Durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe gelangt Kohlendioxid in die Atmosphäre und führt zu einer Erwärmung der Erde, einer Versauerung der Ozeane und einer Veränderung des Klimas. Einige Wissenschafter und Umwelt-Gruppen sehen im millionenfachen Anpflanzen von Bäumen eine Lösung für den Klimawandel, weil Bäume Kohlenstoff durch Photosynthese binden. Eine Gruppe von 46 Wissenschafter aus aller Welt, unter ihnen Prof. Dr. Vicky Temerton von der Leuphana Universität Lüneburg mahnen allerdings zur Vorsicht. Ein veröffentlichter Beitrag in der Fachzeitschrift Science zeigt, dass das Potenzial von Baumpflanzungen zur Eindämmung des Klimawandels drastisch überbewertet wird. Es wird gewarnt, das ein Anpflanzen von Bäumen an ungeeigneten Standorten, Ökosysteme stark beinträchtigen oder zerstören, die Intensität von Waldbränden erhöhen und die globale Erwärmung verstärken.
"Während das Pflanzen von Bäumen in abgeholzten Gebieten positive Auswirkungen haben kann, zerstört es im natürlichen Grasland der Erde den Lebensraum von Pflanzen und Tieren und wird außerdem nicht genügend Kohlenstoff binden, um die Emissionen fossiler Brennstoffe zu kompensieren." so Joseph Veldman von der Texas A & M University
Die Autoren kritisieren mit ihrem Beitrag einen anderen, kürzlich in Science erschienen Artikel von Wissenschaftern der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. Eine niederländische gemeinnützige Stiftung (DOB Ecology), eine Interessengruppe für das Pflanzen von Bäumen (Plant-for-the-Planet) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanzierten die Forschungen. Behauptet wurde, dass weltweite Baumpflanzungen rund 205 Gigatonnen Kohlenstoff oder ein Drittel des Kohlendioxids, das seit der industriellen Revolution ausgestoßen wurde, kompensiert werden könnte.
Veldman macht klar: „Da die geschätzte Kompensation von 205 Gigatonnen Kohlenstoff so hoch war, wurde das Pflanzen von Bäumen weltweit als die beste Lösung für die Eindämmung des Klimawandels bezeichnet. Wir wissen jetzt, dass diese Annahme falsch war.“
Veldman und seine Co-Autoren kritisierten, dass die Schweizer Forschung schwerwiegende Mängel aufwies, die zu einer fünffachen Überschätzung des Potenzials neu gepflanzter Bäume für die Eindämmung des Klimawandels führten. Es wurde davon ausgegangen, dass Böden in Ökosystemen ohne Bäume keinen Kohlenstoff enthalten. Es wird aber in vielen Ökosystemen wie Savannen und Torfmooren mehr Kohlenstoff im Boden gebunden als in oberirdischen Vegetationen. Auch die Tatsache, dass Nadelwälder in gemäßigten kalten Klimazonen und Hochgebirgsregionen mehr Sonnenlicht absorbieren und mehr Wärme abgeben als baumlose Gebiert und so die globale Erwärmung eher zunimmt. Das Anpflanzen von Bäumen auf Wiesen und in Savannen, wie vom Schweizer Forscherteam vorgeschlagen, schädigt die Umwelt.
„Uralte Wiesen und Savannen enthalten eine immense Artenvielfalt und erbringen Dienstleistungen für die Menschheit, wie z. B. Viehfutter und Grundwasserneubildung. Wir befürchten, dass ein kurzsichtiger Fokus auf das Pflanzen von Bäumen die Anpassungsfähigkeit der Menschen an den Klimawandel verringert und gleichzeitig von den Bemühungen zur Erhaltung intakter Ökosysteme und zur Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe ablenkt.“ erklärt Veldman
Seine Co-Autorin Vicky Temperton von Leuphana fügt hinzu: „Eine ökologische Sanierung könnte viel mehr zu natürlichen Klimalösungen beitragen, wenn wir uns nicht nur auf Wälder fokussieren, sondern uns auch um Grasland, Savannen, Buschland und Torfmoore kümmern.“
Quelle: leuphana.de