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Insektenarten wie die Große Goldschrecke (Chrysochraon dispar) sind in ihrem Bestand drastisch zurückgegangen © Marek Velechovsky/Shutterstock.com

INSEKTENSTERBEN UND ARTENSCHWUND

Insektenrückgang ist weitreichender als gedacht

Ein Artikel von Red. | 13.11.2019 - 12:12

Mehrere Studien belegen, dass auf deutschen Wiesen das Vorkommen von Insekten stark zurückgegangen ist. „Bisherige Studien konzentrierten sich aber entweder ausschließlich auf die Biomasse, also das Gesamtgewicht aller Insekten, oder auf einzelne Arten oder Artengruppen. Dass tatsächlich ein Großteil aller Insektengruppen betroffen ist, war bisher nicht klar“, sagt Dr. Sebastian Seibold, Forscher am Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie der TUM.
In einer breit angelegten Biodiversitätsstudie (2008-2017) hat ein Forschungsteam unter der Leitung von Wissenschaftern der TUM eine Vielzahl von Insektengruppen in Brandenburg, Thüringen und Baden-Württemberg erfasst. Insgesamt wurden auf 300 Flächen über eine Million Insekten gesammelt und es stellte sich heraus, dass viele der fast 2.700 untersuchten Arten rückläufig sind. Seltene Arten wurden in den vergangenen Jahren in manchen Regionen nicht mehr gefunden.
Bisher gab es kaum Untersuchungen wie stark der Wald vom Insektenrückgang berührt ist. Das Forscherteam stellte fest, dass die Biomasse der Insekten in den untersuchten Wäldern seit 2008 um 40% zurückläufig war. Ein noch drastischeres Ergebnis wurde im Grünland festgestellt. Die Insektenbiomasse hatte sich am Ende des Untersuchungszeitraums auf ein Drittel ihres früheren Niveaus verringert. Niemand hat einen so schnellen und drastischen Rückgang innerhalb eines Jahrzehntes erwartet.  

Die Umgebung ist auschlaggebend

Alle untersuchen Wald- und Wiesenflächen sind betroffen - Wiesen, die drei bis viermal jährlich gemäht und gedüngt wurden, Schafweiden, forstwirtschaftlich geprägte Nadelwälder, selbst ungenutzte Wälder in Schutzgebieten. Grünlandflächen, die in besonderem Maße von Ackerland umgeben sind, wurde der größte Schwund festgestellt. Dort waren vor allem Arten betroffen, die nicht in der Lage sind, große Distanzen zu überwinden.
Jene Insektengruppen, die weitere Strecken zurücklegen können, schwanden vorwiegend im Wald. „Ob mobilere Arten aus dem Wald während ihrer Ausbreitung stärker mit der Landwirtschaft in Kontakt kommen oder ob die Ursachen doch auch mit den Lebensbedingungen in den Wäldern zusammenhängen, müssen wir noch herausfinden“, sagt TUM-Mitarbeiter Dr. Martin Gossner.

„Um den Rückgang aufzuhalten, benötigen wir ausgehend von unseren Ergebnissen eine stärkere Abstimmung und Koordination auf regionaler und nationaler Ebene“, sagt Seibold. Aktuell kümmern sich Initiativen zu sehr auf die Bewirtschaftung einzelner Flächen und agieren häufig unabhängig voneinander.


Quelle:tum.de