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Pflanzenschutz nach biologischer Methode

Ein Artikel von Edgar Gugenhan/Ulrike Fassler | 03.06.2013 - 09:05
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Während die grüne Branche mit Nützlingseinsatz im Gemüsebau bereits über langjährige Erfahrung verfügt, hat sich diese biologische Methode des Pflanzenschutzes im Zierpflanzenbau erst in den vergangenen Jahren stärker etabliert. Verschärfte Vorgaben beim Pflanzenschutz haben einen weiteren Beitrag dazu geleistet.

Erfolgreiche Thripsbekämpfung bei Cyclamen

Stefanie Hackel berichtete im Rahmen des Pflanzenschutztages der Katz Biotech AG über den Nützlingseinsatz zur Thripsbekämpfung bei Alpenveilchen. Die Versuche wurden in der Gärtnerei Schott, Schneeberg, durchgeführt, die in vier Gewächshäusern mit einer Gesamtfläche von 3.000 m² Cyclamen kultiviert. Probleme bei der Kultur gibt oder gab es speziell durch den Befall mit Kalifornischem Blütenthrips, Frankliniella occidentalis. Die Jungpflanzen wurden ab Anfang Mai getopft. Mit dem Einsatz der Raubmilbe Amblyseius cucumeris wurde zur Bekämpfung erster Thripsansätze ab der Woche 23 begonnen. Auffallend war laut Hackel, dass sich in den Folgewochen die Thripse stark vermehrten und deshalb auch kontinuierlich der Nützlingseinsatz fortgesetzt wurde. Der Höhepunkt des Befalls wurde etwa in der 33. KW erreicht. Dieser konnte jedoch relativ rasch durch den intensiven Einsatz der Raubmilben deutlich abgesenkt werden. Eine Kontrolle des Befalls erfolgte mit Blautafeln, womit man ständig eine gute Übersicht über den Thripsbefall hatte. Deutlich ging der Befall ab Ende August zurück und ab September 2012 konnte ein thripsfreier Bestand festgestellt werden.
Fazit: Durch den Einsatz der adulten Amblyseius-Raubmilben konnten der starke Befall durch Thripse unter Kontrolle gebracht und die Schädlinge weitgehend vernichtet werden. Eine Kon­trolle des Befalls mit Blautafeln hat sich bewährt und ist offensichtlich stets zu empfehlen. Außerdem wurde festgehalten, dass parallel zur Cyclamenkultur bei der Anzucht von Beet- und Balkonpflanzen keine weiteren Thripsprobleme festgestellt werden konnten.

Bewährte Verfahren des Nützlingseinsatzes

Aus der Praxis über den Einsatz von Nützlingen im Gemüse- und Beerenobstanbau berichtete Markus Hilgensloh. Er zeigte auf, mit welchen Nützlingen bedeutende Schädlinge an verschiedenen Gemüsekulturen mit Erfolg bekämpft werden können. Folgende positive Bekämpfungsmaßnahmen wurden vorgestellt:
• Tomaten: Ein häufiger Schädling ist die Weiße Fliege, die sich unter günstigen Bedingungen innerhalb von vier Monaten enorm vermehren kann. Konnten noch bei einer ersten Generation Ende April als Nachkommen einer Weißen Fliege 100 Tiere ermittelt werden, waren es in der 6. Generation Anfang August bereits 1 Billion. Die Schäden treten nicht nur durch die Weiße Fliege selbst, sondern auch durch den Rußtau auf, der sich als Begleiterscheinung ebenfalls stark ausbreitet. Zur Bekämpfung wurde mit Erfolg die Raubwanze (Macrolophus pygmaeus) eingesetzt. Mindestens zwei Einsätze werden auch empfohlen, so lange noch kein Befall durch die Weiße Fliege beobachtet wird. Die Nützlinge werden dann vorbeugend mit Motteneiern (Sitotroga) gefüttert. Der Einsatz dieses Nützlings vermindert gleichzeitig auch einen Minierfliegenbefall (Liriomyza huidobrensis).
Als zweiter Nützling wurden Schlupfwespen (Encarsia formosa) mit Erfolg eingesetzt. Auch hier ist eine vorbeugende Anwendung empfehlenswert.
Bei einem Erstbefall sollen 14-tägig 2,5 Tiere/m², bei starkem Befall 10 Tiere/m² mit loser Ware eingesetzt werden.

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• Gurke: Zu den gefährlichsten Schädlingen bei Gurken zählen die Spinnmilben, die bei einem starken Befall zum Absterben der Pflanzen führen können. Ihre Entwicklung fördert hohe Temperaturen und niedrige Luftfeuchtigkeit, ebenso trockene Pflanzen.
Als wichtiger Nützling zur Bekämpfung spielt die Raubmilbe, Phytoseiulus persimilis, eine wesentliche Rolle, da sie sich ausschließlich von Spinnmilben ernährt. Ihre Entwicklung wird gefördert durch eine optimale Luftfeuchtigkeit von 70–80 % und durch tropfbares Wasser.
Die Raubmilbe Amblyseius californicus sollte bei höheren Temperaturen und niedriger Luftfeuchtigkeit eingesetzt werden.
Auch Thripse befallen Gurkenkulturen und schädigen die Pflanzen und Früchte. Die Folge des Früchtebefalls sind „krumme Gurken“. Zur Bekämpfung werden die Raubmilben Amblyseius cucurmeris und A. swirskii empfohlen.
Auch Blattläuse können als Schädlinge auftreten, wobei zusätzlich mit dem Auftreten von Rußtaupilzen gerechnet werden muss. Als empfehlenswerter Nützling wurden Schlupfwespen (Lysiphlebus testaceipes) empfohlen, die sich bei einer Temperatur von 20–25 °C am besten entwickeln. Eine Kombination dieses Nützlings mit der Räuberischen Gallmücke (Aphidoletes aphidimyza) fördert den Bekämpfungserfolg.

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• Paprika: Zwei Schädlinge wurden von Markus Hilgensloh bei Paprika besonders hervorgehoben: Und zwar einmal die Pfirsich-Blattlaus, die zu Deformationen und einem Kümmerwuchs des Pflanzenkopfes führt. Bereits einzelne Tiere können starke Deformationen verursachen und zu einer deutlichen Ertragseinbuße beitragen. Zur Bekämpfung kann die Schlupfwespe Aphidius matricariae eingesetzt werden, wobei fünf Nützlinge pro m² ausgebracht werden sollten, um massive Ertragseinbußen zu verhindern. Dieser Nützling entwickelt sich besonders positiv bei Temperaturen von ­18–25 °C.
Auch Thripse können zu einer Deformation der Sprosse beitragen, sodass hier ebenfalls Ertragseinbußen zu verzeichnen sind. Um diese Schädlinge überhaupt nicht aufkommen zu lassen, wurde die Raubmilbe Amblyseius swirskii als Streuware direkt nach dem Pflanzen zur Ausbringung empfohlen.

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Veränderungen beim Einsatz von Pflanzenstärkungsmittel
Auf ein etwas schwieriges Thema ging Peter Detzel näher ein, indem er auf die Unterschiede zwischen Pflanzenschutzmittel und Pflanzenstärkungsmittel hinwies. Vor dem Inkrafttreten der neuen EU-Pflanzenschutzmittelverordnung (VO (EG) 1107/2009) konnte jeder einzelne EU-Staat die Hoheit über die Definition, was ein Pflanzenschutzmittel ist, selbst entscheiden. Nach der neuen Verordnung kommt es aber zu Veränderungen, da die bisher als Pflanzenstärkungsmittel geführten Produkte in Zukunft zur Gruppe der offiziellen Pflanzenschutzmittel gehören. So gelten in Zukunft laut Detzel als Pflanzenschutzmittel grundsätzlich alle „Mittel zum Schutz der Pflanzen“, während Pflanzenstärkungsmittel „Mittel zur Pflanzenstärkung“ sind. Das alte Listungsverfahren der Pflanzenstärkungsmittel wird durch ein neues Mitteilungsverfahren ersetzt. Das bedeutet, dass in Deutschland vor dem Inverkehrbringen eines Pflanzenstärkungsmittels dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit  (BVL) dieses Präparat mitzuteilen ist.
Grundsätzlich gelten in Zukunft als Pflanzenschutzmittel chemische oder biologische Wirkstoffe und Zubereitungen, die dazu bestimmt sind, Pflanzen vor Schadorganismen zu schützen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen; natürlich ganz besonders auch, um Schadorganismen an und in Pflanzen aktiv zu bekämpfen bzw. direkt zu beeinflussen.
Pflanzenstärkungsmittel sind in Zukunft nach dem BVL Stoffe und Gemische, einschließlich Mikroorganismen, die der Gesunderhaltung der Pflanzen dienen oder die Pflanze vor nicht parasitären Beeinträchtigungen schützen.
Fazit: Alle Produkte, die als Pflanzenschutzmittel in den Geltungsbereich der neuen EU-Pflanzenschutzmittelverordnung fallen, können in Zukunft keine Pflanzenstärkungsmittel mehr sein.

Anhand einiger Beispiele führte Detzel an, welche Mittel bisher als Pflanzenstärkungsmittel im Einsatz waren und aufgrund der neuen Verordnung in das Pflanzenschutzmittelrecht aufgenommen werden.
• VACCIPLANT: Das gilt zum Beispiel für das Präparat VACCIPLANT, das als aktiven Bestandteil ein natürliches Molekül aus der Braunalge, Laminaria digitata, enthält. Dieses Produkt stimuliert laut Detzel die Abwehrkräfte von Pflanzen und stärkt somit die Widerstandskraft gegen Pathogene. Dieses bisher als Pflanzenstärkungsmittel gelistete Präparat war frei einsetzbar. Zurzeit läuft  ein Zulassungsverfahren nach dem neuen Pflanzenschutzmittelrecht, aus dem der Schluss gezogen werden kann, dass dieses Präparat nur noch in bestimmten Bereichen eingesetzt werden kann, so z. B. bei Erdbeeren, wo VACCIPLANT zur Vermeidung von Fruchtfäule eingesetzt wird.
• Frutogard: Ähnliches gilt auch für das Präparat Frutogard, das bisher als Pflanzenstärkungsmittel zur Erhöhung der Vitalität und Gesundheit im Gemüse- und Zierpflanzenbau sowie auch im Wein-, Obst-, Hopfen- und Ackerbau eingesetzt wurde und in Zukunft – da es ebenfalls den Wirkstoff Laminarin enthält – nicht mehr als Pflanzenstärkungsmittel gelistet werden kann.



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Sorgfältigere Kulturführung mit stärkeren Pflanzen
Eine Folge aller dieser neuen Vorschriften ist für die gärtnerische Praxis, dass in Zukunft mehr als bisher im Zusammenhang mit den Züchtungsverfahren auf kräftigere, also „stärkere“ Pflanzen geachtet werden muss, die gegen den Befall von Krankheiten und Schädlingen weniger anfällig sind, wodurch z. B. der Einsatz von Hemmstoffen verringert werden kann. Nach Ansicht des Referenten muss in Zukunft auch noch mehr als bisher auf die Auswahl des richtigen Standortes der Pflanzen geachtet werden, um den Pflanzenschutzmitteleinsatz auf ein Mindestmaß zu beschränken. Auch sollte man bei der Wahl des richtigen Substrates überlegt vorgehen, da dadurch ebenfalls der Einsatz von Hemmstoffen deutlich verringert werden kann. Als Beispiel wurde die Kultur von Basilikum genannt, dessen Haltbarkeit stark vom jeweiligen Substrat abhängig ist. Nach Detzel ist die Haltbarkeit in billigen Industrieerden schlecht, in Bioerden gut und in betriebseigenen Komposterden sogar sehr gut. Wichtig sei natürlich generell, auf eine ausgewogene, angepasste Düngung, eine optimale Feuchtigkeit des Substrats und eine Optimierung der Luftfeuchtigkeit zu achten. Werden alle diese Punkte beachtet, kann in Zukunft auch mit einem geringeren Einsatz von sogenannten Pflanzenstärkungsmitteln eine optimale Pflanzenqualität erzeugt werden. 

Auswahl der richtigen Düsen beim Einsatz im Pflanzenschutz
Bei der Vorführung der Maschinen und Geräte anlässlich des Hohenheimer Gemüsebautages/Deutschland informierte Klaus Schmidt vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg über die Auswahl der richtigen Düsen beim Einsatz im Pflanzenschutz und bei der Flüssigdüngung. Sicher war man in der Praxis bisher schon immer darauf bedacht, die jeweiligen Geräte mit den richtigen Düsen einzusetzen. Dass aber die Zahl der möglichen Düsen mit jeweils unterschiedlichen Ausbringungsformen so riesig groß ist, war wohl bisher nur wenigen im gärtnerischen Beruf Tätigen bekannt.
So stellte der Referent auf einer Tafel über 100 Düsen vor, die bei den verschiedensten Geräten zum Einsatz kommen können. Die Anwendung der Düsen und ihre Form der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln wurde bei großen Feldspritzen demonstrativ vorgestellt. Wichtig ist in allen Fällen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und natürlich auch bei einer Flüssigdüngung, dass die jeweiligen Mittel punktgenau die Pflanzen treffen und dass die Abtrift möglichst gering ist.
Vorgestellt wurde z. B. das Düsensortiment der Firma agrotop GmbH, Obertraubling/Deutschland, die ein enorm großes Sortiment an Injektordüsen und Zubehör für den Einsatz im Pflanzenschutz und zur Flüssigdüngung anbietet.
Auf die Einsatzmöglichkeiten von weiteren geeigneten Düsen wurde hingewiesen.

Reinigungsdüsen für die optimale Innenreinigung
Es wurde auch darauf aufmerksam ­gemacht, wie wichtig es ist, dass ­Pflanzenschutzspritzen nach ihrem Einsatz immer gründlich gereinigt werden, damit keine Restprodukte verbleiben, die sich dann bei einem späteren Einsatz der Spritzen unter Umständen negativ auf die Pflanzengesundheit auswirken können. So zeigte die Firma Link ­Landtechnik, Markgröningen/Deutschland, eine Möglichkeit, wie vorhandene Feldspritzen mit einer geeigneten Innenreinigungsdüse samt Frischwassertank ausgestattet werden können.
Ebenso präsentierte auch agrotop einen Bausatz für die kontinuierliche Inneneinrichtung von Feldspritzen. Dieses hochmoderne Modell sorgt mit einem geringen Wasserbedarf und einem reduzierten Zeitaufwand für eine optimale Innenreinigung.
Diese Vorstellung der hochmodernen Düsentechnik hat in jedem Fall ge­zeigt, wie wichtig es ist, die Pflanzenschutz­geräte, aber auch die Geräte zur ­Ausbringung von Flüssigdüngung mit den richtigen Düsen auszustatten. Und was die Reinigung der Pflanzenschutzgeräte anbelangt, ist es vor allem ­auch bei den größeren Feldspritzen ganz ­wesentlich, diese immer mit den richtigen Düsen für die optimale Innen­reinigung auszustatten.