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© Andreas Hermsdorf/pixelio.de

Pestizidcocktails in österreichischen Ackerpfützen

Ein Artikel von Red. | 17.06.2015 - 08:05
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Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 nahm im Zeitraum zwischen 14. und 30. Mai in Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten insgesamt 32 Proben aus Wasserpfützen, die sich infolge starker lokaler Regenfälle auf landwirtschaftlichen Flächen gebildet hatten. Die Proben, die von Mais-, Raps-, Soja-, Getreide-, Obst- Feldgemüse- und Weinbau-Flächen sowie von einem an eine Ackerfläche angrenzenden privaten Hausgarten stammten, wurden an der Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) Klosterneuburg auf Pestizide untersucht.

58 Pestizide gefunden

In Summe ließen sich in den 32 untersuchten Pfützen 58 verschiedene Pestizide nachweisen, darunter zahlreiche Unkrautvernichtungsmittel (Herbizide), Pilzbekämpfungsmittel (Fungizide) und Insektenvernichtungsmittel (Insektizide). "Wir fanden diese Pestizide teilweise in hohen Konzentrationen, die auf eine kürzliche Anwendung hindeuten, aber auch im Spurenbereich, was entweder aus länger zurückliegenden Pestizidbehandlungen oder aus Altlasten im Boden herrührt. So fanden wir in fast allen untersuchten Pfützen Abbauprodukte von Atrazin, eines Pestizids, das aufgrund seiner chemischen Langlebigkeit schon 1995 verboten wurde", so Helmut Burtscher, Umweltchemiker der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000.

Besorgniserregende Kombinationen

Im Durchschnitt wurden 10 Pestizide in einer Pfütze gefunden. Jeder vierte Pfützencocktail enthielt dabei eine für Bienen fatale Kombination aus dem bislang nicht verbotenen Neonicotinoid Thiacloprid und einem Pilzbekämpfungsmittel aus der Gruppe der Azolfungizide. Das Neonicotinoid Thiacloprid gilt bekanntlich als bienenverträglich, da Bienen im Gegensatz zu den meisten anderen Insekten über einen Mechanismus verfügen, um dieses Neonicotinoid zu entgiften.

"Pilzbekämpfungsmittel aus der Gruppe der Azolfungizide sind aber in der Lage, genau diese Entgiftungsmechanismen zu blockieren und erhöhen so die Bienengiftigkeit von Thiacloprid um das 100- bis 1000-fache, wie Laborversuche gezeigt haben. Dass wir in 8 von 32 Pfützen beide Insektizide in Kombination angetroffen haben, ist beunruhigend", so Burtscher.

Ackerpfützen als Hauptpfade der Pestizidexposition für Bienen

Honigbienen sammeln Wasser – bei entsprechender Witterung bis zu einem halben Liter pro Biene und Tag für einen Bienenstock. Pestizide sind je nach Dosis für Bienen sofort tödlich oder schwächen die Immunabwehr, das Orientierungsvermögen oder die Kommunikationsfähigkeit.

Deshalb hat die mit der europäischen Pestizidzulassung befasste Behörde EFSA zeitgleich mit den europaweiten Neonic-Verboten auch Leitlinien vorgegeben, wie zukünftig im Rahmen der gesetzlichen Pestizidzulassung das Risiko einer chronischen oder wiederholten Exposition für Bienen besser berücksichtigt werden soll. Pfützen auf landwirtschaftlichen Flächen werden dort erstmals als Hauptpfade der Pestizidexposition für Bienen genannt und sollen daher in die Bewertung der Risiken miteinfließen.

Eine weitere in diesem EFSA-Vorschlag enthaltene substantielle Verbesserung des Bienenschutzes ist, dass zukünftig bei der Zulassung von Pestiziden auch das Risiko für Hummeln und Wildbienen Berücksichtigung finden soll.

GLOBAL 2000 fordert, dass diese schon vor 2 Jahren präsentierten Verbesserungsvorschläge des Zulassungsverfahrens für Pestizide endlich in die Tat umgesetzt werden und unterstreicht diese Forderung mit einer Petition an die EU-Kommission. "Weitere Verzögerungen oder gar Verwässerungen gegenüber dem EFSA-Vorschlag können wir uns in Anbetracht des Rückgangs an Wildbienen und der regelmäßig wiederkehrenden Völkerverluste bei Honigbienen nicht leisten. Wir müssen endlich zu handeln beginnen", so Burtscher abschließend.

Info: www.global2000.at


Quelle: GLOBAL 2000