Bio-Heilkräuter
Tanja Sikler berichtete von der noch relativ jungen Gärtnerei Calendula (Stuttgart-Mühlhausen), in der überwiegend Bio-Heilkräuter produziert werden. Der Betrieb wurde 2002 von Dieter und Christel Berweiler geründet. Sie strukturierten einen ehemaligen Gemüsebaubetrieb komplett um und begannen mit dem Feldanbau von Heilkräutern. Der Betrieb verfügt über 27 ha, davon 6 ha Heilkräuter sowie ein Gewächshaus mit 3.600 qm. Im Gewächshaus erfolgte der Mutterpflanzen- und Topfkräuterproduktionsaufbau. Zeitgleich wurde ein kleiner Gesundheits- und Kräuterladen gebaut.
2006 wurde ein Biozertifikat beantragt und rückwirkend für den gesamten Betrieb anerkannt. Im Betrieb integriert ist eine Naturheilpraxis von Dieter Berweiler.Das Gewächshaus verfügt über keine Heizung und keine Schattierung.
Laut Firmenphilosophie will man altes, vergessenes Kräuterwissen wiederbeleben und den Menschen die Heilkräfte der Pflanzen durch energetisch hochwertige Produkte schenken.
Vielseitige Vermarktung
Die Vermarktung erfolgt im eigenen Kräuterladen, den Versandhandel über einen Internetshop, den Großhandel im Bereich der Nahrungsergänzungsmittelindustrie, über ausgewählte Marktstände sowie eigene Veranstaltungen. Beispielsweise werden Kräuter oder Gesundheitstage auf dem eigenen Gelände veranstaltet und Workshops im Gewächshaus. Zum Teil finden mehrtägige Phytotherapiekurse statt. Im Gewächshaus stehen rund 600 bis 650 Arten. Die Produktion erfolgt bei Einjährigen aus Samen aus ökologischem Anbau, meist aus eigenen Beständen, zum Teil aus Stecklingen aus eigenen Mutterpflanzenbeständen. Eingeteilt ist das Sortiment in Küchenkräuter, heimische Wildkräuter, Kräuter der Ayurveda, Heilkräuter der traditionellen Chinesischen Medizin, südamerikanische Exoten und Räucherkräuter. Für die Aussaat und die Stecklinge verwendet der Betrieb Anzuchterde von Ökohum und für die Topfkultur Universalerde von Ökohum mit Phytogries und Hornspänen. Depotdünger wird vor allem bei langstehenden Mutterpflanzen mit MycoAktiv-bio 7/3/7 gegeben. Flüssigdüngung erfolgt mit Organic Plant Feed 8/3/3. Bei Pflanzenstärkungsmitteln kommen regelmäßig Biplantol agrar und BonaVita zum Einsatz.
Die Ausbringung im Gewächshaus erfolgt mit einem Kaltnebelgerät der Firma Falk-Technik. Da sie im Gewächshaus Kundenbesuche haben, wird die Ausbringung mit einer Zeitschaltuhr um 5 Uhr morgens gestartet, dann sind die Pflanzen um 7.30 Uhr abgetrocknet. Weiter wird Biplantol mykos V forte punktuell bei pilzgefährdeten Kulturen eingesetzt. Bei der Jungpflanzenanzucht erfolgt eine regelmäßige Ausbringung von BonaVita Bac, Biplantol agrar und Biplantol mykos V forte.
Gezielter Pflanzenschutz
Pflanzenschutz kommt nur ganz eingeschränkt und nicht direkt vor der Ernte zum Einsatz. Wichtig sind Tanja Sikler Hygiene und Rückschnitt, beispielsweise um Eiablagen aus dem Bestand zu entfernen. Zudem werden Nützlinge eingesetzt und Pilze, meist Mehltau, unter anderem mit BioBlatt Mehltau (Lezithin) bekämpft. Für das kommende Jahr ist vorgesehen, neue Nützlinge auszuprobieren, beispielsweise Amblyseius swirskii zu testen, eine offene Zucht zur Regulierung von Blattläusen anzulegen, einen Schattenbereich außerhalb der Gewächshausfläche aufzubauen, zur Inspiration der Kunden die Dekoelemente im Gewächshaus zu erweitern und eine Kompostanlage zum Erhalt eigener Komposterde zu schaffen.
Vielfalt im Programm
Klaus Umbach, Heilbronn, berichtete vom Anbau in seiner Gärtnerei. Der Betrieb wurde 1959 gegründet und 1968 zum heutigen Standort ausgesiedelt. 1997 übernahm er zusammen mit Doris Burger-Umbach den Betrieb. In den vergangenen zwölf Jahren konnte der Betrieb seine Größe verdreifachen. Heute verfügt der Betrieb über 15.000 qm Hochglas, Folien- und Schattenhallen sowie 8.000 qm. Die Kultur erfolgt im geschlossenen System mit Regenwassersammelbecken, Wasseraufbereitung und Bewässerung im Ebbe-Flut-Verfahren sowie Fließmatten.
Im Kulturprogramm ist ein breites, saisonales Topfpflanzensortiment mit Sonderformen und Sondergrößen. Schwerpunkte sind Beet- und Balkonpflanzen wie Primeln, Violen, Pelargonien, Thunbergien, Chrysanthemen, Topfstauden, Helleborus und Hortensien. Doch produziert er selten zwei Jahre das Gleiche, sondern nimmt immer wieder neue Kulturen auf. Über 50 % des Pflanzenschutzes erfolgen mit Nützlingen und biologischen Pflanzenschutzmitteln. Bereits seit 15 Jahren werden Nützlinge eingesetzt und "alternative Spritzmittelversuche" durchgeführt. Seit zehn Jahren sind sie mit Dieter Henzler (Mack bio-agrar) im Gespräch, der sie wie auch Lars Pirwitz vom Betreuungsdienst Nützlingseinsatz Nordbaden berät.
Zudem arbeiten sie seit 2007 eng mit Andrea Terhoeven-Urselmans im Bereich Homöopathie und Pflanzenstärkungsmittel zusammen.
Anlaufzeit erforderlich
Nach Umbachs Erfahrungen funktioniert der Nützlingseinsatz, braucht aber länger. Auch sahen die Pflanzen nach der Umstellung auf biologische Mittel besser aus. Der nächste Schritt wird der Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln sein. Nach den bisherigen Erfahrungen ist die Produktion zwar teurer, aber die Resultate sind besser. Klaus Umbach vermarktet seine Produkte aber nicht unter dem Bio-Siegel, da er sich bei Bedarf den Griff auf konventionelle Chemie offen halten will. Er hat zudem noch alle Mittel im Betrieb, setzt diese aber immer seltener ein. Der Betrieb beschäftigt derzeit neben dem Unternehmerehepaar zwei Gärtnermeister, drei Gehilfen, acht Auszubildende, zwei Aushilfen, zwei Teilzeitkräfte, zwei bis drei Praktikanten und je nach Saison bis zu sechs polnische Saisonkräfte. Der Absatz erfolgt über Landgard-Blumengroßmärkte, den Blumengroßhandel, Gartencenter sowie der Rohwarenverkauf an Endverkaufsbetriebe und Selbstabholer in Süddeutschland.
Bio-Schnittblumen
Die Brüder Dietmar und Thomas Schöwerling betreiben eine Schnittblumengärtnerei in Halle/Westfalen. Gegründet wurde die Gärtnerei 1982 mit der Absicht, Trockenblumen zu produzieren und über den eigenen Laden abzusetzen. Doch dann wurde vieles, was sie trocknen wollten, frisch verkauft. Seit 1984 verzichtet der Betrieb komplett auf Chemie. 1997 ist er Bioland beigetreten und zur Anerkennung waren keine kulturtechnischen Veränderungen notwendig. Eine Hauptkultur sind Sonnenblumen, von denen im Jahr 200.000 ausgesät werden. Es wird erwartet, davon 100.000 verkaufen zu können. Sie arbeiten mit Pferdemist als Dünger. Da bei der Ernte nur 20 % der Grünmasse entfernt werden, reicht dies aus. Die Flächen werden erst im Frühjahr gepflügt und die Grünmasse eingearbeitet. In der Halle sind zudem viele Flächen, wo sich Nützlinge zurückziehen können, so dass sie auch mit Schädlingen wenig Probleme haben. Mit der Anerkennung als Bioland-Betrieb erschloss sich der Betrieb zusätzliche Absatzkanäle über den Naturkosthandel. Hier zeigte sich aber, dass der klassische Naturkosthandel mit dem Produkt Bio-Schnittblume nicht zurecht kam. Eine Steigerung des Absatzes erzielte der Betrieb mit dem Export von Bio-Schnittblumen und Bio-Blumensträußen in die Schweiz. 2004 bis 2006 wurde ein Großteil an die Coop Schweiz geliefert. Aufgrund der ständig steigenden Transportkosten musste der Absatz in die Schweiz jedoch wieder aufgegeben werden. Da sich der deutsche Markt für Bio-Schnittblumen nicht nennenswert weiterentwickelt hat, wurde die Blumenproduktion stark eingeschränkt. Derzeit überlegt der Betrieb, eventuell mehr Schnittgrün zu produzieren und mehr mit Sträuchern zu arbeiten. Das Fazit, das der Betrieb nach 18 Jahren Erfahrungen mit dem Bio-Blumen zieht, ist wenig positiv, da die Kaufargumente im Handel und beim Verbraucher meist Qualität und Preis lauten. Lediglich 5 % der Verbraucher greifen laut Schöwerling bewusst zu Bio-Blumen, der Bio-Handel arbeite bezogen auf Blumen inzwischen besser, aber übernimmt in der Regel lediglich Kommissionsware.
Knackpunkt Vermarktung
Erfahrungen mit Bio-Blumen in der Schweiz zeigen, dass Bio-Ware nicht mit dem Standardsortiment konkurrieren kann. Trotzdem gibt es auch genügend Beispiele, die Möglichkeiten einer erfolgreichen Vermarktung aufzeigen.