Der Arzneipflanzenanbau hat in Deutschland v. a. in den östlichen Bundesländern eine lange Tradition, wo schon zu DDR-Zeiten Heilkräuter angebaut wurden. Weitere Anbauländer sind Bayern, Hessen und Niedersachsen. Den größten Anteil an der Gesamtanbaumenge hat die Kamille, gefolgt von Lein, Mariendistel, Pfefferminze, Sanddorn, Fenchel, Johanniskraut und dem Wolligen Fingerhut. Auch die Bedeutung ursprünglich in China beheimateter Heilpflanzen, wie z. B. der Chinesische Engelwurz, nimmt in Deutschland zu. Die Bundesregierung hat es zum Ziel erklärt, die Anbaufläche bis zum Jahr 2020 von 13.000 auf 20.000 ha zu erweitern. Viele Pflanzen werden als Küchenkräuter oder Gewürze sowie als Heiltee verwendet. Dabei werden unterschiedliche Pflanzenteile als Rohstoffe für die pharmazeutische, kosmetische, chemische oder für die Nahrungsmittelindustrie genutzt.
Arzneipflanzen als wichtige Einnahmequelle für Landwirte
Auch wenn die Flächen vergleichsweise gering sind, kann der Anbau von Arzneipflanzen für spezialisierte Betriebe eine wichtige Einnahmequelle sein. Voraussetzung ist, dass sich der Landwirt intensiv mit den Arten beschäftigt und in die erforderliche Spezialtechnik investiert. Dann können auch auf kleinen Flächen hohe Erlöse erzielt werden. Der überwiegende Anteil des Anbaus erfolgt bedarfsgerecht – in enger Absprache mit dem Abnehmer.
Pflanzenschutz als Herausforderung
An die Kräuter und Heilpflanzen werden besonders hohe Anforderungen an Qualität und Reinheit der Erzeugnisse gestellt. Sie müssen praktisch frei von unerwünschten Bestandteilen oder von Pflanzenschutzmittelrückständen sein. Doch Krankheiten und Schädlinge machen auch vor Heilpflanzen nicht halt. Im praktischen Anbau wird der Landwirt mit einigen Problemen konfrontiert: Echte Kamille, Spitzwegerich, Petersilie, Kerbel oder gemeine Ringelblume sind empfindlich gegen Mehltau. Johanniskraut wird von einem Welkepilz dahingerafft. Rostpilze befallen Melisse und Pfefferminze. Blattläuse und andere saugende Insekten mögen und schädigen fast alle Kräuter. Bei den Doldenblütlern wie beim Fenchel können Wanzen großen wirtschaftlichen Schaden anrichten und ganze Blütenanlagen vernichten. 2012 wurde durch späten Befall in einigen Gegenden die gesamte Ernte vernichtet.
Auch Beikräuter wie Ackerfuchsschwanz, Einjähriges Rispengras oder Knötericharten machen vielen Arzneipflanzen Konkurrenz und beeinträchtigen die Qualität des Ernteguts. Die unerwünschten Pflanzen werden sowohl durch mechanisches Hacken und Striegeln als auch chemisch mit für diesen Bedarfsfall zugelassenen Pflanzenschutzmitteln bekämpft.
Die Hersteller von Phytopharmaka bevorzugen die gleichbleibend hochwertige Ware aus kontrolliertem Anbau. Denn bei Wildsammlungen kann die Qualität der Inhaltsstoffe je nach Standort, Bodenbeschaffenheit und Verarbeitungsverfahren stark schwanken. Zudem fördert der Anbau von Arzneipflanzen die Artenvielfalt und bereichert die Kulturlandschaft.
Forschungsprojekt zum Arzneipflanzenanbau gestartet
Um den wettbewerbsfähigen Anbau von Arzneipflanzen in Deutschland zu fördern, unterstützt das Bundeslandwirtschaftsministerium ein Demonstrationsprojekt, bei dem Forschergruppen und Unternehmen für den Anbau von Kamille, Melisse und Baldrian nach züchterischen Optimierungen sowie verbesserten Trocknungs-, Anbau- und Erntetechniken suchen (KAMEL). Gelingt es, die Anbaupotenziale für Arzneipflanzen zu erschließen, bietet sich der deutschen Landwirtschaft ein neuer Einkommensbereich mit hoher Wertschöpfung und für die deutsche Pharmaindustrie eine größere Unabhängigkeit von Importen.
Quelle: IVA-Magazin, Heike Kreutz/www.aid.de