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Intelligent beheizt: Thermalwassernutzung im Gewächshausgartenbau

Ein Artikel von Lubomir Bellan, Ulrike Fassler | 08.02.2013 - 10:03

Das Unternehmen AGRO GTV liegt in Nováky in der Slowakei und produziert auf einer Fläche von 3 ha Rispentomaten. Die Bezeichnung GTV im Firmennamen bedeutet „GeoThermalWater“ und weist zugleich auf den Gründungsanlass und -zeitpunkt der Firma hin. Das vor Ort verfügbare Thermalwasser wird seit langem in der bekannten Kuranstalt Bojnice für Heilzwecke verwendet. Seit den 90er-Jahren wird die Wärme des Thermalwassers auch zur Lufterwärmung in einem großen Kohlebergbauunternehmen sowie seit zwei Jahren zur Erwärmung des Heizwassers für das vom Bergbauunternehmen im Jahre 2009 gegründete Gewächshaus genutzt.

Kulturführung
Rispentomaten der Sorte Levanzo F1 von der Firma Rijk Zwaan werden als Hydrokulturen auf Steinwollsubstraten gezogen. Die Klimaführung wird durch das System der Firma Priva/NL gesteuert. Die Kulturen werden über mehrere Heizkreise mit der Wärme von Thermalwasser beheizt und teilweise auch mit Thermalwasser bewässert. Die Düngung wird über Tröpfchensysteme auf das Kultursubstrat aufgebracht. Die Kulturführung beginnt mit Mitte Dezember. Eine Pflanzdichte von 1,7 Pflanzen/m2 wird ab Jänner noch verdoppelt, indem Seitentriebe nicht entfernt werden. Die erste Ernte kann Anfang März durchgeführt werden. Nach der letzten Ernte Ende November wird das gesamte Gewächshaus in einem Zeitraum von drei Wochen gereinigt, desinfiziert und für die neue Saison vorbereitet. In der ersten Saison produzierte das Unternehmen auf einer Produktionsfläche von 1,5 ha bereits 54 kg an Rispentomaten pro m2. Mit 2013 startet das Unternehmen in die dritte Saison.

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Das Heizsystem und seine Funktionsweise
Die Wärme wird im Gewächshaus über mehrere Wege verteilt. Heizrohre sind am Boden entlang verlegt. Die Vegetationsheizungsrohre können variabel in die entsprechende Kulturhöhe angehoben werden. Eine eigene Beheizung wurde auch unterhalb des Daches für das Abschmelzen von Schnee angelegt. Außerdem wurden Radiatoren sowie Wasserspeicherheizrohre installiert. Für die thermische Isolation stehen darüber hinaus Wärmeschirme für das Dach sowie die Seitenwände zur Verfügung.
Demnächst werden neue Heizkreislaufpumpen installiert, die das Wasser noch schneller durch die Heizrohre befördern. Dieser höhere Druck und die höhere Geschwindigkeit des Transportes bringen den Vorteil mit sich, dass Wasser mit niedrigerer Temperatur durch die Heizrohre laufen kann und die Reaktion des Heizsystems schneller abläuft. Der Wasserfluss in den Rohren wird dann 43 m3/h betragen. Die Heiztemperatur kann dann bei 42 °C liegen, statt wie bisher bei 55 °C.

Heizkreise gezielt eingesetzt
Wärmequelle ist hauptsächlich das geothermale Wasser, welches aus einer Tiefe von 1.851 m kommt. Das Kalzium- und Magnesiumreiche Wasser hat eine Temperatur von 66 °C. Da es nicht stark salzhaltig ist, kann es nach Abkühlung sogar zur Direktbewässerung der Kulturen verwendet werden bzw. dem Regenwasser beigemengt werden. Dank dieser Quelle kann das Unternehmen eine Wärmeleistung von 7,1 MW gewinnen. Für die Temperaturadaptierung des Wassers zur Gewächshausbeheizung ist eine Serie von mehreren Wärmetauschern notwendig. Mit diesem System wird das Wasser auf 18 °C abgekühlt. Um das System bestmöglich zu nutzen, wurden zwei verschiedene Heizkreise für die Gewächshausbeheizung eingerichtet, ein Hauptkreislauf mit der Temperatur von 55 °C und ein zusätzlicher Heizkreis mit maximal 40 °C Heizwärme. Die Temperatur des Hauptkreises wurde mit dem ersten Wärmetauscher generiert. Diese Wärme wird für den Betrieb der Bodenheizung, für das Abschmelzen von Schnee auf den Dachflächen und zur Beheizung von Arbeitsräumen genutzt.
Der Niedrigtemperaturheizkreis kommt vom zweiten Wärmetauscher, welcher das 45 °C heiße Wasser auf 30 °C abkühlt. Dieser Heizkreis wird genutzt, um einzelne Gewächshausbereiche mit zusätzlicher Boden- sowie die reifenden Rispen mit zusätzlicher Vegetationsbeheizung in Kulturnähe zu versorgen. Auch das Beregnungswasser im Wassertank, welcher sich im Freien befindet und wo Thermalwasser mit Regen- und Brunnenwasser vermengt wird, wird mit dem Niedrigtemperaturheizkreis erwärmt. Im Zubau hingegen wird nur mehr das aktuell benötigte Gießwasser nachhaltiger durch Wärmetauscher beheizt.

Wärmepumpe für extreme Klimasituationen
Das Heizsystem wird auch noch von zwei Wärmepumpen ergänzt, welche mit zwei weiteren Wärmetauschern gekoppelt sind. Dank dieser Pumpen ist sogar eine Erhöhung des Hauptheizkreises um 3–4 °C auf eine Temperaturhöhe von 59 °C möglich. Aber diese Pumpen werden nur bei schlechtesten klimatischen Bedingungen im Außenbereich eingesetzt. Dieses System erlaubt es, bei thermischer Isolierung eine minimale Gewächshaustemperatur von 13 °C bei einer Außentemperatur von -18 °C aufrechtzuerhalten.