shutterstock_1108416467.jpg

Die Wiener Stadtlandwirtschaft ist europaweit einzigartig. © Andrej Privizer/Shutterstock.com

Wien

Stadtlandwirte zunehmend in Bedrängnis

Ein Artikel von Red. | 07.10.2020 - 13:30

Woher unser Essen kommt, drüber haben sich in den vergangenen Monaten und besonders in der Isolation einige Menschen Gedanken gemacht. Schon vor der Krise waren vielen Menschen regionale Lebensmittel wichtig. Die Krise hat vielen gezeigt, wie wichtig regionale Produkte sein können. Eine Studie aus dem Frühjahr von Agrar Markt Austria zeigt, dass 26,2% der Befragten seit der Corona-Krise beim Einkauf von Lebensmittel auf die regionale Herkunft achten - das merkt auch die Wiener Stadtlandwirtschaft.

Stark umkämpfter Boden

Die Gärtnerei Ganger kultiviert in der Donaustadt eine beachtliche Anzahl an Paradeiser, Paprika, Chili und Gurken (Gärtner+Florist berichtete in der September-Ausgabe). In der Corona-Krise stieg die Nachfrage nach ihren Ab-Hof-Produkten um 30%. Nach wie vor kaufen rund 15% der Neukunden bei der Gärtnerei ein. Die Genossenschaft LGV-Frischgemüse in Simmering fand während der Krise Abnehmer für ihr Drive-In-Kistln. Die Kunden fuhren in eine Art Boxengasse und bekamen ihr regionales Gemüsekistl einfach in den Kofferraum gestellt. Man könnte glauben, die Zukunftsaussichten sind gut, doch es gibt ein Problem - den Kampf um den Boden.

Die landwirtschaftlich genutzten Areale Wiens sind hart umgekämpft und schrumpfen kontinuierlich. Daher stellt sich die Frage, wie lange die Wiener Bauern die steigenden Nachfragen noch bedienen können. Im Stadtgebiet sind rund 5.700 ha (15%) landwirtschaftliche Flächen. Die meisten liegen am Stadtrand - in der Donaustadt, in Floridsdorf und in Favoriten. Wien-weit sind es 4.500 ha.
Große Gärtnereien sind in Simmering zu finden, in Floridsdorf, Döbling und Liesing sind es Weinbaugebiete. Auf 700 ha haben sich 14 Weinbaubetriebe im Laufe der Zeit etabliert, das entspricht einer Fläche der Bezirke 6,7,8 und 9 zusammen. Rund 300 ha mehr waren es noch vor 10 Jahren. Der Grund ist das zunehmende Wachstum Wiens. Die Stadtentwicklung benötigt diese Flächen und so gibt es kaum eine Woche, in denen die Wiener Landwirte nicht ein Kaufangebote für ihre Flächen erhalten. 3.800 Personen arbeiten in der Landwirtschaft, aktuell gibt es 650 Betriebe. Die Anzahl der Betriebe sinkt um 2,5% pro Jahr.  

Einzigartig in Europa

Die Wiener Bauern produzieren pro Jahr 72.000 Tonnen Gemüse - europaweit ist die Wiener Stadtlandwirtschaft somit einzigartig. In diesem Bereich beträgt der Selbstversorgungsgrad 31%. Bei Paprika sind es sogar 52% - so viel produziert kein anderes Bundesland. Wien ist die einzige europäische Hauptstadt mit einer beachtlichen Weinproduktion von 2,7 Millionen Liter pro Jahr.


Quelle: Kurier