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Ein Schweizer Start-up hat eine Technologie entwickelt, die die elektrophysiologischen Signale einer Pflanze „übersetzen“ kann. (Symbolbild) © NMStudio789/Shutterstock.com

Schweiz

Wenn Pflanzen sprechen

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 15.03.2025 - 08:31

Ständig reagieren Pflanzen auf Veränderungen in ihrer Umgebung: Temperatur, Feuchtigkeit, Nährstoffe, Schädlinge, … und all das hinterlässt auch Spuren im Organismus. Das Schweizer Start-up „Vivent Biosignals“ hat es geschafft, dank einer ausgekugelten Technologie die elektrophysiologischen Signale in Echtzeit zu analysieren. Diese Erkenntnis soll Landwirten in Zukunft helfen, Wassermangel, Nährstoffdefizite oder Krankheitsausbrüche frühzeitig zu erkennen, um die Bewässerung zu optimieren und die Erträge zu steigern. Dass Pflanzen elektrische Impulse an ihre Umgebung abgeben, ist schon lange bekannt. Bis jetzt gab es noch keine Methode diese Signale zu deuten. „Vivent Biosignals“ von Carrol Plummer und Nigel Wallbridge gegründet, hat diese Barriere überwunden, indem es hochempfindliche Sensoren mit künstlicher Intelligenz kombiniert. Dabei zeichnen Elektroden, die an der Pflanze angebracht sind, elektrophysiologische Signale auf. Zeitgleich analysieren Machine-Learning-Algorithmen diese Daten, um wiederkehrende Muster zu identifizieren. Stress wie Wassermangel, Nährstoffdefizit, Schädlingsbefall erzeugt eine spezifische elektrische Signatur, welche die KI erlernt und klassifiziert. Dadurch können lange bevor sichtbare Symptome auftreten, Maßnahmen ergriffen werden.

Um bestehende Algorithmen zu optimieren oder neue zu entwickeln, werden Experimente durchgeführt. Um das spezifische elektrische Signal eines Kalziummangels zu identifizieren, wurde bei auf Steinwolle kultivierten Tomatenpflanzen ihre bioelektrische Aktivität erfasst. Einem Teil wurde absichtlich das Kalzium entzogen um einen Vergleich zu haben. Die Technologie ist nicht nur aufs Labor beschränkt, sondern wird schon unter realen Bedingungen getestet. Die Ergebnisse überzeugen. Ein Versuch mit Heidelbeeren vergleicht zwei Parzellen, wobei eine konventionell anhand von Wetterprognosen bewässert wurde und die andere nur dann bewässert wurde, wenn die Pflanze elektrische Signale sendet. Sechsmal weniger Wasserverbrauch sowie ein 1,5- bis 2-mal höherer Ertrag wurde mithilfe der Technologie erzielt. Nicht immer entspricht der Wasserbedarf dem, was wir annehmen.

Diese Technologie wird nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit von Landwirten und Forschungsinstituten genutzt und lässt sich für viele Kulturen einsetzen. Sie lässt sich in Gewächshäusern wie auch in großflächigen Anbaugebieten verwenden. Produzenten nutzen sie, um die Bewässerung anzupassen, Nährstoffmängeln vorzubeugen sowie den Einsatz von Betriebsmitteln zu optimieren. Saatguthersteller nutzen sie, um die Widerstandsfähigkeit verschiedener Sorten gegenüber klimatischen Bedingungen zu bewerten. Die Technologie ist auch bei der Früherkennung von Pflanzenkrankheiten wirksam.
Die Benutzerfreundlichkeit der Technologie ist so konzipiert, dass es sich problemlos in die landwirtschaftlichen Arbeitsabläufe integrieren lässt. Die Sensoren werden direkt am Pflanzenstiel angebracht, ohne dessen Wachstum zu gefährden. Einmal angebracht, funktionieren sie autonom und erfassen regelmäßig elektrophysiologische Signale. Die Ergebnisse werden automatisch analysiert und in einfache Handelsempfehlungen umgewandelt, die dann am Smartphone oder PC abrufbar sind.


Quelle: LID