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ARBEITSRECHTLICHE SITUATION

Antworten zu wichtigen Fragen

Ein Artikel von Red. | 18.03.2020 - 14:12

Teilweise dürfen Betriebe offen bleiben. Gestern haben wir uns angeschaut wie Gärtnerbetriebe und Gartencenter mit der Situation umgehen. Heute sehen wir uns die arbeitsrechtliche Situation genauer an.

Schutzmaßnahmen und Schutzmasken

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, betriebliche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Ansteckung durch COVID-19 zu ergreifen, das fällt unter seine Fürsorgepflicht. Davon sind besonders Betriebe mit Kundenkontakt zu gefährdeten Personen sowie regen Kundenaufkommen, betroffen. Der Arbeitgeber ist angehalten, geeignete Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, um seine Arbeitnehmer vor Infektionen zu bewahren.
Die aktuellen Empfehlungen des Gesundheitsministers und der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH) sind Folge zu leisten und die Schutzmaßnahmen sind mit Arbeitsmedizinern und Arbeitsschutzbeauftragten abzustimmen. Derzeit muss der Arbeitgeber folgende Schutzmaßnahmen ergreifen: Abgabe von Hygieneempfehlungen, Desinfektionsmittel bereitstellen und die vorrausschauende Planung von Geschäftsreisen. Aktuell ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, Schutzmasken bereitzustellen - außer in besonderen Fällen (Arbeiten in Krankenhäuser oder Reisen in gefährdete Gebiete) Der Arbeitgeber kann aber das Tragen von Schutzmasken verbieten, aber nur wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion gering ist. Dazu gibt es ein Erklärvideo. Bei Tätigkeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko sowie für Personen mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko ist das Tragen jedoch gerechtfertigt und der Arbeitnehmer muss die Weisung keine Schutzmaske zu tragen, nicht befolgen.
Seit dem 13. März ist der Arbeitgeber angehalten, Homeoffice zu ermöglichen.

Urlaub und Dienstreisen

Geschäftsreisen in gefährdete Gebiete kann der Arbeitgeber untersagen. Urlaubsreisen sind privat und der Arbeitgeber hat hier kein Weisungsrecht und kann Reisen in gefährdete Gebiete nicht verbieten.  Nach der Rückkehr solcher Urlaubsreisen kann der Arbeitgeber Information vom Arbeitnehmer einfordern, ob ein gefährdetes Gebiet besucht wurde, um gegebenfalls Maßnahmen zum Schutz der anderen Mitarbeiter zu ergreifen.
Ist ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs in einem Risikogebiet an dem Coronavirus erkrankt, kann dies mit hoher Wahrscheinlichkeit als grobe Fahrlässigkeit gelten und der Arbeitnehmer könnte sein Recht auf Lohnfortzahlung verlieren.
Grundsätzlich sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber medizinische Diagnosen zu melden. Das Corona-Virus ist eine hoch infektiöse und meldepflichtige Krankheit und verpflichtet den Arbeitnehmer die Krankheit dem Arbeitgeber zu melden.

Entgeldfortzahlung und dienstfrei

Bis auf wenige Ausnahmen können Mitarbeiter dienstfrei gestellt werden. Gemäß § 1155 ABGB muss der Lohn weitergezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer arbeitsbereit ist. Dem Arbeitnehmer muss jedoch alles gutgeschrieben werden, was er durch die Nichtbeschäftigung angespart oder durch anderweitige Verwendung erworben hat.

Wenn der Betriebsinhaber den Betrieb freiwillig (ohne behördliche Anordnung) schließt, so haben die Arbeitnehmer unter Umständen Anspruch auf Fortzahlung ihrer Bezüge gemäß § 1155 ABGB. Bei behördlichen Auflagen gelten hingegen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes, wonach der Bund die Kosten der Lohnfortzahlung ersetzt.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen, darf ein Mitarbeiter aus Angst vor einer Infektion nicht zu Hause bleiben. Mitarbeiter mit einem erhöhten medizinischem Risiko oder die in ihrer Umgebung Personen haben, die z.B immungeschwächt sind, können jedoch aufgrund ihrer Fürsorgepflicht das Recht haben, zu Hause zu bleiben oder den Dienst verweigern. Auch wenn in der unmittelbaren Arbeitsumgebung bereits mehrere Infektionen aufgetreten sind, hat die ganze Belegschaft das Recht, zu Hause zu bleiben. Ein grundloses Fernbleiben von der Arbeit stellt eine Verletzung der Dienstpflichten dar und kann ein Entlassungsgrund sein.

Gibt es im Krankheits- und/oder Quarantänefall noch Gehälter?

Bei einer Erkrankung durch das Coronavirus gelten die allgemeinen Regeln zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, auch bei einer behördlich angeordneten Quarantäne. Nach dem Epidemiegesetz haben Arbeitnehmer, die durch eine angeordnete Quarantäne an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung gehindert werden, Anspruch auf Vergütung durch den Bund. Der Arbeitgeber muss das Entgelt weiter an den Arbeitnehmer auszahlen, der Bund hat dem Arbeitgeber das geleistete Entgelt zu ersetzen. Der Arbeitgeber kann binnen sechs Wochen ab dem Tag der Quarantäne, das von ihm geleistete Entgelt, den daraus entfallenden Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung vom Bund zurückfordern.
Es gibt nock kein einheitliches Formular. Ein formloses Schreiben an die Bezirksverwaltungsbehörde mit folgenden Inhalt sollte vorerst reichen:
- Bezeichnung als „Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges gem. § 32 Epidemiegesetz“
-Bezeichnung der Firma
-Name des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin
-Zeitpunkt der Absonderung (ggf. Bescheid über Anordnung)
-Zeitpunkt der Aufhebung der Absonderung (ggf. Bescheid über Aufhebung)
-Nachweis der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber an den Mitarbeiter (z.B. Lohnzettel oder Überweisung etc.) und ggf. auch über den Erhalt des Entgelt
-Kontoverbindung des Unternehmens

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist eine Isolation in Quarantäne eine reine Vorsichtsmaßnahme und zählt daher als sonstiger Dienstverhinderungsgrund. Erst wenn eine Erkrankung mit Krankschreibung vorliegt, ist es ein Krankenstand.

Die kürzlich von den Behörden nach § 15 Epidemiegesetz ergriffenen Maßnahmen werden in § 32 des Epidemiegesetzes jedoch nicht erwähnt und begründen daher keinen Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund.
Das Epidemiegesetz umfasst nur Maßnahmen der österreichischen Behörden, für die Nichtausführung der Arbeit von Maßnahmen ausländischer Behörden gilt die arbeitsrechtliche Entgeltfortzahlung des § 1155 ABGB.

Zeitausgleich und Kinderbetreuung

Für Urlaub und Zeitausgleich benötigt es ein beiderseitiges Einverständnis. Schwieriger wird es beim Abbau von Zeitguthaben. Grundsätzlich ist eine Zustimmung beider Seiten notwendig, aber im Sinne einer weiteren konstruktiven Zusammenarbeit ist ein gezieltes Absprechen mit dem Mitarbeiter sinnvoll.

Findet der Arbeitnehmer keine andere zumutbare Alternative zur Betreuung des Kindes ist eine rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit erforderlich. Sind Lehranstalten oder Kinderbetreuungseinrichtungen behördlich geschlossen, kann eine Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu drei Wochen für die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, gewährleistet werden. Dies muss nicht in Wochenblöcken, sondern kann auch in Form von einzelnen Arbeitstagen gewährleistet werden. Die Möglichkeit der geförderten Sonderbetreuungszeit gilt nur dann (also subsidiär), wenn die Betroffenen keinen Anspruch auf Dienstfreistellung zur Betreuung ihrer Kinder haben.

Corona-Kurzarbeit-Modell

Unter Kurzarbeit spricht man, wenn ein Betrieb die Arbeitszeit zeitlich begrenzt herabsetzt, um wirtschaftliche Störungen zu überbrücken. Um die gegenwärtige Krise zu bewältigen, wurde ein besonderes Kurzarbeitsmodell geschaffen. Damit ist es möglich, die Arbeitszeit auf bis zu null Stunden zu reduzieren und trotzdem in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis bei fast vollem Lohnausgleich zu bleiben.
Für detaillierte Informationen fragen Sie beim AMS, WKO oder den Gewerkschaften nach, um das Risiko zu minimieren bitte per Mail, eAMS-Konto oder Telefon. Das AMS empfiehlt folgende Vorgangsweise:

1. Führen Sie Gespräche mit dem Betriebsrat, wenn einer vorhanden ist
2. Folgende Dokument sind vom Arbeitgeber auszufüllen bzw. die dazugehörigen Vereinbarungen abzuschließen:
- Vom Arbeitgeber und Betriebsrat (bei Fehlen eines Betriebsrates: von sämtlichen betroffenen Arbeitnehmern) unterzeichnete „Sozialpartnervereinbarung – Betriebsvereinbarung“ oder „Sozialpartnervereinbarung – Einzelvereinbarung“ noch ohne Unterschrift der Sozialpartner (Handlungsanleitung)
- AMS-Antragsformular (Corona). Der Antrag auf Corona-Kurzarbeit kann bereits ab kommenden Montag, den 16.3.2020 bei der örtlichen Regionalstelle des AMS eingebracht werden.
-Begründung über wirtschaftliche Schwierigkeiten (Verweis auf Corona und Folgemaßnahmen). Hier reicht jedenfalls eine kurze Begründung!

3. Übermitteln Sie die Dokumente durch den Arbeitgeber an das AMS (via eAMS-Konto oder per E-Mail)
4. Rückmeldung AMS an Unternehmen über Genehmigung/Nachbesserungsbedarf/Ablehnung

Voraussetzungen für die Kurzarbeitshilfe, die das AMS den Unternehmen gewährt:
- dass der Arbeitgeber neben dem Entgelt für die herabgesetzte Arbeitszeit dem Arbeitnehmer auch die ausfallende Arbeitszeit zum Teil vergütet (Kurzarbeitsunterstützung): eine Sozialpartnervereinbarung, eine Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat Einzelvereinbarungen, die Zustimmung des Arbeitsmarktservice.

Das AMS berichtet über die Eckpunkte wie folgt:

- Vor Beginn der Kurzarbeit müssen Arbeitnehmer das Urlaubsguthaben vergangener Urlaubsjahre und Zeitguthaben zur Gänze konsumieren. Bei Verlängerung der Kurzarbeitsvereinbarung über 3 Monate hinaus müssen Arbeitnehmer weitere 3 Urlaubswochen des laufenden Urlaubes konsumieren.

- Nettoentgeltgarantie: Arbeitnehmer mit Bruttolöhnen über 2.685 Euro erhalten ein Entgelt von 80% des vor Kurzarbeit bezogenen Nettoentgelts, Arbeitnehmer mit Bruttolöhnen zwischen 1.700 und 2.685 Euro erhalten 85%, Arbeitnehmer mit Bruttolöhnen unter 1.700 Euro erhalten 90%. Die Mehrkosten trägt das AMS (bis zur Höchstbeitragsgrundlage), nicht das Unternehmen.

-Überstunden während der Kurzarbeit sind möglich. In der Sozialpartnervereinbarung müssen die Betriebsbereiche, in denen Überstunden erlaubt sein sollen, explizit angeführt werden.

-Die Behaltepflicht nach Kurzarbeit wird auf 1 Monat verkürzt. Bei besonderen Verhältnissen kann auch diese entfallen. Während dieser Behaltefrist können auch zusätzliche überlassene Arbeitskräfte eingesetzt werden.

-Bei Urlaub und Krankenständen während Kurzarbeit gebührt dem Arbeitnehmer wie bisher das volle Entgelt wie vor Kurzarbeit. Es gilt das Ausfallsprinzip.

- Die Sonderzahlungen sind stets auf Basis des Entgelts (oder Bruttolohn, je nach Kollektivvertrag) vor Kurzarbeit zu bezahlen.

- Keine Auswirkungen der Kurzarbeit ergeben sich außerdem bei Abfertigung alt und neu. Hier ist jeweils von der Arbeitszeit bzw. dem Entgelt vor Einführung der Kurzarbeit auszugehen.

- Die Normalarbeitszeit muss im gesamten Kurzarbeitszeitraum mindestens 10% betragen. Sie kann zeitweise auch Null sein. Bsp.: Kurzarbeitsdauer 6 Wochen; 5 Wochen 0%, 1 Woche 60%. Sollen auch überlassene Arbeitskräfte in die Kurzarbeit einbezogen werden, dürfen sie nicht zurückgestellt werden und es bedarf zusätzlich einer Kurzarbeitsvereinbarung des Überlassers.

- Weiters ist die Lage der Normalarbeitszeit zu vereinbaren. Die Einteilung „Montag bis Donnerstag“ und Freitag als „freier Kurzarbeitstag“ in der Sozialpartnervereinbarung ist nur beispielhaft angeführt. Selbstverständlich können z. B. Gastronomen oder Friseure wie bisher z. B. am Montag geschlossen halten und den Dienstag als Kurzarbeitstag festlegen!

- Die Normalarbeitszeit kann während Kurzarbeit im Einvernehmen mit dem Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat mit dem Arbeitnehmer verändert werden. Die Zustimmungspflicht der Gewerkschaft entfällt. Die Sozialpartner sind von der Veränderung nur mehr zu informieren - spätestens 5 Arbeitstage im Voraus.

- Sozialversicherungsbeiträge sind auf Basis des Entgelts wie vor der Kurzarbeit zu leisten. Das AMS ersetzt dem Arbeitgeber die Mehrkosten voraussichtlich bereits ab dem 1. Kurzarbeitsmonat.

- Die Corona-Kurzarbeit kann für maximal 3 Monate abgeschlossen werden. Bei Bedarf ist eine Verlängerung um weitere 3 Monate nach Sozialpartnergesprächen möglich.



Quelle: Alix Frank Rechtsanwälte GmbH