Pflanzenwurzeln kommen unter der Erde mit einer Vielzahl von Bodenbakterien in Kontakt. Einige dieser Rhizobakterien schädigen die Pflanze (Pathogene), andere sind nützlich – sie verbessern die Wasser- und Nährstoffaufnahme der Pflanze, machen sie stresstoleranter oder unterstützen die pflanzliche Immunabwehr. Doch auch die „guten“ Bakterien arbeiten nicht immer zum Vorteil der Pflanze. In Experimenten mit der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) und dem Heubakterium Bacillus subtilis haben Forscher erstmals nachweisen können, dass das nützliche Bakterium die pflanzliche Abwehr zeitweise außer Gefecht setzen kann. Dieser Mechanismus war bisher nur bei pathogenen Bakterien bekannt.
SOS vom Spross in die Wurzel
In Experimenten haben die Forscher einzelne Blätter von Arabidopsis mit dem bakteriellen Peptid Flagellin bzw. dem pathogenen Coronatin des Krankheitserregers Pseudomonas syringae pv. Tomato infiziert. Die Pflanze erkannte die MAMPs, die sog. Mikroben-assoziierten molekularen Muster der Bakterien, und aktivierte bestimmte Abwehrgene in den Blättern. Das Flagellin bewirkte zudem eine Überexpression von Abwehrgenen in der Wurzel. Hierbei waren weitere Signalwege beteiligt. Das pathogene Coronatin unterdrückte diese Wurzelabwehr und schwächte damit die Pflanze. Gleichzeitig sendete die Pflanze ein SOS-Signal (Transporter ALMT1) von den infizierten Blättern in die Wurzeln. Dort wurde daraufhin verstärkt Apfelsäure produziert. Dies lockte nützliche Heubakterien an, für die Apfelsäure eine willkommene Nahrung ist. Je mehr dieser Bakterien die Wurzeln besiedelten, desto resistenter war die Pflanze gegenüber dem Krankheitserreger. Das nützliche Heubakterium konnte die negative Wirkung der pathogenen Bakterien abschwächen und die Immunabwehr der Pflanze stärken. Wie es das genau macht, wissen die Forscher noch nicht.
Die „Guten“ kapern das Immunsystem zum eigenen Schutz
Wie die Pflanze mit dem Heubakterium interagiert, wollten die Forscher mit weiteren Experimenten herausfinden. Hierzu analysierten sie mehr als 1.000 Pflanzen. Sie entdeckten, dass Bacillus subtilis nicht immer die Abwehrkraft der Pflanzen befördert. Das Bakterium produziert ein antimikrobielles Peptid, mit dem es die Expression der Wurzelresistenzgene zeitweise unterdrücken kann. Die Immunabwehr der Wurzel wird dadurch geschwächt, so dass sich das Bakterium ungestört ausbreiten kann. Mit dieser effizienten Strategie schützt sich das Heubakterium in einer frühen Besiedlungsphase vor der pflanzlichen Abwehrreaktion gegen pathogene Bakterien. So kann es eine langfristige Interaktion mit der Wirtspflanze etablieren. Der Signalweg, über den das Heubakterium die Immunabwehr der Pflanze reguliert, unterscheidet sich von dem des Coronatin bei Pseudomonas syringae. Wie genau das Heubakterium das Immunsystem kapert und wie lange es diese Kontrolle aufrecht erhalten kann, wissen die Forscher allerdings noch nicht. Weitere Studien müssen nun die beteiligten Gene und Signalwege entschlüsseln.
Quelle: Pflanzenforschung.de