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Badeteiche und Naturbäder in Europa

Ein Artikel von Dipl. Ing. Grafinger | 19.08.2005 - 11:05
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Vor mehr als 20 Jahren haben Pioniere auf dem Schwimmteichgebiet auf eigenes Risiko Anlagen gebaut, die grundsätzlich funktioniert haben und auch heute noch funktionieren. Sie haben damit eine Lawine losgetreten, die immer noch nicht zum Stillstand gekommen ist.

Feuerlöschteiche als Ursprung. Historisch durfte man bei Überlegungen in dieser Richtung davon ausgehen, dass Baden im Teich, also auch in relativ kleinen Gewässern, möglich ist. Dorfweiher und Feuerlöschteiche gab es schon, bevor Badeteiche in Mode kamen. Es gilt als sicher, dass in diesen künstlich angelegten Gewässern gebadet wurde.
Begrenzender Faktor für die Badeeignung eines Kleingewässers ist die verfügbare freie Wasserfläche, die es ermöglicht, zu baden. Zu jener Zeit beurteilte man die Badeeignung eines Gewässers nach der Sichttiefe. Natürliche Gewässer eignen sich gut zum Baden, wenn man über festen Untergrund im flachen Uferbereich tiefere Zonen erreichen kann.
Badestellen an den Alpenseen mit Kiesufern entsprechen diesen Anforderungen. Seit man erkannte, dass der Abbau von Verunreinigungen im Wasser über Bakterien läuft und nicht – wie früher vermutet – auf chemische Prozesse zurückzuführen ist, begann der Siegeszug der voll biologischen Pflanzenkläranlage.

Gleichgewicht schaffen. Wem es gelingt, abgeschlossene Lebensräume zu schaffen, die alle Voraussetzungen erfüllen, damit sich die an der natürlichen Selbstreinigung beteiligten Lebewesen wohl fühlen, der ist auf dem richtigen Weg. Der Experte spricht dabei von geeigneten abiotischen Bedingungen.Begrenzender Faktor für die Badeeignung eines künstlich angelegten Gewässers ist dessen Stabilität – die Stabilität die entsteht , wenn pflanzliche und tierische Belebtheit im Gleichgewicht sind. Gestört wird dieses Gleichgewicht etwa durch den Menschen und dessen direkten Eintrag von Nährstoffen in Form von Ausscheidungen. Solche Nährstoffe werden sofort verarbeitet, wenn die Wachstumsbedingungen günstig sind. Die Verarbeitung erfolgt durch Einbau in einen Prozess, der Grundlage allen Lebens ist. Wärme, Licht, Kohlendioxyd und Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor setzen einen Prozess in Gang, den wir Photosynthese nennen. In der Natur wird solange ununterbrochen produziert, solange Wärme und Licht dies ermöglichen. Im Zuge dieser Produktion pflanzlicher Biomasse wird Sauerstoff erzeugt.

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Nährstoff-Katastrophe. Mit dieser Problematik sind wir laufend konfrontiert, wenn z. B. Abwässer in stehendes Wasser eingeleitet wird. Die Folge ist erhöhtes pflanzliches und tierisches Wachstum. Das Gewässer eutrophiert. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Gewässer die Belastung nicht mehr aushält.
Sobald nicht mehr genug Sauerstoff zur Verfügung steht, stirbt tierisches Leben und alle geruchlos arbeitenden Bakterien beenden ihre Arbeit. Deren Stelle übernehmen andere Gattungen und die Abbauprozesse sind dann nicht geruchloses Kohlendioxyd, sondern sind die bekannten Faulgase.

Pioniergeist. Die bereits erwähnten Pioniere haben sich zum damaligen Zeitpunkt etwas getraut: Sie haben darauf gesetzt, dass die natürliche Selbstreinigung funktioniert, weil sie die Natur beobachtet haben. Der Denkansatz war grundsätzlich richtig und die Idee des Badeteiches war geboren. Schon damals bediente man sich Abgrenzungstechniken zu Pflanzenbereichen, die auch heute noch gebaut werden. Eine der ersten Überlegungen war das Aufschlichten größerer Steine oberhalb der Abdichtung, hinter denen der Teichboden eingebaut wurde. Es folgte die Ausformung des Profils derart, dass ein Wall stehen blieb.

Wasser als Gartenelement. Begonnen hat es in den 70er-Jahren mit Gartenteichen. Zu einem anständig gestalteten Garten gehörte das Element Wasser. Diesem Trend folgend haben sich große Unternehmen wie Oase und Heissner ausschließlich auf die Bearbeitung dieses Marktes spezialisiert.Die echten Pioniere kamen aus Österreich (Dipl. Ing. Gammerit 1985, Prof. Roidinger, 1980). Sie bauten bereits typische Badeteiche. Wahrscheinlich der Erste, der ein bestehendes Schwimmbad zurückwidmete und in einen Teich umbaute war Herr Schwedke aus Hamburg/D.

Ursprung in Klosterneuburg. Rund 15 Jahre ist es her, dass begonnen wurde, dieses Produkt professionell zu vermarkten. Einer der ersten, der es verdient erwähnt zu werden, war Dipl. Ing. Peter Petrich aus Klosterneuburg. Er führte die fortschrittliche Abgrenzung Flachwasser-/Badebereich über Betonmauern ein. Andere Entwickler, wie Gerhard Brandlmaier, Wels, fügten zeitgleich begleitende Schwimmteichtechnik an. Der Weg in Richtung Schwimmbecken im Teich zeichnete sich ab. Durch geschickte PR– Arbeit wurde das junge Produkt rasch verbreitet. In der Folge wurden auch andere findige Unternehmer aktiv und es herrschte rege Entwicklungsarbeit.
Fest steht, dass der Siegeszug der Badeteiche von Österreich aus gestartet wurde. Auch die ältesten öffentlichen Anlagen wurden von österreichischen Gemeinden und Hotels in Auftrag gegeben. Derzeit gibt es ca. 30 öffentliche Anlagen in Österreich.
Die Zielgruppe für das Produkt „Badeteich“ waren anfänglich reine Naturfreaks mit Mut zum Risiko. Im Laufe der Zeit aber wurde das Produkt Badeteich eine echte Alternative zum herkömmlich chemisch gereinigten Schwimmbecken.

Kleine brauchen Technik. In den vergangenen Jahren entwickelte sich der Markt in zwei Richtungen. Ein Teil der potenziellen Teichbesitzer möchte absolut reine Natur, diese lehnen Teichtechnik gänzlich ab.Eine andere Gruppe formuliert die Anforderung so, dass im Extremfall ein reiner Pool mit externer, voll biologischer Wasserreinigung gewünscht wird – diese Technologie wird auch im Kommunalbereich angewandt. Beide Extreme sind möglich, die dazu nötige Technologie steht zur Verfügung. Innerhalb dieser Bandbreite gibt es natürlich Mischformen.
Einigkeit herrscht unter den Experten in der Zwischenzeit, wenn es um folgende Aussagen geht:
Je kleiner die Anlage, desto mehr Technik ist erforderlich, um ein Mindestmass an Stabilität zu erreichen.

Mindestgröße von 70 m². Der Anteil an der Regenerationszone an der Gesamtanlage ändert sich mit der Größe der Anlage. Kleinere Anlagen brauchen prozentuell mehr Regenerationsbereiche als größere.Reine Naturanlagen unter 70 m² Gesamtwasserfläche ohne Technikunterstützung werden nicht mehr empfohlen.
Öffentliche Anlagen und Hotelanlagen sind höheren Belastungen ausgesetzt. Technisch unterstützte Anlagen eignen sich besser, wenn es darum geht, kurzfristige Spitzenbelastungen abzupuffern.

Das Teichfieber weitet sich aus. Die Badeteichwelle hat auch die Schweiz, Italien und Deutschland erreicht. Auch von einigen Anlagen in Slowenien, Ungarn, Tschechien, Polen, Holland, Belgien, Frankreich, England, Spanien und Portugal wird berichtet.
In Deutschland werden öffentlich genutzte Bäder für Kommunen nicht mehr zu stoppen sein. Bereits im Jahr 2002 waren 30 kommunale Naturbäder in Betrieb. Hier hat sich – durch DI Rainer Grafinger, München/D in Zusammenarbeit mit dem Systementwickler BioNova, Wels – eine Bauweise entwickelt und durchgesetzt, bei der die Aufbereitungszone räumlich getrennt von der Nutzungszone gebaut wird. Das Wasser wird dabei zwischen den zwei Teichen umgepumpt.