Die Grabbepflanzung ist geschichtlich gesehen relativ jung. Noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts waren Hügel als nackte Schutthaufen charakteristisch. Um 1800 begann man in Mitteleuropa die Gräber mit Rasenstücken und Blumen zu schmücken – die Ausgangssituation für Friedhofsgärtner. Viele Grabstätten wurden nämlich um 1850 wie kleine Gärten angelegt, was ihnen den Spottnamen „Totenschrebergärten“ einbrachte. Für die Pflege wurden Leute gesucht, die sich um die Grabstätten kümmern, so dass der Beruf des Friedhofsgärtners entstanden ist.
Gestalterische Richtlinien
Allmählich wurden im 19. Jahrhundert auch die Grabgitter durch kleine Hecken aus Buchsbaum ersetzt und somit kamen auch die ersten Gehölze für die Grabgestaltung zum Einsatz. Aus Zeichnungen und Gemälden geht hervor, dass in dieser Zeit auch die ersten Muster wie Herz-, Kreis- und Rechteckformen gebildet wurden. Durch Zierpflanzengärtner, die im Gewächshaus Blühpflanzen kultivierten, konnte mit den vorgezogenen Pflanzen eine Grabbepflanzung der Jahreszeit entsprechend durchgeführt werden. Durch die Entstehung dieser zahlreichen Minigärten wurde letztlich von den Friedhofsverwaltungen eine einheitliche gestalterische Richtlinie herausgebracht, um die teilweisen üppigen und mit Großbäumen bepflanzten Gräber einzudämmen.
Gehölzverdrängung
Von den Gehölzen wurden früher vor allem Buxus und Taxus verwendet. Sie haben nicht nur Symbolcharakter, sondern sind immergrün und konnten durch Schnitt klein gehalten werden.In den vergangenen Jahrzehnten wurden Gehölze jedoch zugunsten bunter Beetanpflanzungen von den Gräbern verdrängt. Die Standardgräber entstanden, wie sie heute noch üblich sind: Rasenfläche und ein Beet für die Wechselbepflanzung.
Trendumkehr
In den vergangenen Jahren macht sich jedoch ein neuer Trend bemerkbar: Der Weg führt zurück zur Vielfältigkeit bei der Grabgestaltung unter Einhaltung der strengen Richtlinien.Schwerpunkt dabei ist der Einsatz von Gehölzen – sowohl für die Rahmen- als auch die Bodendeckerbepflanzung. Möglich macht dies die Züchtung zahlreicher neuer Sorten, die einen gedrungenen Wuchs besitzen oder gut schnittverträglich sind.Viele Gärtner setzen hier bereits den Hebel an und beraten Kunden dahingehend, eine Pflanzung abseits des Standards zu wählen.Gehölze für die Rahmenbepflanzung werden fast ausschließlich im Bereich des Grabsteines gesetzt. Für den Gärtner ist es oft schwierig, die richtigen Proportionen zwischen Grabstein, Rahmenbepflanzung und Wechselbeet zu finden. Wie in der Floristik ist auch hier der „Goldene Schnitt“ hilfreich: Das Gehölz sollte eine Höhe 1/3 unterhalb oder 1/3 oberhalb des Grabsteins haben, was einem Verhältnis von 1:3 und 2:3 entspricht. Beide Varianten sind optisch am ansprechendsten. Ebenso kann man die Lage des Wechselbeetes zum Grabstein bestimmen. In der Aufteilung gibt es ebenfalls eine Faustregel: 15 % des Grabes sollte der Wechselbepflanzung zugeteilt werden. Den Rest bilden 15 bis 25 % der Rahmenbepflanung und 50 bis 60 % der Bodendecker bzw. Rasenfläche. Urnengräber sind davon jedoch ausgenommen.
Pflanzenkenntnisse erweitern
Bei Beratungsgesprächen fällt immer wieder auf, dass Friedhofsgärtner nur ein bestimmtes Pflanzensortiment im Angebot haben bzw. dieses zur Auswahl stellen. Es gibt zahlreiche Arten und Sorten von Gehölzen, die sich für eine Grabbepflanzung eignen. Wichtig ist, dass der Friedhofsgärtner sein Pflanzenwissen stark erweitert.Gehölze finden vor allem als Bodendecker mehr Beachtung. Der wachsende Wunsch nach individueller Gestaltung der Gräber – der bei diversen Musteranpflanzungen immer wieder bestätigt wird – erfordert eine Erweiterung der Angebotspalette. Dabei sollte das Augenmerk auch auf die Rahmenbepflanzung gelegt werden und der Kunde über Neuheiten und Alternativen informiert und begeistert werden.Auch die Produzenten sind gefordert, bei den Gehölzen Qualitätsstandards für die Grabbepflanzung zu schaffen, ein entsprechendes Sortiment anzulegen und den Friedhofsgärtner über die unterschiedlichen Möglichkeiten der Verwendung zu informieren. Wegen Mangel an Qualität und Bezugsquellen von Baumschulen kultivieren viele Friedhofsgärtner die Ware selbst, wodurch meist einseitig produziert wird. Eine steigende Anforderung an Pflege- und Serviceleistungen sowie Qualität und Vielfalt wird es in naher Zukunft aber unmöglich machen, nicht mit anderen Produktionsbetrieben zu kooperieren.