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Krankheitsbilder an Stauden

Ein Artikel von Dipl.-Ing. Holger Nennmann/Jörg Klatt | 02.06.2010 - 09:24
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Die Pilzkrankheit mit dem wohl größten Bekanntheitsgrad ist der Echte Mehltau. Er ist an den charakteristischen weißen mehlartigen Überzügen auf den Blättern und Trieben von Wirtspflanzen gut zu erkennen. Als kritischer Befallszeitraum sind die Perioden im Sommer zu betrachten, in denen tro­ckene, heiße Bedingungen am Tage mit relativ kühlen Nachttemperaturen wechseln. Unter solchen Bedingungen ist bei anfälligen Arten von Delphinium, Monarda, Phlox, Aquilegia, Centaurea und Aster generell mit einem Befall zu rechnen. Der Bekämpfungserfolg hängt in erster Linie ab von der Rechtzeitigkeit der Spritzmaßnahmen. Wird erst im Stadium „sichtbarer Befall“ bekämpft, hat sich das Pilzmyzel längst im Blattgewebe etabliert. In der gärtnerischen Praxis bewährt haben sich frühzeitige Behandlungen mit Kresoxim-methyl, Proquinazid, Metrafenone oder Trifloxystrobin. Nach erfolgter Infektion und sichtbarem Myzel können Spiroxamine, Triadimenol oder Cyflufenamid wirksam eingesetzt werden.

Rostkrankheiten
Rostkrankheiten im eigentlichen Sinne sind in den meisten Fällen an stäubenden, orangen bis braunroten Sporenlagern auf den Blattunterseiten zu erkennen. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel. Die Früherkennung wirft schon mehr Probleme auf, da an den infizierten Stellen zunächst nur punktförmige Aufhellungen zu erkennen sind, die leicht mit anderen Einflüssen verwechselt werden können. Neben dem schon obligatorischen Malvenrost bei Althaea ist eine Zunahme besonders bei Armeria und Dianthus (braune Pusteln auf den Blattober- und -unterseiten) sowie Hypericum und Campanula (gelblich braune Sporenlager auf den Blattunterseiten) festzustellen.

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Blattfleckenkrankheiten
Blattfleckenkrankheiten können an vielen Stauden Schäden verursachen. Vor jeder kurativen Pflanzenschutzmaßnahme steht die richtige Diagnose. So können Blattflecken sowohl durch pilzliche als auch durch bakterielle Schad­erreger ausgelöst werden. Die jeweilige Bekämpfung unterscheidet sich aber deutlich voneinander. Während gegen Schadpilze verschiedene gut wirksame Fungizide zur Verfügung stehen, sind Bakterienkrankheiten nicht direkt bekämpfbar. Auch Falsche Mehltaupilze sowie Rostpilze, Viren, Blattälchen und manche Phytophthora-Arten verursachen bei Befallsbeginn zunächst unterschiedlich ausgebildete Flecken auf Blättern und Stängel, häufig tritt sogar Mischbefall auf. Nicht zu vergessen sind in der Praxis ebenfalls vorkommende abiotische Schäden, ausgelöst durch Ernährungsfehler, Sonneneinstrahlung oder Pflanzenschutzmittel. Experten der örtlichen Pflanzenschutzämter können durch Bestimmung der genauen Schadursache manche unnötige Spritzung vermeiden helfen.
Blattflecken verursachende Pilze stammen aus verschiedenen Gattungen, bekannte Pathogene sind Septoria, Alternaria und Colletotrichum. Gemeinsames Merkmal ist die Ausbildung von Fruchtkörpern auf den Befallsstellen. Die Ansprüche der Pilze, ihre Infektionsbedingungen sowie Entwicklungszyklen unterscheiden sich nur geringfügig voneinander. Auch die Bekämpfung ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bei den meisten Krankheiten identisch. Bei den betroffenen Stauden können im Sommer bei entsprechenden Infektionsbedingungen Behandlungen gegen Blattfleckenkrankheiten wiederholt durchgeführt werden. Geeignet sind neben den beim Echten Mehltau und Rost genannten Wirkstoffen auch Difenoconazol, Prochloraz und Chlorthalonil.

Falscher Mehltau & weißer Rost
Falsche Mehltaupilze der Gattungen Plasmopara, Peronospora und Bremia haben sich als äußerst problematische Schaderreger erwiesen. Bei optimalen Infektionsbedingungen dringen die Pilze tief in das Blattgewebe ein. In diesen tiefen Blattschichten sind sie nur mit hohem Aufwand zu bekämpfen, stark befallene Pflanzen sind nicht mehr zu retten. Als sehr anfällig gelten Veronica-Arten, Potentilla, Galium, Gaillardia, Helichrysum, Iberis, Papaver, Geum und Lamium.
Weitere Infektionen sind an Alyssum, Aconitum, Acaena, Alchemilla, Erigeron, Helianthus und Arabis bekannt.
Bei Befall verfärben sich die Blätter der betroffenen Stauden zunächst gelblich bis rot, es entstehen meist scharf vom gesunden Blattgewebe abgegrenzte Flecken, später bildet sich auf der Blattunterseite ein grau-rötlich gefärbter Sporenbelag. Die Ausbildung dieses Belages ist aber nicht so deutlich zu erkennen wie es etwa bei Echten Mehltaupilzen der Fall ist. Die Neuaustriebe bleiben klein und verkrüppeln, letzt­endlich führt der Befall zum Absterben der Wirtspflanzen. Es werden dickwandige Dauersporen ausgebildet, die bei entsprechenden Witterungsbedingungen im folgenden Jahr zu weiteren heftigen Infektionen führen können. Die Bekämpfung Falscher Mehltaupilze muss in einem möglichst frühen Ent­wicklunggstadium der Pilze durchgeführt werden, das Eindringen der Hyphen in tiefere Blattschichten unbedingt vermieden werden. Sobald mit längerer Benetzung der Blattfläche durch Niederschläge zu rechnen ist, sollten prophylaktisch Spritzungen mit Kontaktfungiziden wie Kupferhydroxid, Mancozeb oder Metiram durchgeführt werden. Sobald Symptome sichtbar sind, können nur noch Wirkstoffe mit systemischen Eigenschaften eingesetzt werden. Dazu gehören Propamocarb, Metalaxyl-M, Fosetyl, Famoxadone oder Dimethomorph.

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Wurzelkrankheiten und Stängelgrundfäulen
Erkrankungen im Wurzel- und Stängelhalsbereich haben bei Stauden zugenommen. Betroffen sind besonders Arten, deren Ursprungsgebiet im Mittelmeerraum bzw. im kontinental beeinflussten Klimagebiet liegt. Als Hauptursache können auch in diesem Bereich die zunehmenden Perioden mit lang anhaltenden Niederschlägen verantwortlich gemacht werden. Auch der Trend zur Massenproduktion bestimmter Stauden ist zumindest teilweise an dieser Entwicklung beteiligt, weil dabei auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Arten kaum noch Rücksicht genommen werden kann. Aufgrund der umfangreichen Palette möglicher Pilzkrankheiten im Wurzel- und Stängelbereich ist eine sichere Krankheitsbestimmung allein anhand der visuell wahrnehmbaren Symptome praktisch nicht möglich. Zudem sind Mischinfektionen häufig. Um Fehlbehandlungen zu vermeiden, sollte bei bestehendem Verdacht immer eine Probe an das Pflanzenschutzamt zwecks labordiagnostischer Untersuchung eingeschickt werden.Bei durchgeführten Untersuchungen wird der Anteil der Stauden deutlich, die von Phytophthora bzw. Thielaviopsis basicola befallen sind. Ausfälle in wirtschaftlich bedeutender Größenordnung werden häufig beim Topfanbau von Lavandula durch Phytophthora cactorum verursacht.
Gegen Phytophthora- und Pythium-Arten können Metalaxyl-M und Fosetyl wirksam eingesetzt werden. Thielaviopsis kann mit Captan und Prochloraz eingedämmt werden.Da die meisten Infektionen an Stauden im Freiland meist erst entstehen bzw. erkannt werden, wenn die Klimaverhältnisse die 15 °C-Wirkungsgrenze für diese Fungizide unterschritten haben, wäre ein Einsatz aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten ein sinnloses Unterfangen.
Natürlich auch in Anbetracht der hohen Kosten für eine großflächige Gießanwendung im Freiland. Selbst bei Temperaturen oberhalb von 15 °C sind die Erfolgsaussichten getrübt, da die Fungizide bei fortgeschrittenem Befall erfahrungsgemäß schwächeln.

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Vorbeugende Kulturmaßnahmen
Angesichts dieser Problematik ist die Beachtung vorbeugender Kulturmaßnahmen von besonders großer Bedeutung. Staunässe muss, so gut es geht, verhindert werden. Dem ist durch die Verwendung grobstrukturierter Substrate mit guter Wasserführung Rechnung zu tragen. Bei der Wahl der Töpfe ist darauf zu achten, dass sie unterseits mit entsprechend großen Stegen und Löchern versehen sind, so dass Luft an die Wurzeln gelangen kann. Im absoluten Vordergrund steht die Beschaffenheit der Stellfläche, da sie in besonderem Maße ausschlaggebend für die Anfälligkeit gegenüber Wurzelkrankheiten und Stängelgrundfäulen ist. Die Oberfläche muss absolut eben sein, damit keine Senken vorhanden sind. Schon oft genug sind Befallsherde für Phytophthora und andere Wurzelkrankheiten gerade an solchen Stellen entstanden und haben sich von dort aus über den Gesamtbestand ausgebreitet. Zeigen sich erste Anzeichen eines Befalles im Bestand, so müssen die betroffenen Pflanzen sofort vernichtet werden. Anzuchtgefäße von kranken Pflanzen dürfen für anfällige Kulturen niemals wieder verwendet werden.
Für kontaminierte Stellflächen bedeutet das ein ständig wachsendes Infektionsrisiko. Da geeignete Bodenentseuchungsmittel nicht vorhanden sind, kann dem nur durch eine geeignete Fruchtfolge bzw. Flächenwechsel entgegengewirkt werden.