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Rasen aus Profi-Hand

Ein Artikel von Ulrike Fassler | 26.04.2011 - 09:00
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Welche Funktion soll die Rasenfläche für die Nutzer besitzen, wie häufig und mit welchem Pflegeaufwand kann die Fläche gepflegt werden und befindet sich die Rasenfläche in sonniger oder schattiger Lage? All diese Fragen hat sich der Gärtner bzw. Landschaftsgestalter zu stellen, wenn er vor der Umsetzung eines neuen Projekts steht. Bei Saatguthändlern können neben zahlreichen fertigen Saatgutmischungen für die unterschiedlichsten Ansprüche auch Mischungen nach individuell erstellter Rezeptur angefordert werden. Je besser man daher über die Leistungseigenschaften der einzelnen Gräser Bescheid weiß, desto kompetenter kann man bei der Erstellung eines geeigneten Mischungsverhältnisses mit­bestimmen.
Die einheitlich anmutende Pflanzenfamilie der Gräser ist aus botanischer Perspektive mit 1.100 Arten eines der größten Artenspektren.

Die wichtigsten drei Rasensorten, welche in unterschiedlichen Mischungszusammensetzungen die verschiedenen Rasentypen repräsentieren, heißen Lolium perenne, Festuca rubra ssp. und Poa pratensis.
Lolium perenne, englisches Raygras oder auch als deutsches Weidelgras bekannt, zeichnet sich durch Robustheit und Belastbarkeit aus. Das Blatt wächst breit und ist aufgrund seiner zähen Beschaffenheit sehr trittfest sowie unempfindlich gegen Kurzschnitt. Ein wesentliches Qualitätskriterium ist seine rasche Keimfähigkeit und Schnellwüchsigkeit. Aus diesem Grund findet sich Lolium perenne in vielen Rasenmischungen in einem hohen Mengenanteil. Bei Trockenheit und Kälte reagiert Lolium perenne jedoch empfindlich in Form von Ausfallserscheinungen.
Festuca rubra ssp. bzw. Rotschwingelsaatgut entwickelt dichtes und elegantes Gras mit einem sehr feinen Blatt. Seine Anspruchslosigkeit macht es tolerant gegenüber Trockenheit, Schatten und Kurzschnitt. Das feine Blatt ist allerdings schlecht belastungsverträglich.
Festuca rubra trichophylla ist ein kräftiges, stark wüchsiges Gras, welches sich durch seine Trockenheitsresistenz bewährt. Haupteinsatzgebiet ist der Golfplatz.
• Langsam im Wachstum, dafür aber umso ausdauernder ist Poa pratensis bzw. Wiesenrispe. Das zuverlässig wachsende niedrigwüchsige Blatt ist trockenheitsverträglich und eignet sich daher als Lückenfüller in Rasenflächen. Durch sein tiefreichendes Wurzelsystem ist das Gras sehr belastbar und ausdauernd.

Von allen Rasengräsern gibt es in den Saatgutfirmen natürlich je nach Bedarf  zahlreiche weitere eigene Zuchtsorten mit speziellen Qualitäten.
Erwähnenswert sind unter den Rasengräsern aus der Familie der Rotschwingelgräser die häufig in Rasenmischungen vorkommenden Festuca rubra genuina und Festuca rubra commutata. Festuca rubra genuina ist sowohl gegen Trockenheit als auch gegen Kälte unempfindlich. Das feine Blatt und das dichte Wachstum macht diese Sorte attraktiv. Festuca rubra commutata bildet sehr schnell Bestände aus, ist aber bei ständigem Kurzschnitt nicht ganz so konkurrenzfähig wie z. B. rotes Straußgras. Seine ausgezeichnete Trockenheitsresistenz ist sein Qualitätskriterium. Die Sorte bildet eine dichte und feine Narbe und verdrängt durch ihre rasche Entwicklung aufkeimende Unkräuter.
Eine der am häufigs­ten verwendeten Arten für besonders feine Rasen ist Agrostis capillaris das Rotstraußgras, ein extrem kurzschnittverträgliches Gras, welches feuchtere Lagen bevorzugt und eine dichte Grasnarbe mit mittelfeinem Blatt ausbildet. Horstbildend und sich über kurze unterirdische Ausläufer (Stolone und Rhizome) verbreitend findet es seine Hauptverwendung in feinen Zierrasen oder in Spezialmischungen wie z. B. auf Golfplätzen.
Ein sehr widerstandsfähiges Gras, welches auch tiefes Mähen ermöglicht und sich durch seine Anspruchslosigkeit und Dichthorstigkeit auch für Landschaftsrasen eignet, ist Festuca ovina der Schafschwingel.
Eine für Sportrasen im Handel neu hinzugekommene Grasart heißt Lolium multiflorum. Diese ist aufgrund ihrer frühen Keimung ab 5 °C und aufgrund ihrer schnellen Jugend für die Nachsaat bei Sportrasenflächen sehr geeignet. Diese Grasart ermöglicht somit bereits im März eine Nachsaat.

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Mischungsverhältnisse
Die unterschiedliche Gewichtung der Mischungspartner ergibt die verschiedenen Rasentypen. Ein Rasentyp benötigt insgesamt ca 6–8 Wochen bis zur vollständigen Keimung aller Gräser. Am schnellsten entwi­ck­elt sich mit einer Keimdauer von zwei Wochen das Lolium perenne. Somit entsteht zu Beginn der Rasenbildung bei Rasentypen mit Lolium perenne-Anteil ein reiner Lolium-Rasen, welcher Schatten und Windschutz für die Ent­wicklung der übrigen Gräserarten bietet. Nach Keimung und Aufgang des Rasens wachsen zunächst zwei- bis dreiblättrige Pflanzen. Erst nach ca. vier Monaten entsteht der gewünschte dicht gewachsene Rasen. Je nach gewünschten Eigenschaften werden die Mengenanteile der einzelnen Gräser daher in den Mischungen unterschiedlich gewichtet. So besitzt z. B. ein Zierrasen bis zu 90 % Festuca Rubra, im Sportrasen findet sich wiederum ein Mengenanteil von ca. 60 % Poa pratensis und in einer Rege­nerations­rasenmischung etwa 80–90 % Lolium perenne.
Als Produkt aus einem gemeinsamen Studienprojekt mit der Universität für Bodenkultur, Wien wird von der Firma Austrosaat eine neue, für die extensive Grünflächenanlage einsetzbare Schotterrasenmischung unter dem Namen „Schotterrasen BOKU“ angeboten. Dieses aus EU-gefördertem Projekt entstandene Produkt wurde als Gräser-Klee-Kräutermischung entwickelt, welche sich vor allem für die Bepflanzung öffentlicher, extensiv genutzter Randbereiche wie z. B. von Autoabstellplätzen oder von Gleiskörpern eignet. Das große Interesse für diese Saatgutmischung wurde, mitunter auch aufgrund seiner Wirtschaftlichkeit – extensive Begrünungen sind neben der Umweltfrage immerhin auch kostengünstiger und ästhetischer als Versiegelungen – bereits mit zahlreichen Firmenanfragen bekundet.

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Nährstoffansprüche
Voraussetzung für ein vitales Wachstum sind ausgeglichene Nährstoffbedingungen und eine ausreichende Bewässerung. Bei der Bewässerung ist darauf zu achten, dass in erster Linie nicht der Rasentyp, sondern die Bodenart vorgibt, in welcher Intensität bewässert werden muss. Ebenso verhält es sich bei der Festlegung der Düngermenge. Ein Nährstoffmangel begünstigt neben einer geringeren Vitalität der Gräser vermehrt die Entstehung von Krankheiten. Deshalb ist es notwendig, den Rasen auch entsprechend seinem Nährstoffbedarf zu versorgen. Düngung ist folglich nichts anderes als angewandte Pflanzenernährung. Die Nährstoffe Stickstoff, Phosphat, Kalium, Magnesium sowie Spurenelemente sind für das gesunde Wachstum der Gräser bedeutend.
Stickstoff ist für den Aufbau von Zellen sowie die generelle Regeneration und das allgemeine Wachstum der Gräser essentiell. Phosphat wird für ein tiefes Wurzelwachstum benötigt. Tiefe Wurzeln sind besonders in trockenheitsgefährdeten Gebieten für die Sicherung der Wasserversorgung wesentlich. Optimalen Stoffwechsel und Reservenbildung für den Winter in Form von widerstandsfähigem, festem und straffem Gewebe wird durch die Gabe von Kalium gewährleistet. Für ein sattes Grün der Gräser sorgen Magnesium und Spurenelemente. Das Verhältnis der benötigten Nährstoffe N:P:K:Mg zueinander ist trotz unterschiedlicher Rasentypen annähernd für jeden Typus konstant mit 1:0, 3:0, 8:0, 2 und kann als Orientierung  für eine Düngungszusammenstelllung herangezogen werden.

Sportrasenpflege
Einer intensivierten Pflege sowohl durch Nährstoffe als auch durch mechanische Bodenbearbeitung, bedürfen insbesonders die Sportrasenflächen. Dr. Fritz Lord von der Firma Compo, Münster/D referierte am 24. März in der Generali Arena in Wien im Rahmen einer von Compo veranstalteten Fachtagung unter dem Motto „Rund um den Sportrasen“. Sein Thema hieß „Förderung und Erhalt der Leistungseigenschaften von Gräsern durch gezielte Nährstoffapplikationen“. Im Zuge seines Vortrages stellte Lord die Vorteile neuer Düngerprodukte für die professionelle Rasenpflege vor.
Dabei ging er besonders auf die nachhaltige Methode der Langzeitdüngung ein, die vor allem in Zeiten der Pestizidreduktion zunehmend an Aktualität gewinnt.  Die Verlaufskurve der Rasenvegetation gleicht sich bei Düngung mit Langzeitdüngern annähernd an die natürliche Vegetationskurve an. Ein gleichmäßigeres Wachstum bei gleichzeitiger Bodenschonung sind die wesentlichen Vorteile dieses Düngeverfahrens. Geringe Auswaschungsverluste und Salzschäden kommen als weitere Vorteile hinzu. Bei den Langzeitdüngern unterscheidet Compo hauptsächlich die zwei unterschiedlichen Düngesys­teme der molekularen N-Bindungen und N-Kondensate sowie der umhüllten Produkte. Weiters gibt es aber auch Mischprodukte aus diesen beiden Kategorien.

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© Compo

Düngerempfehlungen
Als besondere Errungenschaft in der Düngestrategie von Sportrasenflächen stellte Lord  das Düngemittel Rasen ®Floramid, einen feingekörnten Rasen-Volldünger mit dem Bakterium Bacillus subtilis Selektion R4-CDX® und Isodur®-Langzeit-Stickstoff, vor. Dieses Bakterium wächst mit der Wurzel mit und umhüllt sie wie eine Schutzummantelung (siehe Grafik Seite 22).
Als Variante der herkömmlichen Düngung über den Boden stellte Lord außerdem die Möglichkeit der Blatt
düngung vor. Bei dieser Düngungsmethode erfolgt die Aufnahme der Nährstoffe über die Stomata und Mikroporen des Blattes. Diese Methode kommt dann zum Einsatz, wenn Mangelsymptome rasch ausgeglichen bzw. bestimmte Spurennährstoffe aufgebracht werden müssen bzw. bei Trock­enheit und ungünstigen Bodenverhältnissen. Eine Düngung mit dem halm- und strukturstärkenden Silizium kann z. B. auf diese Weise vorgenommen werden.

Mechanische Pflege
Für die Aufrechterhaltung der Leistungseigenschaften eines Sportrasens sind neben präzise abgestimmter Nährstoffversorgung und Vitalisierung noch mechanische Bodenbearbeitungsmaßnahmen notwendig. Zu Pflegemaßnahmen von  Sportrasenflächen referierte
DI Martin Bocksch vom
deutschen Rollrasenverband und stellte zehn Tipps der
Rasenpflege vor.
Abschließend präsentierte die Firma Prochaska aus Wien, Vertriebspartner der bekannten Gerätehersteller Toro, Wiedenmann und Kioti unter dem Motto „Rasenpflege leicht gemacht“ ihre zahlreichen Pflegemaschinen für die professionelle Rasenpflege von Park-, Sport- und Golfanlagen. Eine praktische Vorführung der Geräte demonstrierte den zahlreichen Fachbesuchern den Komfort und die Benutzerfreundlichkeit der Geräte. Der richtige Zeitpunkt der Maßnahmensetzung ist für den Pfle­ge­erfolg, insbesonders bei Sportrasenflächen, am wichtigsten, waren sich die Referenten einig.   

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Zuchtziele für Rasensorten (nach Hope, Schulz)
• Strapazierfähigkeit
• Resistenz gegen Trockenheit
• Verträglichkeit gegenüber
   häufigem Kurzschnitt
• Mangelnde Schoßneigung
und Blütenbildung
• Resistenz bzw. Toleranz gegen­über Krankheiten
• Anpassungsfähigkeit an ver­schiedenste Bodenverhältnisse
• Schattenverträglichkeit
• Konkurrenzverhalten gegenüber anderen Gräsern
• Feinblättrigkeit
• Regenerationsfähigkeit nach
starker Beanspruchung (Quelle: Austrosaat)

Forschungsprojekt Green Concrete
In Kooperation mit der Stadt Graz entstanden im Sommer 2009 die ersten Schotterrasen Gleiskörper. Die 131 m lange Versuchsstrecke in der Conrad von Hötzendorfstraße ist nicht nur begrünt, sondern auch befahrbar, etwa durch Einsatzfahrzeuge oder Sondertransporte. Eine regelmäßige Befahrung ist nicht vorgesehen. Die Aufwuchshöhe der Vegetation ist durch den Bodenabstand der in fünf Minuten Intervallen geführten Straßenbahngarnituren limitiert. Bewässerung bzw. Mahd ist nicht notwendig.
Das Vegetationsmonitoring zeigte, dass sich eine artenreiche Saatgutmischung am besten auf diesem Standort entwickeln konnte. Bedingt durch Ausfälle von einzelnen Arten wurde eine Adaption der ursprünglichen Mischung auf das folgende Mischungsverhältnis vorgenommen (Gräser 70 Gewichts-%, Leguminosen 10 Gewichts-%, Kräuter 20 Gewichts-%).
Beispiele für die Begrünung von Schotterrasen geeignete Gräser-, Leguminosen- und Kräuterarten:
•    Festurca spec., Lolium perenne, Poa pratensis
•    Anthyllis vulneraria, Trifolium spec., Medicago lupolina
•    Achillea millefolium, Anthemis nobilis, Bellis perennis, Thymus pulegioides, Plantago media, Petrorhagia saxifraga, Salvia nemorosa, Leucanthemum vulgare     (www.schotterrasen.at)



Mischungsverhältnisse
Zusammensetzung der Mischungen in Gewichts-Prozent:

PARK- & GARTENRASEN SPEZIAL
• 40,0 % Englisches Raygras
• 10,0 % Ausläuferrotschwingel
• 20,0 % Horstrotschwingel
• 10,0 % Kurzausläuferrotschwingel
• 20,0 % Wiesenrispe

FAIR PLAY - SPORTRASEN
Der Sportrasen der Extraklasse!
Zur Neuanlage von Rasenflächen.
• 40,0 % Englisches Raygras in 2–3 verschiedenen Sorten
• 10,0 % Horstrotschwingel
• 15,0 % Kurzausläuferrotschwingel
• 35,0 % Wiesenrispe in 2–3 verschiedenen Sorten

PROFI – SPORTRASEN
• 40,0 % Englisches Raygras in 2–3 bestgeeigneten Sorten
• 60,0 % Wiesenrispe in 2–3 bestgeeigneten Sorten

QUICK PLAY – RASEN-REGENERATION
Saatgut-Spezialmischung aus sehr rasch wachsenden Gräsern zur Einsaat in lückige Spiel-/ Sportrasen und alle stark benutzten Rasen­flächen im Garten (10-30 g/m2 je nach Zustand der zu regenerieren­den Fläche)
• 85,0 % Englisches Raygras in 2–3 verschiedenen Sorten
• 15,0 % Wiesenrispe

LANDSCHAFTSRASEN - TROCKENRASEN
• 10,0 % Englisches Raygras
• 20,0 % Horstrotschwingel
• 15,0 % Kurzausläuferrotschwingel
• 15,0 % Ausläuferrotschwingel
• 10,0 % Schafschwingel
• 15,0 % Härtlicher Schwingel
• 15,0 % Wiesenrispe in 2 Sorten
(Austrosaat)

Pflegetipps für den Top-Sportrasen

In Form eines 10-Schritte-Katalogs gibt DI Martin Bocksch, DGV-Umweltberater, Vorstand der deutschen Rasengesellschaft, Anleitungen, welche Pflegemaßnahmen für die Erhaltung der Qualität eines Sportrasens notwendig sind:
1. Düngung im Frühjahr
Starten Sie die Düngung zeitig im Februar und wässern Sie den Rasen danach
2. Bewässerung bei Bedarf – Führen Sie im Sommer Kühlungsberegnungen durch (ideal: 10 –11 Uhr, 5 Min.), Tau entfernen, damit Pilze keine Chance haben
3. Regeneration und Besanden
Bearbeiten des Bodens durch Vertidrain und anschließendes Besanden fördert intensiveres Wurzelwachstum
4. Nachsaat und Notnachsaat im kalten Frühjahr – punktuell, ganzflächig oder mehrmalig dünn
5. Striegeln (wöchentlich) – totes und abgestorbenes Blattmaterial wird aus dem Boden geholt
6. Divots zurücklegen – Spielnachpflege betreiben  – Motivieren Sie die Sportfreunde zur Narbenpflege
7. Unkräuter bekämpfen
8. Schäden ausstechen – Mit Sodenstechern lassen sich kleinflächige Schäden und Unkrautbefall bekämpfen
9. Austausch von großen Rasenstücken
10. Pflege- und Platzmanagement betreiben – Setzen Sie bereits zu Jahresbeginn konkrete Termine für die verschiedenen Pflegearbeiten fest