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Gurken erhalten durch die Verpackung Schutz und sind länger haltbar – ist das auch mit natürlichen Rohstoffen zu ermöglichen? © Matylda Laurence/Shutterstock.com

Verpackung

Alternativen zu konventionellem Material finden

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 25.03.2024 - 13:51

Nicht erst seit dem Beschluss der EU-Verpackungsordnung Anfang März stehen Innovationen im Bereich der Verpackungstechnologie im Blickpunkt der Forschung. Sie sollen die Verschwendung von Lebensmitteln reduzieren und gleichzeitig die Nachhaltigkeit fördern – ein nicht unwichtiger Spagat. Die Auswahl des optimalen Materials ist ein komplexer Prozess, für jedes Lebensmittel muss individuell entschieden werden, welches am besten geeignet ist.

Eine Wende in der Materialauswahl

Am Markt lässt sich ein Trend hin zu nachhaltigen Optionen feststellen, man forscht z.B. am Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation (ILGI) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) intensiv an umweltfreundlicheren Alternativen wie Bioplastics. Andreas Zopfi, Geschäftsführer des Schweizerischen Verpackungsinstituts SVI: „Bis dato bieten sie aber noch nicht die gleich guten Barrierewirkung wie die bekannten herkömmlichen Kunststoffe – das wird sich durch die Forschung aber mittelfristig ändern.“ Dafür dürften allerdings nicht wertvolle Ackerflächen geopfert werden, Zopfi plädiert daher für die Gewinnung aus Produktionsabfällen. Diese sind derzeit noch um einiges kostenintensiver als erdölbasierte Alternativen.

Bei der Suche nach zukunftsfähigen Verpackungen darf nicht aus den Augen gelassen werden, dass diese eine wichtige Rolle für die Haltbarkeit und Sicherheit der Lebensmittel spielen, wie Selçuk Yildirim, ZHAW-Professor und Leiter Zentrum Lebensmittelherstellung und -verpackung, betont: „Ohne Verpackung verderben große Mengen an Lebensmitteln, was die Umwelt deutlich mehr belastet als die Verpackungen selbst.“

Das BIOMAT-Projekt beschäftigt sich unter seiner Leitung mit der Transformation von Nebenprodukten wie Kartoffelschalen und Kaffeesatz in nachhaltige Biokunststoffe und Bioverpackungen. Zusätzlich erforscht man die Anwendung grüner Technologien wie z.B. die Nutzung von Mikroalgen zur Herstellung von Biomaterialien.

Inspiration aus der Natur holen

Bei der Empa, dem interdisziplinären Forschungsinstitut des Bereichs für Materialwissenschaften und Technologie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH), forscht man seit einigen Jahren unter dem Motto „Rüebli schützt Gurke“ an einer natürlichen Lebensmittelverpackung aus pflanzlichen Reststoffen. Sie soll Plastikfolie ersetzen. Dabei liefert aber nicht nur Rüebli den Grundstoff Zellulose, auch Apfelschalen und Broccoli haben die Forscher miteinbezogen und es würden sich auch andere Nutzpflanzen dafür eignen.

Als Ausgangsmaterial dient der nach dem Auspressen übrigbleibenden Rüebli-Trester, der ausgewaschen und gebleicht wird. Darauf folgen mehrere mechanische Behandlungen und das Mahlen des Tresters. Am Ende entsteht eine Mischung aus Zellulose und Wasser, in diese Lösung werden die Früchte oder Gemüse dann gelegt bzw. damit besprüht. Die Schutzschicht ist abwaschbar oder kann auch mitverzehrt werden. Die alternative Verpackung liegt in puncto Frischhaltung zwar noch hinter dem Etylen im Plastik, biete aber Gurken eine um immerhin zwei Wochen verlängerte Haltbarkeit.

Praxistauglichkeit vs. Nachhaltigkeit

Bioverpackungen stoßen neben den technischen Anforderungen auch noch auf weitere Herausforderungen bei der Einführung am Markt. Sie erfordert ein tiefergehendes Verständnis für die gesamte Wertschöpfungskette und kann daher nicht allein durch Verbraucherwünsche gesteuert werden. Der Einfluss der Konsumenten wird laut Zopfi oft überschätzt: „Ihnen fehlt häufig das notwendige wissenschaftliche Verständnis und die Kenntnis über effektive Lösungen.“ Ein wesentliches Problem liegt darin, neue Materialen zu favorisieren, ohne alle Faktoren zu berücksichtigen. Oft ist die Verarbeitung mit hohen Investitionen verbunden, eine ökologische Bewertung muss über den gesamten Lebenszyklus (Produktion bis Entsorgung) stattfinden. Zur Optimierung von Anwendungen und Verarbeitungsprozessen muss eng mit allen Beteiligen in der Wertschöpfungskette zusammengearbeitet werden.


Quelle: LID