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Dr. Alfred Kollar, Vorstandsvorsitzender Oberwarter Siedlungsgenossenschaft; Dr. Christine Haiden, Präsidentin OÖ. Presseclub, Chefredakteurin „Welt der Frauen“; Mag. Alfred Riedl, Präsident Österreichischer Gemeindebund; Univ.Prof. Dr. Silvia Tobias, Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Schweiz; Ass.Prof. DI Dr. Walter Seher, BOKU-IRUB; Univ.Prof. Dr. Gernot Stöglehner, BOKU-IRUB; Josef Moosbrugger, Präsident Landwirtschaftskammer Österreich; Dr. Kurt Weinberger, BOKU-Universitätsratsvorsitzender und ÖHV-Vorstandsvorsitzender; DI Christian Härtel, Leiter räumliche Entwicklung, MA22, Wien; Univ.Prof. DI Dr. Marianne Penker, BOKU-INWE; DI Franz Grossauer, MAS, BOKU-IRUB; Mag. Johannes Tratter, Landesrat Tirol; Univ.Prof. Dr. Stefan Siedentop, ILS Dortmund; DI Dr. Josef Schwaiger, Landesrat Salzburg (v. l. n. r.) © Christoph Gruber, BOKU

Österreich

Bodenschutz durch Raumplanung

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 26.06.2019 - 09:07

Gemeinden spielen in der Diskussion um Bodenverbrauch als Bau- und Flächenwidmungsbehörden eine wichtige Rolle, die Gemeindebediensteten befinden sich in einem starken Spannungsfeld denn jedes Bauvorhaben verbraucht Grund und Boden, bringt aber Einnahmen aus der Kommunalsteuer. In den vergangenen Jahrzehnten führte das zu einer massiven Zersiedelung in Österreich.

In seinen einleitenden Worten zum Symposium erklärte Dr. Kurt Weinberger (Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung und Vorsitzender des Universitätsrats der BOKU Wien) den enormen Bodenverbrauch zum größten Umweltproblem Österreichs: "Die Folgen sind z. B. zunehmende Schäden durch Überschwemmung, die Gefährdung der Ernährungssouveränität und der Schönheit Österreichs." Wir seien bezüglich des Bodenverbrauchs der negative Europameister, wenn weiterhin 0,5 % der Acker- und Grünlandflächen jährlich verbaut werden, gingen uns in 200 Jahren die landwirtschaftlich nutzbaren Böden aus. Eine geordnete Planung der Gestaltung sei zum Wohle der künftigen Generationen wichtig.

Anregungen aus dem Ausland

Als Vorbilder könnten unsere direkten Nachbarn dienen. Deutschlands Landschaft ist deutlich naturbelassener als die Österreichs, Wiesen und Äcker sind besser geschützt, Dörfe und Städte kompakter. Es gibt eine wirkungsvollere übergeordnete Raumplanungsbehörde, wie Univ.-Prof. Dr. Stefan Siedentop (Technische Universität Dortmund) erklärt, und diese forciert die Innenentwicklung vor der Außenentwicklung. Mit 0,25 % macht der Flächenverbrauch nur die Hälfte von Österreich aus.

Die wichtigste Bodenschutzmaßnahme in der Schweiz ist laut Dr. Silvia Tobias (Eidgenössische Forschungsanstalt WSL), dass der Gesetzgeber den sogenannten Fruchtfolgeflächen – landwirtschaftliche Nutzflächen mit den produktivsten Böden – ein absolutes Bauverbot auferlegt. So soll die Ernährungssicherheit der Bevölkerung gewährleistet bleiben.

Raumplanung ist das A und O

Ähnlich wie in Deutschland sieht auch Univ.-Prof. Dr. Gernot Stöglehner (Leitung Institut für Raumplanung, BOKU Wien) den Schwerpunkt auf der Innenentwicklung, das Bauen auf „grünen Wiesen“ sollte hinangehalten werden, die regionale Planungsebene braucht Stärkung und funktionsgemischte Strukturen sind zu fördern.

In Österreich geschehe ein stiller Landschaftswandel wie Univ.-Prof. Dr. Marianne Penker (Institut für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, BOKU Wien) unterstreicht. Durch den Bodenverbrauch komme es zum Verlust wichtiger Bodenfunktionen wie Wasserspeicherfähigkeit. „Von 1960 bis 2016 stiegen die verbauten Flächen und Verkehrsflächen um 1.370 % an, während im gleichen Zeitraum das Ackerland auf 82 % und das Dauergrünland auf 66 % zurückgingen.“

Lösungsansätze zeigen sich in verschiedenen Bundesländern. Ein österreichweites Best Practice Beispiel ist die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG), die gezielt leerstehende Immobilien aufkauft und für modernes Wohnen revitalisiert. In Österreich gibt es laut Zahlen des Umweltbundesamtes mehr als 40.000 ha Industrie-, Gewerbe- und Wohnimmobilien, die leer stehen.

Das aktuelle Raumordnungskonzept im Land Salzburg gibt mit dem Räumlichen Entwicklungskonzept den handelnden Personen die geeigneten Werkzeuge in die Hand, um Zersiedelung, Bodenverbrauch und dem Aussterben der Ortskerne entgegen zu wirken, wie der zuständige Landesrat DI Dr. Josef Schwaiger betonte.

In Tirol ist eine Gesetzesnovelle geplant, die Änderungen für neue Handelsbetriebe bringen soll. Bei Neuerrichtungen sollen Tiefgaragen oder Parkdecks verpflichtend sein, so soll der Bodenverbrauch eingedämmt werden und das „Zubetonieren“ der Vergangenheit angehören.

Wie kommen wir zum Ziel?

Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Österreichischen Bundesregierung aus dem Jahr 2002 war den Bodenverbrauch auf maximal 2,5 ha pro Tag zu reduzieren, um das zu erreichen gibt es unterschiedliche Lösungsansätze:

• eine österreichweite Leerstands-Datenbank und Flächenmanagement-Datenbank, die Gemeinden unterstützt Baulücken und Leerstände im Ortskern transparent zu machen sowie zu erfassen und bestmöglich zu nutzen
• monetäre Anreizsysteme für eine Revitalisierungsoffensive
• Innenentwicklung vor Außenentwicklung
• interkommunaler Finanzausgleich
• Schutz wertvoller Flächen wie landwirtschaftlicher Vorrangflächen (Vorbild Schweiz)
• vermehrtes Bauen in die Tiefe bzw. Höhe


Quelle: ÖHV, BOKU Wien