1255604093.jpg

© Ludewig

Verkaufsanlagen

Ein Artikel von Ralf Ludewig | 15.10.2009 - 13:41
1255604093.jpg

© Ludewig

Der grüne Markt ist hart umkämpft. Kontinuierlich entstehen neue, großflächige Gartencenter der einschlägigen Handelsketten. Jeder dieser Märkte schöpft einen erheblichen Prozentsatz dessen ab, was die Einwohner der betreffenden Region für Blumen, Pflanzen und Gartenartikel ausgeben. Der gärtnerische Einzelunternehmer muss sich fragen, was für ihn noch übrig bleibt und ob die zu erwartenden Umsätze den Bau einer enorm teuren Verkaufsanlage heute tatsächlich noch rechtfertigen.

Mitbewerber sind Profis
Bevor auch nur der erste Gedanke an die konzeptionelle Planung verschwendet wird, muss sich der Bauherr in spe darüber im Klaren werden, dass Marktanteile heute nicht mehr neu geschaffen werden. Vielmehr muss jeder Euro, der in einer neuen Verkaufsstätte ausgegeben werden soll, einem Mitbewerber weggenommen werden.
Bei diesen Mitbewerbern handelt es sich aber schon lange nicht mehr um fachfremde Trittbrettfahrer, sondern um schlagkräftige Handels- und Vermarktungsketten. Diese bieten qualitativ hochwertige und frische Pflanzen oft zu Preisen an, zu denen sich der Gärtner nicht einmal an seinem Großmarkt versorgen kann. Auch die Beratungsqualität hat in den vergangenen Jahren bei den Ketten stark zugelegt. Man leistet sich einen Gärtnermeister, der ohne unternehmerischen Stress kompetent Rede und Antwort stehen kann. D.h. genau das, was sich der Gärtner als Kernkompetenz auf seine Fahne schreibt, wird von den „Großen“ genauso geboten.
Darüber hinaus bieten sie ein vielschichtiges Sortiment, weit über die Pflanze hinaus. Großzügige Zooabteilungen, Weinprobierstände und vielfältige Aktionstage machen den Einkauf zum Erlebnis. Da­rüber hinaus sind diese Märkte verkehrsgünstig gelegen und bieten genügend Parkmöglichkeiten. Eindrucksvolle Werbekampagnen sorgen zudem dafür, dass sich diese Einrichtungen als Einkaufsstätte für Blumen und Pflanzen in den Köpfen der Konsumenten etablieren.

Erfolg durch Neubau?
So muss sich der Gärtner also fragen, was er dem Kunden zu bieten hat, was die anderen nicht haben. Wer diese Frage nicht klar beantworten kann, der sollte den Gedanken an einen Neubau schnellstmöglich zu den Akten legen. Noch verheerender ist es, wenn eine neue Verkaufsanlage als Rettungsanker gesehen wird, wenn der Betrieb in Schwierigkeiten steckt. Sämtliche Probleme, die der Betrieb vorher hatte, werden durch einen Neubau verstärkt, ja potenziert. Das bloße Weiterführen eingefahrener Handlungsabläufe - lediglich in neuen Räumlichkeiten - ist nicht ausreichend, denn eine solche Investition setzt zu ihrer Amortisation erhebliche Umsatz- und Gewinnsteigerungen voraus. Hier ist also eine echte Geschäftsidee gefragt.

Nur derjenige, dessen Geschäft prächtig läuft und aus allen Nähten platzt, sollte sich ernsthaft mit dem Gedanken an einen Neubau befassen. Man muss sich klarmachen, dass es sich bei einem Unternehmen um ein komplexes und dynamisches System handelt und Erfolg sich aus vielen verschiedenen Bausteinen zusammensetzt. Hierzu zählen Komponenten wie Personalmanagement, Einkaufspolitik, arbeitswirtschaftliche Organisation, Pro­dukteffizienz, Fachkompetenz, Flächenbewirtschaftung, Marketing usw. Der Betrieb kann nur so erfolgreich sein, wie es das schwächste Glied in dieser Kette zulässt. Die bauliche Anlage selbst stellt nur die Plattform dar, auf welcher sich wirtschaftlicher Erfolg abzuspielen vermag. Hier werden die Rahmenbedingungen festgelegt, in denen das tägliche Verkaufsgeschehen abläuft. Sie allein ist jedoch kein Erfolgsgarant.

1255604061.jpg

© Ludewig

Bau- und Unter­haltungskosten
Betrachtet man die heutigen Baukos­ten für eine Verkaufsanlage, wird schnell klar, auf welches Risiko sich der Unternehmer hier einlässt.
Für einen Neubau mit 1000 m² überbauter Verkaufsfläche entstehen durchschnittlich, alles in allem, Ge­samtkosten von ca. 600.000 Euro – also 600 €/m². Je kleiner die Anlage, des­to ungünstiger wirkt sich dies auf die Baukosten aus. Ein Neubau von nur 200 m² kostet bereits 850 €/m² und bei einer Anlage mit 50 m² ist mit Kosten von 1200 €/m² zu rechnen.
 Neue Verkaufsflächen müssen aber nicht nur gebaut und finanziert, sondern auch unterhalten werden. Zu den Finanzierungskosten kommen also die laufenden Kosten für den Wareneinsatz, Personalkosten, Heizung, Strom, Wasser etc. So kostet ein Quadratmeter Verkaufsfläche einer neuen 200 m²-Anlage den Betreiber durchschnittlich insgesamt rund 900 Euro pro Jahr. Bei einer 1000 m²-Anlage sind es dagegen nur ca. 500 E/a. Daraus lässt sich leicht ableiten, welche Umsätze die neue Anlage jährlich pro Quadratmeter erwirtschaften muss, damit sie sich trägt und noch ein angemessener Gewinn erwirtschaftet werden kann. Bei 200 m² Verkaufsfläche beträgt der benötigte Umsatz pro Quadratmeter und Jahr rund 1120 €. Bei 1000 m² sind es immerhin noch 630 €. Es zeigt sich, dass kleine Anlagen im Verhältnis deutlich teurer sind und auf den zur Verfügung stehenden Flächen deutlich höhere Umsätze erzielt werden müssen als in einer großen Anlage.

Vor jeder konzeptionellen Planung gilt es daher zunächst zu prüfen, inwieweit ein Neu- oder Umbau am gegebenen Standort überhaupt sinnvoll ist und ob die erforderlichen Umsätze überhaupt erwirtschaftet werden können. Eine genaue Markt- und Standortanalyse, die eine solche Umsatzprognose ermöglicht, ist daher unerlässlich.

Klares Unternehmenskonzept
Sind diese Punkte geklärt, kann sich der Unternehmer überlegen, wie er sich mit seiner neuen Verkaufseinrichtung am Markt platzieren möchte. „Profil zeigen“, sich „am Markt profilieren“ sind viel strapazierte Schlagworte der Marketing-Experten. Dazu muss man aber sein Profil erst einmal kennen und wissen, welches Firmenkonzept am jeweiligen Standort überhaupt erfolgversprechend ist. Nur wer von Vornherein weiß, was er in Zukunft mit seiner neuen Verkaufsanlage darstellen möchte, was er darin tun will und welche Unternehmensziele er zu erreichen sich vorgenommen hat, wird ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen. Bei einer Neuplanung muss es sich dann um eine individuell auf den Betrieb zugeschnittene Konzeption handeln, die sämtliche inneren Ansprüche be­rücksichtigt. Um diese Ansprüche herum muss eine passende Hülle konstruiert, buchstäblich ein Maßanzug geschneidert werden.

Verkaufsanlage mit Multifunktion
Vor diesem Hintergrund ist daher die Fragestellung: „Was und wieviel soll an wen verkauft werden?“ von entscheidender Bedeutung, um zu einer sinnvollen Architektur, Aufteilung und Größe der zukünftigen Verkaufsanlage zu gelangen.
Eine gärtnerische Verkaufsanlage teilt sich in einzelne Funktionsbereiche, denen spezifische Aufgaben zugeordnet sind und denen die Baulichkeit folglich in ihrer Ausführung Rechnung tragen muss. Dies sind der Ladenteil, die Verkaufsgewächshäuser, die überdachten und nicht-überdachten Freiverkaufsflächen, Arbeits- und Lagerräume sowie die Außenanlage mit Parkplätzen. Da­rüber hinaus kann durch die baulich-technische Arbeitsplatzgestaltung direkter Einfluss auf die Arbeitsbedingungen und damit auf die menschliche Leistungsfähigkeit genommen werden. Schließlich, aber deswegen nicht weniger wichtig, muss die Anlage den Vorgaben des Gesetzgebers gerecht werden, d.h. der Bau muss den anerkannten Regeln der Technik entsprechen und sämtliche Auflagen durch Gesetze, DIN-Normen und Technische Regelwerke erfüllen.

Welche Umsätze werden wo gemacht?
Nur eine klare Kenntnis darüber, welche Umsätze mit den einzelnen Warengruppen auf welcher Verkaufsflächenart zu erzielen sind, macht eine sinnvolle Einteilung und Dimensionierung der einzelnen Bereiche möglich. Dabei sollten jene Verkaufsflächenarten stärker ins Gewicht fallen, die ein günstiges Erlös-Kosten-Verhältnis aufweisen.
Hierbei schneiden vor allem die überdachten Freiflächen besonders gut ab, da sie günstig in der Anschaffung und in der Unterhaltung sind (keine Heizkosten), aber dennoch große Umsätze ermöglichen.Betrachtet man das bisher Gesagte, so lassen sich drei Erfolgsgaranten extrahieren:

• Kostenoptimierte Bauweise
• Gezielte Flächengewichtung
• Optimierte Prozesskosten

Wo lässt sich sparen?
Gerade was eine kostenoptimierte Bauweise anbelangt, leisten sich jedoch viele Gärtner unnötigen Luxus, der später die Wirtschaftlichkeit in Frage stellen kann. Während Bauhaus und Co. ihren Verkauf in schlichten Hallen abwickeln, deren Eingangs­portal lediglich kulissenartig hervorgehoben ist, findet man in Gärtnereien häufig wahre Tempel der Glasarchitektur.
Leider steht dem Gärtner, wie all seinen Mitbewerbern, nur das Geld zur Verfügung, das seine Kunden bei ihm ausgeben. Und kein Kunde ist heute bereit mehr Geld für eine Pflanze auszugeben, nur weil er diese in einem schönen Gewächshaus überreicht bekommt. Konsequente Kostendisziplin ist daher bei der Planung unumgänglich.

Hände weg von Designerprodukten
Die Kostendisziplin beginnt mit der Auswahl der Tragkonstruktion. Normtypen sollten immer Vorrang vor Sonder­konstruktionen genießen. Lediglich das Eingangs­portal sollte markant und auffällig gestaltet werden. Es ist Blickfang und die Visitenkarte der Anlage. Zur Beheizung sollten, wo immer es möglich ist, Luftheizsysteme zum Einsatz kommen. Diese sind deutlich billiger als Rohrheizungen und bei richtiger Dimensionierung hält sich die Geräuschentwicklung in Grenzen. Bei der Inneneinrichtung lautet die Devise „einfach, aber durchdacht und zweck­mäßig“. Dies gilt gleichermaßen für Bodenbeläge, Warenträger und Beleuchtung.

Auf „Designerprodukte“ sollte in jedem Fall verzichtet werden. Sie werden vom Kunden weder honoriert, geschweige denn bezahlt. Automatiktüren sollten nur dort eingebaut werden, wo sie dringend notwendig sind. Die Anzahl der regeltechnisch getrennten Klimaabteilungen sollte auf das wirklich notwendige Maß reduziert werden.
Große Schaufensterfronten sind unnötig. Hier kann mit Scheibensystemen der Gewächshaushersteller gearbeitet werden, die es in Breiten bis 1,20 m gibt. Man muss sich von dem Gedanken verabschieden, dass alles was optimal und technisch machbar ist auch zur Anwendung kommen muss. Wenn die Preise für das zu verkaufende Produkt nicht zu steigern sind, dann muss zwangsläufig auf der Ausgabenseite gespart werden - will der Unternehmer nicht aus eigener Tasche draufzahlen.

Anbieter vergleichen
Darüber hinaus führt ein Kostenvergleich der ver­schiedenen Anbieter mitunter zu erheblichen Einsparungen. Um Angebote wirklich vergleichbar zu machen, ist allerdings eine sorgfältige Planung im Vorfeld notwendig. Hier ist ggf. ein neutrales Planungsbüro zu beauftragen.Wer heutzutage noch Bauverträge mit vagen und ungenauen Formulierungen unterzeichnet, öffnet unseriösen Anbietern Tür und Tor und hat später oft das Nachsehen.
Der Einbau von Gewerken, die im Vertrag „vergessen“ wurden, aber für die Funktionalität der neuen Anlage unbedingt erforderlich sind, kann die Baukosten dann dras­tisch in die Höhe treiben. Nur eine genaue vertragliche Fixierung aller notwendigen Leistungen in einem verifizierten Leistungsverzeichnis schützt vor bösen Überraschungen und macht die finanzielle Belastung für den Betrieb kalkulierbar.

Fazit
Hier schließt sich der Kreis: Der Gärtner verkauft heute in gesättigte Märkte. Würde man morgen die Hälfte aller Verkaufseinrichtungen schließen, gäbe es für den Konsumenten immer noch keine ernsthaften Versorgungsengpässe. Die Mitbewerber sind schlagkräftig, finanzstark und fachlich kompetent. Wer es dennoch wagen möchte, in diesen Markt zu investieren, der braucht Mut, unternehmerisches sowie verkäuferisches Geschick und einige wirklich herausragenden Ideen.

Planungsschritte

  •  Entwicklung eines klaren Unternehmenskonzepts, das auf eigenen Stärken basiert und die Potenziale des Standorts berücksichtigt.
  •  Einbeziehung der Stärken und Schwächen der Mitbewerber
  •  Welche Kunden kann ich mit meinen Stärken begeistern und ansprechen?
  •  Klare Sortimentsausrichtung nach diesen Ergebnissen
  •  Planung von „Innen nach Außen“, so dass die Gebäudehülle dem Anspruch des Sortiments gerecht wird.