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Kann der vertikale Anbau von Lebensmitteln helfen der Hunger zu bekämpfen – derzeit noch nicht sagt die Wissenschaft © Lano Lan/Shutterstock.com

Lebensmittelproduktion

Vertikale Landwirtschaft aktuell keine Lösung gegen Welthunger

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 23.09.2020 - 10:16

Die Weltbevölkerung wächst und wächst, bis zum Jahr 2050 sollen bereits 9,7 Mrd. Menschen auf unserem Planeten leben. Sie alle wollen bzw. müssen essen, aber es bleibt immer weniger Platz für den Anbau von Lebensmitteln wie er derzeit stattfindet. Kann die vertikale Landwirtschaft Abhilfe bieten? Das fragte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) Kristin Jürkenbeck von der Universität Göttingen. Sie hat bereits im vergangenen Jahr Untersuchungen zur Akzeptanz von vertikalem Anbau unter den Konsumenten durchgeführt.

Nahe dem Konsumenten

Wie Jürkenbeck betont, sei es derzeit ihres Wissens nach noch nicht möglich sättigende und kalorienreiche Lebensmittel wie Mais oder Weizen in vertikalen Systemen anzubauen. Dadurch ist die Technologie aktuell keine Lösung für das Versorgungsproblem der steigenden Weltbevölkerung. Sie habe aber durchaus einige Vorteile.

In unseren Breiten ist das v. a. die Nähe zu den Endkunden wenn Gemüse, Tomaten und Salat in urbanen Bereichen in Fabriken oder gleich in Regalen direkt im Supermarkt oder Restaurant wachsen. Die Investitionskosten sind allerdings sehr hoch, diese würden sich in Gebieten mit klimatischen Nachteilen wie z. B. Saudi-Arabien eher rentieren. Dort könnten unter den kontrollierten Bedingungen Pflanzen wachsen, die auf dem Feld eingehen würden bzw. einen enormen Wasserbedarf hätten.

Die kontrollierten Bedingungen und das geschlossene System einer „vertical farm“ machen sie unabhängig von den äußeren Bedingungen und sparen laut Unternehmern 99 % der Fläche und 95 % des Wasserverbrauchs gegenüber der herkömmlichen Landwirtschaft ein. Ausserdem verringern sich die Transportwege und er Pestizideinsatz. Durch die Steuerung von Bewässerung und Temperatur kann sich das System flexibel auf die Bedürfnisse der Pflanzen einstellen und den Verbrauch optimieren. Geerntet wird das gesamte Jahr über. Für den Bau, Klimatisierung und Beleuchtung braucht der vertikale Anbau allerdings auch sehr viel Energie. Die Wissenschafterin sieht trotzdem ein großes Potenzial darin, das genützt werden sollte.

Verbraucher wollen „natürliche“ Lebensmittel

Unbeachtet sollte auch nicht bleiben, dass es Konsumentengruppen gibt, die bei Lebensmitteln die Natürlichkeit schätzen. Solche könnten die Produkte der vertikalen Landwirtschaft generell ablehnen, da die Wachstumsbedingungen unnatürlich seien. Bereits die Untersuchungen 2019 hatten ergeben, dass bei der Entwicklung von vertikalen Systemen große Bedeutung auf den Bereich Nachhaltigkeit gelegt werden sollte. Je größer ein System ist (im Vergleich waren ein kleines Systeme für den Hausgebrauch, ein mittelgroßes für den Supermarkt sowie eine vertikale Farm in einem früheren Industriegelände) desto eher bewerten Konsumenten es als nachhaltiger.

Interessant ist, dass trotz der immer wieder aufkommenden Diskussionen, vertikale Farmen auf Konsumentenseite immer noch nicht wirklich weitläufig bekannt sind wie die Wissenschafter feststellten: Nur sieben Prozent der Befragten hatten schon davon gehört. Allerdings würde auch die Hälfte der Teilnehmer Produkte aus vertikalem Anbau kaufen.

Wir haben in unserer März-Ausgabe 2020 von GÄRTNER+FLORIST bereits über verschiedene Projekte des vertikalen Anbaus berichtet.


Quelle: RND, Universität Göttingen