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© Dr. Siegfried Bernkopf/ARGE Streuobst

Streuobstsorte des Jahres

Achatzlbirne macht auf gefährdete Obstarten aufmerksam

Ein Artikel von Alexandra Pickner (bearbeitet) | 12.01.2021 - 14:39
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© Dr. Siegfried Bernkopf/ARGE Streuobst

Im Lavanttal ist die „Achatzlbirne“ alten Bäuerinnen und Bauern noch ein Begriff, zumindest als Name oder unter dessen lokalen Varianten („Ahatzibirne“). Erwähnt wurde die Sorte ebenfalls in der alten pomologischen Literatur sowie im Katalog der Reichsobstausstellung 1888 in Wien. Als spät reifende, reichlich und früh tragende Mostbirne ersten Ranges wird sie bezeichnet. Als sich der Lavanttaler Obstbauverein 1912 an der Reichs-Mostbirnenausstellung in Linz beteiligte, war auch die „Achatzlbirne“ dabei. Umso verwunderlicher ist, dass diese wertvolle Mostbirnensorte bereits 1945 als verschollen galt. Die kurze Lebensdauer sowie die Schwachwüchsigkeit der Bäume könnte ein Grund dafür sein. Bei Sortenerhebungen im Herbst 1996 wurden einige wenige Bäume im Lavanttal entdeckt. Um diese sofort zu Erhalten wurden sie im Obst- und Weinbauzentrum der Landwirtschaftskammer Kärnten veredelt.  

Wo kommt der Name her?

Der Name „Achatzl“ hat weder etwas mit dem Eichkätzchen noch mit einem herzhaften Nieser zu tun, sondern bezieht sich auf Matthias Achazel/Matija Ahacel oder Achatzl (1779-1845), einen Kärntner Universitätsgelehrten. Er unterrichtete Mathematik, Landwirtschaft und Naturgeschichte am Klagenfurter Lyzeum, er war als Meteorologe Mitbegründer der Klimaaufzeichnungen in Kärnten und Obmann der Kärntner Landwirtschaftsgesellschaft (eine Vorläuferin der Landwirtschaftskammer). In Viktring besaß er einen kleinen botanischen Garten mit einer Obstsortensammlung. Als Herausgeber des slowenischen Werkes „Kärntnerische und steirische Lieder“ leistete er auch einen wertvollen Beitrag zur Kulturgeschichte und Sprachforschung.               

Pomologische Beschreibung

Herkunft, Verbreitung: Herkunft ungesichert; wahrscheinlich Zufallssämling aus dem Lavanttal, vermutlich vor 1850; in Österreich sehr selten.
Frucht
: (Fruchtmuster: ca.  20-jähriger Hochstamm auf OHF333, Gemeinde Weilbach):
Größe: klein; 51 - 61 mm hoch, 59 - 72 mm breit, 92 - 144 g schwer.
Form: stumpfkreiselförmig, kelchbauchig; gleichhälftig; Querschnitt rundlich bis schwach eckig; Relief glatt bis gering flach kantig, teils gering kelchrippig.
Schale: glatt bis etwas beulig, matt glänzend, mitteldick, mittelzäh; Grundfarbe grün bis gelblich grün; Deckfarbe rot bis braunrot, verwaschen bis deckend, Deckungsgrad 20 – 50 %; Lentizellen zahlreich, klein, graubraun, meist hellgrün bis rötlich umhoft, wenig auffällig.
Stielbucht: flach, eng, teils durch Wulst eingeengt, flächig grau bis graubraun berostet; Rand wulstig.
Stiel: mittellang, 20 - 26 mm, mitteldick, holzig bis gering fleischig, grünlich grau bis graubraun
Stielsitz: in Stielbucht eingesteckt, teils von Wulst etwas zur Seite gedrückt
Kelchbucht: teils fehlend, sehr flach, mittelbreit; Rand glatt bis schwach grobrippig.
Kelch: groß, offen; Blättchen groß, aufliegend, hellgrau, an der Basis vereint.
Kelchhöhle: klein, schüsselförmig
Kerngehäuse: groß, kelchständig; Achse geschlossen; Kammern groß, geschlossen; viele Kerne, mittelgroß, länglich oval, teils lang zugespitzt, schwarz, gut ausgebildet; Steinkranz im Fruchtlängsschnitt kurz spindelförmig, mittelgrob bis grob granuliert;
Fleisch: hell gelblichweiß bis cremefarben, mittelfest, bald weich und teigig, grob- bis mittelfeinzellig, sehr saftig; herb säuerlich-süß, ohne Würze; Zuckergehalt: 14,8 - 15,6° KMW; 72-76° Oechsle; 16,9 - 17,9° Brix.
Erntereife:
Anfang Oktober
Verwendung:
Saft, Most, Schnaps
Baum: Wuchs schwach; Krone auf Sämling pyramidal, teils schwach hoch kugelig
Sonstige Eigenschaften:
relativ robust gegenüber Krankheiten


Quelle: ARGE Streuobst