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Baumschulen von Phytoplasmen gefordert

Ein Artikel von DI Christian Kornherr | 11.09.2012 - 09:06
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Phytoplasmen machen Baumschulen große Sorgen. Die Krankheiten können nicht sofort erkannt werden. Eine gute Kenntnis der Symptome, strenge regelmäßige Kontrollen und eine sofortige Maßnahmenumsetzung bei einem Auftreten sind wichtig. Die folgenden drei Phytoplasmen treten im EU-Raum aktuell am häufigsten auf: Apfeltriebsucht (Apple proliferation mycoplasm), Birnenverfall, Apricot chlorotic leafroll mycoplasm (ACLR) bzw. Europäische Steinobst-Verbildungskrankheit.

Apfeltriebsucht
Die Apfeltriebsucht (Apple proliferation mycoplasm) ist eine Phytoplasmose, deren Einschleppung in die EU und Ausbreitung in der EU verboten ist. Sie ist eine meldepflichtige Krankheit. Der Schaden äußert sich durch klein bleibende und schlecht schmeckende Früchte. Die eindeutigsten Symptome dieser Krankheit sind stark vergrößerte Nebenblätter und der Hexenbesenwuchs, bei dem sich Triebe extrem stark verzweigen. Weiters können neuerlicher Austrieb im Spätherbst, Nachblüte und verfrühter Austrieb im Frühjahr Symptome sein.
Diese Phytoplasmen leben im Phloem und ziehen sich im Winter in die Wurzeln zurück. Bisher wurde das natürliche Vorkommen dieses Schadorganismus nur auf Apfel (Malus sp.) festgestellt. Die Symptome der Krankheit sind in den ersten beiden Jahren nach der Infektion am stärksten sichtbar. Die Bäume überleben die Krankheit – empfindlicher sind hier ganz junge Bäume – und bleiben ihr Leben lang potenzielle Infektionsquellen. Die Infektion erfolgt durch vegetative Vermehrung und durch pflanzensaugende Insekten, insbesondere durch Blattsauger (Psylliden). Es kann nur vorbeugend gegen diesen Schadorganismus gearbeitet werden. Um die Unsicherheit durch den Befall der Reiserschnittgärten zu senken und mit Sicherheit befallsfreies Material zur Verfügung zu haben, sollte auch zertifiziertes Vermehrungsmaterial untersucht werden. Außerdem sollten, um sicher zu gehen, auch eventuell vorhandene Mutterbäume genauer beobachtet und unter Umständen beprobt werden. Sämtliche zugekaufte Wirtspflanzen sollen sofort auf Symptome kontrolliert werden. Eine weitere wirkungsvolle Maßnahme gegen Apfeltriebsucht ist die effektive Bekämpfung der Vektoren. Untersuchungen von zertifiziertem Vermehrungsmaterial aus anderen Mitgliedsländern sind derzeit über den amtlichen Pflanzenschutzdienst kostenlos möglich.Die Apfeltriebsucht ist bereits in Österreich, Albanien, Bulgarien, Bosnien- Herzegowina, der Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Kroatien, Moldawien, Polen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Serbien, Spanien, der Schweiz, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen und der Ukraine nachgewiesen worden. Bei Verdacht muss umgehend der zuständige amtliche Pflanzenschutzdienst informiert werden.

Birnenverfall
Der Birnenverfall ist eine weitere durch Phytoplasmen hervorgerufene Krankheit, die in der EU von Bedeutung ist. Man unterscheidet nach der Geschwindigkeit des Krankheitsverlaufs den raschen Birnenverfall und den langsamen Birnenverfall. Hauptverantwortlich für die Ausprägung des Krankheitsverlaufes ist die Unterlage. So tritt der rasche Birnenverfall vor allem auf den in Österreich nicht verbreiteten Unterlagen Pyrus pyrifolia und Pyrus ussuriensis auf. Der rasche Birnenverfall bringt den Baum nach dem Vergilben und Welken der Blätter und dem Verdorren der Triebe innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen zum Absterben. Der langsame Birnenverfall hingegen ist in der EU verbreitet. Er ist bereits in Österreich, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Serbien, Kroatien, Moldawien, den Niederlanden, Polen, Ungarn, der Slowakei, Slowenien, Spanien und der Tschechischen Republik lokal nachgewiesen worden und in Deutschland, Italien und der Schweiz weit verbreitet. Symptome für den langsamen Birnenverfall sind ein reduziertes Triebwachstum, verkleinerte, aufgehellte Blätter, reduzierter Fruchtansatz und verkleinerte Früchte. Da die Infektion im Phloem im Spätsommer bis Frühherbst erreicht wird, kann man zu dieser Zeit auch eine Rotfärbung der Blätter mit frühzeitigem Blattfall sowie eine braune Verfärbung des Phloems bei Anschnitt sehen.
Wirtspflanze des Birnenverfalls ist hauptsächlich die Europäische Birne (Pyrus communis). Aber auch Quitte (Cydonia oblonga) und andere Pyrus-Arten werden befallen. Die Anfälligkeit gegenüber diesem Schaderreger ist sortenabhängig. So gelten die Kultursorten Conference, Williams Christbirne, Gellerts Butterbirne, Vereinsdechantsbirne und Gräfin von Paris als anfällig, wohingegen Bosc’s Flaschenbirne und Packhams Triumph weniger anfällig sind. Die Verbreitung des Birnenverfalls erfolgt regional über Blattsauger, überregional kann sich die Krankheit durch infiziertes Material verbreiten. Hier gilt Gleiches wie bei der Apfeltriebsucht. Vermehrungsmaterial, auch zertifiziertes, sollte getestet werden, eventuelle Mutterbäume sollten kontrolliert werden, und eine Vektorenbekämpfung ist ebenfalls anzuraten.

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Chlorotisches Blattrollen der Marille
Eine weitere wichtige von Phytoplasmen hervorgerufene Krankheit ist die Europäische Steinobst-Verbildungskrankheit auch das Chlorotische Blattrollen der Marille (Apricot chlorotic leafroll mycoplasm, ACLR) genannt. Es gelten die gleichen Regeln in der Hemmung der Verbreitung wie bei den vorher genannten Krankheiten.
Sie kommt in Österreich, Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Ungarn, Rumänien, der Schweiz, Bosnien-Herzegowina, Serbien und Slowenien vor. Hauptsächlich ist sie bei Marille (Prunus armeniaca), Pfirsich (Prunus persica) und der Chinesischen Pflaume (Prunus salicina) von Bedeutung. Bei der Marille hängt die Anfälligkeit von der Unterlage ab. Zwetschkenunterlagen gelten als relativ tolerant, Myrobolane ist mittelempfindlich und Pfirsich- und Marillenunterlagen sind hochempfindlich. Symptome zeigen auch die Süßkirsche (Prunus avium), die Mandel (Prunus amygdalus), die Mirabelle (Prunus domestica spp. syriaca) und die Japanische Zierkirsche (Prunus serrulata). Symptomlose Wirtspflanzen sind Pflaumen und Zwetschken (Prunus domestica). Der Schaderreger tritt auch an Unkrautarten wie z. B. der Ackerwinde (Convolvulus arvensis) auf.

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Die Europäische Steinobstvergilbung sorgt für ein Absterben einzelner Äste bis ganzer Bäume. Der Krankheitsverlauf hängt von Art, Unterlage und Alter des Baumes ab. Erste Anzeichen dieser Krankheit sind chlorotische Blätter, die sich später nach oben einrollen. Die Früchte reifen frühzeitig, sind kleiner und haben Verbräunungen im Fruchtfleisch. Außerdem ist das Triebwachstum gehemmt und beim Anschneiden werden Phloem-Nekrosen sichtbar. Verbreitet wird dieser Schadorganismus durch den Pflaumenblattsauger (Cacopsylla pruni) oder durch Vermehrungsmaterial. Daher sollte auch hier eine Bekämpfung des tierischen Überträgers und eine intensive Kontrolle von Vermehrungsmaterial und zugekaufter Ware stattfinden.

Vorbeugung ist notwendig
Zur Gesunderhaltung des Bestandes ist jede Lieferung auf Symptome dieser Krankeiten zu kontrollieren. Die Quartiere und besonders die Mutterbäume müssen regelmäßig auf Symptome untersucht werden. Eine Laboruntersuchung von Vermehrungsmaterial auf Phytoplasmosen muss durchgeführt werden, auch wenn es sich dabei um zertifiziertes Material handelt. Weiters ist eine effektive Vektorenbekämpfung notwendig. Bei Verdacht auf Befall mit den drei in diesem Artikel behandelten Phytoplasmen ist unverzüglich der zuständige amtliche Pflanzenschutzdienst zu informieren.

Maßnahmenanordnungen

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zur Gesunderhaltung des Bestandes folgende Maßnahmen gesetzt werden müssen:
• Kontrolle jeder Lieferung auf Symptome dieser Krankheiten
• Regelmäßige Kontrolle der Quartiere und besonders der Mutterbäume auf Symptome
• Die Laboruntersuchung von Vermehrungsmaterial auf Phytoplasmosen, auch wenn es sich dabei um zertifiziertes Material handelt
• Effektive Vektorenbekämpfung