Nach der Methode Koch bestimmt sich der Wert eines Gehölzes durch die Kosten, die ein verständiger Eigentümer fallspezifisch nach der Gehölzfunktion ausgeben würde, um einen solchen Baum zu bauen. Entscheidend für die exakte Gehölzwertermittlung ist die gutachtlich richtige Beurteilung der Funktion.
Für die Funktionsprüfung ist die örtliche Bedeutung des Baumes zu ermitteln. Aus dieser Gehölzfunktion leitet sich das technische Erfordernis ab, größere oder kleinere Bäume an dieser Stelle zu pflanzen (= Ausgangsgröße) und zu ermitteln, nach wie vielen Jahren (= Herstellungszeit) dieser Baum die ihm zugedachte Aufgabe erfüllen kann.
Ausgangsgröße
Die Ermittlung der Ausgangsgröße (Pflanzgröße) ist die zentrale sachverständige Fragestel-lung; ihre Festlegung bildet die Preisbasis der weiteren Wertberechnung. Sie wird ausschließlich durch fachliche Argumente (Gehölzart, Standort, Situation und Funktion) bestimmt und hat sich an den tatsächlichen Verhältnissen zu orientieren. Hierbei ist es nicht maßgeblich, in welcher Größe das zu taxierende Gehölz seinerzeit gepflanzt wurde; die ursprüngliche Pflanzgröße ist immer in Bezug auf die aktuelle Gehölzfunktion zu hinterfragen.
Die sachverständige Festlegung der Ausgangsgröße folgt der funktionsbezogenen Analyse, wobei jedoch die (wahrscheinliche) subjektive Entscheidung des geschädigten Grundei–gentümers mit zu berücksichtigen ist. Dieser Ansatz ist nicht gänzlich unproblematisch, da der in der Fachliteratur formulierte Grundsatz „welches Gehölz würde ein wirtschaftlich denkender Mensch noch in seine Überlegungen miteinbeziehen, wenn er selber für die Wiederherstellung des eingetretenen Schadens aufkommen müsste“ zwangsläufig – je nach finanzieller Potenz des Geschädigten (bzw. Bereitschaft in gartengestalterische Maßnahme zu investieren) zu unterschiedlichen Bemessungen führen muss.
Neupflanzung
Der Gehölzpreis ergibt sich aus den zum Bewertungsstichtag gültigen Pflanzenkatalogpreisen (inkl. USt.) österreichischer Baumschulen und Gartenbaubetriebe. Bei größeren Pflanzgrößen und höherer Stückzahl ist der branchenüblich gewährte Preisnachlass zu berücksichtigen und in Abzug zu bringen; Sonderangebote oder überzogene Preise sind jedoch auszuscheiden. Die Kosten (Setzkosten) umfassen die tatsächlichen Aufwändungen für die Pflanzenanlieferung und die fachgerechte Verpflanzung. Sie richten sich nach Transportstrecke, Größe des zu verpflanzenden Gehölzes, Besonderheiten des Standortes und Anzahl der zu pflanzenden Gehölze (Rationalisierungseffekte). Pflanzungskos–ten sind deshalb immer individuell zu ermitteln; Richtwerte müssen entsprechend den örtlichen Verhältnissen adaptiert werden.
Anwachsphase
Die Anwachsphase des neu gepflanzten Gehölzes umfasst in der Regel drei Jahre, bei besonders erschwerenden Umständen (innerstädtische Standorte, große Pflanzgröße) kann diese sich um ein bis zwei weitere Jahre erhöhen, bei landwirtschaftlichen Standorten auf zwei Jahre verkürzen. Diese Kosten umfassen den notwendigen Pflegeaufwand, um das neue gepflanzte Gehölz gesichert anwachsen zu lassen und ergeben sich aus den örtlichen Anwuchsbedingungen (Bodenverhältnisse, technische Schwierigkeiten bei der Pflanzung, notwendige Erstpflegemaßnahmen).
Anwachsrisiko
Trotz aller Sorgfalt ist die Neuverpflanzung heikel, insbesonders bei sehr geringen und überdurchschnittlichen Gehölzgrößen mit einem Anwachsrisiko, welches zudem mit ungünstigen Standortverhältnissen (beengte Entwicklungsmöglichkeiten) Schwierigkeiten ergeben kann. In der Einschätzung des Anwachsrisikos und dessen Bewertung ist jedoch zu berücksichtigen, dass in Österreich die Gartenbaubetriebe und Baumschulen generell eine einjährige Anwachsgarantie geben; bei einem Ausfall wird das abgestorbene Gehölz kostenlos ersetzt.
Weitere Herstellungskosten
Die Herstellungszeit stellt jenen Zeitraum dar, welche das angewachsene Gehölz benötigt um seine örtliche, ihm zugedachte und sinnvolle Funktion voll erfüllen zu können. Das Baumalter ist nicht zwangsläufig die rechnerische Bezugsgröße, sondern die sachverständige Beurteilung der Funktionserfüllung ist wesentlich. Die Bestimmung der Herstellungszeit korrespondiert mit der Festlegung der fallspezifischen Gehölzausgangsgröße; größere Stärken wirken verkürzend und umgekehrt.
Grundsätzlich geht man von der Höhe des neu gesetzten Gehölzes (Ausgangsgröße), einer Zurechnung der Anwachsphase und des dann noch erforderlichen Herstellungszeitraumes aus. Die für die Funktionsherstellung erforderliche Herstellungszeit liegt damit in der Regel unter dem tatsächlichen Alter des beschädigten Baumes bzw. unter dem Kronenvolumen zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes.
Aufzinsung der Investitionen
Alle beim „Neubau“ des Gehölzes anfallenden Kosten sind aufzuzinsen. Die Wahl des Kapitalisierungszinsfußes (derzeit 4 %) stellt eine finanzmathematische Frage dar und steht damit in einer ständigen – letztlich nie zufriedenstellend auflösbaren – Diskussion. Eine zweifelsfreie Festlegung des Zinssatzes erhält man aus der inflationsbereinigten Sekundärmarktrendite über den Wiederherstellungszeitraum.
Wertminderungen durch Fehler und Mängel
Der Kostenwert (Herstellungswert) entspricht nicht dem Ge-hölzwert. Von den „Neu–bau“kosten sind am Ende alle Fehler und Mängel (Vorschäden) in Abzug zu bringen. Wertminderungsfaktoren stellen insbesondere Standortbeeinträchtigungen (eingeschränkter Wurzelraum, Kronenentwick–lungsmöglichkeiten), die bisherige individuelle Gehölzentwick–lung (Wachstum, Pflege) und eventuelle, zum Bewertungsstichtag bereits vorhandene Gehölzbeschädigungen dar.
Alterswertminderung
Die Alterswertminderung berück–sichtigt im Sachwertverfahren die Tatsache, dass ein zu bewertendes Objekt den Zeitpunkt der Herstellung überschritten hat; es ist dadurch im betriebswirtschaftlichen Sinne gealtert. Es gilt somit, bewertungstechnisch einen eventuellen Vorteil aus „neu für alt“ auszugleichen.
Schadensbewertung
Wenn es sich bei den Gehölzbeschädigungen um nicht nachhaltig sanierbare Verletzungen handelt, also eine Funktionseinbuße bzw. ein Dauerschaden gegeben ist, liegt eine Grundstückswertminderung vor. In der Bewertung der Baumbeschädigung sind neben den Kosten der Sofortbehandlung (Wundsanierung, Düngemaßnahmen), die Kosten der Nachbehandlung und Kontrollen (Nachsorge), das Risiko (Sekundärschäden) und die frühzeitigen Investitionskosten (Ersatz des beschädigten Gehölzes infolge verkürzter Standzeit) zur Schadensbemessung zu berücksichtigen.
Ein technischer Totalschaden tritt in der Regel bei einer Schädigung von mehr als 50 % der Kronenmasse bzw. von mehr als 40 % im Wurzelraum ein. Bei Stammbeschädigungen (Zerstörung von Wasserleitungsbahnen) gilt es, die Auswirkungen auf die Baumkrone sachverständig zu erheben. Die Schadensbemessung ergibt sich aus der verletzungsbedingt notwendigen Rücknahme des Kronenvolumens (Kronenausgleichsschnitt). Diese Richtsätze sind auf Grund holzbiologischer Erkenntnisse zudem auf den Zeitpunkt der Gehölzbeschädigung zu prüfen. Schadenseintritte in der vegetationsfreien Zeit (Oktober bis Februar) machen eine 10%ige Anhebung der Tabellenwerte, in der Vegetationszeit (April bis August) eine Verminderung um 10% erforderlich.
Ein technischer Totalschaden liegt auch dann vor, wenn der Grundstückseigentümer trotz dieser Beschädigungen eine Baumsanierung versucht bzw. den beschädigten Baum nicht entfernt.
Richtwerttabellen
Zur raschen Ermittlung von „Baumwerten“ (Herstellungskos–ten) hat KOCH mit seinen Aktualisierten Gehölzwerttabellen (1978, 1987) ein grundlegendes Nachschlagewerk für die Normalherstellungskosten von Gehölzen (ohne Wertminderungen) entwickelt. Dabei werden Standorte im Straßenbereich (mit Bodenaustausch) und in Park-/Gartenanlagen (ohne Bodenaustausch) unterschieden.
BRELOER (1997, 3. Auflage-Auszug) und HÖTZEL-HUND (2001, 3. Auflage) haben dieses Regelwerk in seiner Grundkonzeption fortgeführt. Weiters hat BRELOER vereinfachte Gehölzwerttabellen (1990, 1995, 2002) publiziert, die auf einen Durchschnittsstandort abstellen. Diese Tabellen richten sich vorwiegend an den Grundeigentümer als Orientierungshilfe für eine Schadensbemessung(-forderung).
Stand der Bewertungstechnik ist „Richtlinie zur sachgerechten Wertermittlung von Schutzund Gestaltungsgrün, Baumschulpflanzen und Dauerkulturen, Teil A: Schutzund Gestaltungsgrün“ des bundesdeutschen Expertengremiums der FLL (2002), die sich von den Koch‘schen Tabellen durch eine starke Berücksichtigung des Pflanzungsstandortes (kein, teilweiser, voller Bodenaustausch bei Neupflanzungen), der gesonderten Ausweisung der Transportund Fahrtkosten (Fahrtkostenpauschale) und durch gestaffelte Herstellungskosten (10 Jahresabstufung) unterscheidet.
Tabellenwerte können jedoch nur Richtwerte liefern; sachverständige Bewertungen haben auf die lokalen Bewertungsrahmenbedingungen abzustellen. Richtwerte können nicht die Eigenverantwortlichkeit des anwendenden Sachverständigen ersetzen. Ein „blindes Ablesen“ der Gehölzwerte (Baumherstellungskosten) muss dann zu Fehlinterpretationen führen, wenn die wesentlichen Parameter der Gehölzwertermittlung (Gehölzfunktion, Ausgangsgröße, Anwachsund Herstellungszeitraum, Anwachsund Herstellungspflegekosten, Wertminderungsfaktoren) nicht eine in–
dividuelle Würdigung erfahren. Somit dienen diese Richtwerte vornehmlich einer grundsätzlichen Orientierung für das Wertband des zu beurteilenden Gehölzes, also dem bewertungstechnischen Rahmen in dem sich die individuelle Wertermittlung finden wird müssen.