt. Es sind vor allem finanzielle Überlegungen, die den Ausschlag geben.
Die Badeanlagen- und Freiraumplaner Wagner & Weitlaner haben einen Vergleich der Errichtungs- und Betriebskosten von Naturschwimmbädern und konventionellen Freibädern veröffentlicht. Das Ergebnis spricht zu Gunsten der Kleinbadeteiche. Wagner & Weitlaner gehen von einer Nennbelastung von durchschnittlich 300 Besuchern pro Tag aus, gerechnet über die gesamte Badesaison. Die Errichtungskosten für ein Naturbad sind dabei um rund ein Drittel niedriger als die Errichtungskosten eines konventionellen Freibades (445.000 Euro gegenüber 705.000 Euro). Die jährlichen Kosten für den Betrieb des Naturschwimmbades betragen nur etwa 60 bis 70 % der Betriebskosten eines vergleichbaren Freibeckenbades (19.810 Euro gegenüber 34.710 Euro). Hierbei sind die Arbeitszeiten der jährlich durchzuführenden Vorbereitungs- und Saisonabschlussarbeiten ebenso berücksichtigt wie die Arbeitskosten für die laufende Unterhaltung und Pflege. (Siehe: „Kühles Nass für kühle Rechner“ – in: Der Schwimmteich 01/2005).
In den Vergleichszahlen nicht enthalten ist der höhere Platzbedarf eines Kleinbadeteiches, der sich aus der nicht für den Badebetrieb nutzbaren Regenerationszone ergibt. Naturfreibäder eignen sich deshalb in erster Linie für ländliche Gemeinden, wo es auf ein paar Quadratmeter auf oder ab nicht ankommt.
Schwimmteiche als Gästeattraktion
Für Hotels, Wellness-Betriebe und Campingplätze kommen neben dem finanziellen Aspekt noch weitere Überlegungen hinzu, wenn es um die Entscheidung für einen Schwimmteich geht. Dem Gast soll etwas Außergewöhnliches geboten werden, das er in vergleichbaren Betrieben nicht findet. Wo der hauseigene Swimmingpool Standard ist, bietet der Schwimmteich dieses gewisse Etwas. Mögliche Argumente sind:
- Die Wasserqualität. Ungechlortes Wasser fühlt sich „weicher“ an, trocknet die Haut nicht so aus und rötet die Augen weniger. Allergische Reaktionen bei chlorempfindlichen Badenden sind ausgeschlossen.
- Der sensorische Aspekt. Chlorwasser verbreitet einen leicht stechenden Geruch, der in der Nähe von Hotelterrassen oder Kaffeehaustischen nicht immer erwünscht ist.
- Das ästhetische Argument. Schwimmteiche lassen sich optimal in das Landschaftsbild einfügen. Blühende Sumpfpflanzen, Libellen und Wasserplätschern vermitteln „Naturnähe“.
- Die Ganzjahresnutzung. In Schwimmteichen kann nicht nur gebadet werden. Im Winter ist auf der gefrorenen Wasseroberfläche Eislaufen und Eisstockschießen möglich. In der Übergangszeit wird das Gelände als Erholungsgebiet genutzt.
- Die Attraktion. Chlorwasserbecken finden Gäste aus Ballungszentren vor ihrer Haustür. Hingegen sind naturnahe Bademöglichkeiten nicht alltäglich.
Der Schwimmteich lebt!
Die mikrobiologische Wasserreinigung baut auf anderen Prinzipien auf als das chemische Abtöten der Keime mittels Chemie. Wer einen Naturteich baut, muss akzeptieren, dass es sich dabei um ein lebendes System handelt, das nicht einfach per Knopfdruck funktioniert. Besonders am Anfang ist eine regelmäßige Beobachtung notwendig. Hilfreich ist es, wenn der Planer dem Kunden auch nach Fertigstellung mit Rat und Tat zur Seite steht, wenigstens so lange, bis dieser ein Gespür für seinen Teich entwickelt.
Hygienische Probleme können vor allem dann entstehen, wenn die Regenerationseinrichtungen durch einen zu hohen Besucherdruck überfordert werden. Kleinbadeteiche sind deshalb immer für eine maximale Besucherzahl ausgelegt. Bei öffentlichen Teichen kann die Kontrolle über den Verkauf von Eintrittskarten oder über elektronische Eingangssysteme erfolgen. Halböffentliche Teiche von Hotelanlagen oder Campingplätzen sind von diesem Problem meist weniger betroffen.
Hohe Temperaturen begünstigen die Ausbreitung von Keimen. Andererseits verlangen Badegäste nach einigermaßen wohltemperiertem Wasser. In einem Schwimmteich wirken die ausgedehnten Flachwasserzonen der Regenerationszone als natürliche Solarheizung. Auch nach einer Schlechtwetterperiode wärmt sich das Wasser relativ rasch auf; ein Schwimmteich steht in dieser Hinsicht einem geheizten Freibad nicht viel nach. Mit einer Solaranlage als zusätzliche Warmwasseraufbereitung kann die Badesaison noch um ein paar Wochen verlängert werden. Ihr Einsatz ist allerdings nicht immer sinnvoll. Vor allem besteht die Gefahr des Überhitzens, mit allen damit einhergehenden hygienischen Problemen.
Gestalterische Qualität als Mehrwert
Durch die moderne Filter- und Pumpentechnik sind der Gestaltung von Kleinbadeteichen kaum Grenzen gesetzt, so dass sie sich in beinahe jedes Ensemble nahtlos einfügen lassen. Vor der Entscheidung für einen Schwimmteich sollte aber stets im Auge behalten werden, dass es sich dabei um ein lebendes System handelt. Das bringt gewisse Einschränkungen mit sich. Hygienische Bedenken gibt es bei „punktförmigen Belastungen“ wie Wasserrutschen und in Kleinkinderbadebereichen. Nicht alle Attraktionen eines Erlebnis-Freibades können deshalb auch in einem Naturfreibad realisiert werden. Auch wenn sich die formalen Unterschiede zwischen herkömmlichen Beckenbädern und Schwimmteichen immer mehr verwischen, handelt es sich dabei doch um zwei grundsätzlich andere Gewässerformen. Man muss kein „Grüner Spinner“ sein, um einen Schwimmteich zu betreiben, aber man solle die Bereitschaft mitbringen, sich mit natürlichen Kreislaufsystemen auseinander zu setzen.
Kleinbadeteiche bringen vor allem dort einen Mehrwert, wo sie in Kommunikation mit der umgebenden Landschaft treten können. Die gestalterischen Möglichkeiten mit Wasser, Stein, Holz und Pflanzen sind vielfältig.
Der jahreszeitliche Wechsel der Natur spiegelt sich im Erscheinungsbild des Teiches: vom ersten zarten Grün im Frühling über die volle Blütenpracht der Seerosen im Sommer bis zur stillen Eisfläche und schneebedecktem Röhricht im Winter.