shutterstock_1574191099.jpg

Die Nutzungsintensität sowie Wertigkeit von öffentlichen Grünflächen hat aufgrund der Pandemie deutlich zugenommen. (Symbolfoto) © Lacosteman/Shutterstock.com

Deutschland

Systemrelevantes, öffentliches Grün

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 05.05.2021 - 12:09

Die aktuelle Situation zeigt, dass durch die Pandemie die Anzahl der Besuche von städtischen Grünflächen deutlich gestiegen ist. Das ohnehin schon stark beanspruchte Stadtgrün wird noch mehr strapaziert. Besonders bei jungen Menschen sowie Familien haben urbane Grünanlagen einen besonderen Stellenwert. Gerade bei beengten Wohnverhältnissen sind Parkanlagen eine wichtige Stütze. Deshalb sollten dichte und benachteiligte Stadtquartiere mit ausreichend Grünanlagen versorgt werden. Grünflächen steigern die psychosoziale Resilienz in urbanen Gebieten und machen die Städte klimafit. Um den Nutzungsdruck standzuhalten und dauerhaft erhalten zu können, müssen diese Flächen entsprechend gepflegt werden.
Der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) fordert daher, nicht am falschen Ende zu sparen. In städtischen Haushalten muss mehr Geld für die Pflege von Grünanlagen und deren Erweiterung zu Verfügung gestellt werden. Eine schlechte Pflege vernichtet Wert sowie Substanz und die positiven Effekte gehen dabei verloren. Auch bei der Haushaltsbelastung darf nicht am Grün gespart werden. Das wirkt sich negative auf die physische und psychische Gesundheit der Stadtbevölkerung aus. 

Grünflächen sind intensiv und breit genutzte öffentliche Einrichtungen der Stadt, die von bis zu 95 % der Bevölkerung genutzt werden. Grünanlagen leisten einen wichtigen Beitrag zur städtischen Kultur und sind Orte der Begegnung. Ob historisch oder zeitgenössich sind öffentliche Grünanlagen für die einheimische Bevölkerung wichtig - aber auch für Touristen.  

In Zeiten der Pandemie

Seit Beginn der Pandemie haben öffentliche Grün- und Freizeitanalgen einen neuen Stellenwert bekommen. Das zeigt nicht nur die persönliche Erfahrung, sondern empirische Untersuchungen. Für die Hälfte der Bevölkerung haben Grünflächen in der Pandemie an Bedeutung gewonnen. Dadurch verschärfen sich jedoch bestehende Defizite in der Pflege und im Unterhalt. Laut einer Forsa-Umfrage aus 2021 kritisieren bis zu einem Viertel der Befragten den Zustand der Anlagen. (Umfrage im Auftrag der BGL-Initiative „Grün in der Stadt“) Die erhöhte Bedeutung sowie die steigenden Besucherzahlen zeigen deutlich, dass die Grünflächen nicht nur für Biodiversität, Ökologie und Klimaanpassung einer Stadt von Bedeutung sind, sondern ebenso für die psycho-soziale Resilienz der Bevölkerung - besonders in Zeiten pandemiebedingter Einschränkungen. Menschen, die auf engem Raum Homeoffice, Kinderbetreuung und den normalen Alltag bewerkstelligen müssen, sind auf diese Ausweichflächen dringend angewiesen. Dabei sollten diese notwendigen Flächen im direkten Wohnungsumfeld liegen. Eine quantitativ wie qualitativ hochwertige öffentliche Grünversorgung ist im Interesse der Umwelt, wie auch der sozialen Gerechtigkeit.

Obwohl die Grünflächen die am meisten genutzten öffentliche (Kultur-) Einrichtungen sind, wurde in den vergangenen Jahren an der kommunalen Grünflächenpflege gespart. Es ist zu befürchten, dass die öffentliche Haushalte, Corona bedingt, nachhaltig belastet werden. Doch diese Last darf sich nicht negativ auf Pflege und Unterhalt öffentlicher Grünanalgen auswirken. Deshalb müssen die Kommunen finanziell entlastet werden. Wenn Grünflächen nicht entsprechend gepflegt werden, schwindet die Benutzbarkeit sowie Qualität und die Vorteile für das Klima schwinden ebenso. Vertrocknet ein Baum, muss ein neuer gepflanzt werden. Werden die Pflanzen nicht gepflegt - v.a. gewässert - werden wertvolle Ressourcen und Investitionen sinnlos verschwendet.
Schon in jüngster Vergangenheit erkannte man wie wichtig die öffentliche Versorgung mit Grünanlagen für die Bevölkerung ist- auch in Zeiten der Pandemie - so zu Zeiten der Cholera in New York (Olmstead, Central Park) und Paris (Hausmann‘sche Boulevards) und der Spanischen Grippe nach dem ersten Weltkrieg, z.B. in Mumbai und Melbourne. Die Bedeutung für die psychische Gesundheit sowie die Tatsache, dass eine gesunde Bevölkerung mehr Grünflächen und Bewegungsräume braucht, ist schon länger bekannt. Eine Stärkung der Grün- und Freiräume ist unumgänglich, damit unsere Städte für die Zukunft gewappnet sind und sich den künftigen ökologischen, ökonomische und sozialen Herausforderungen stellen können.
Zum Thema: MDR-Podcast „Corona- und dann? Städtische Grünflächen gegen Klimawandel“ (Prof. Catrin Schmidt, Landschaftsarchitektin bdla, TU Dresden zur Bedeutung städtischen Grüns in der Corona-Zeit)


Quelle: bdla