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Zauberwort Bequemlichkeit

Ein Artikel von DI David Scheurich | 09.03.2009 - 11:20
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Die Veränderung der gesellschaftlichen Altersstruktur macht sich nicht erst seit gestern im Einzelhandel der grünen Branche bemerkbar. Bezeichnungen wie „50plus“, „Silver Generation“ oder „Best Ager“ unterstreichen die eindeutige Tendenz: Wer die Wünsche der älteren Generation nicht berücksichtigt, wird über kurz oder lang scheitern. Das in dieser Kundengruppe konzentrierte Kapital geht einher mit einem ständig steigenden Anspruch an Qualität der Produkte, verbunden mit einem hohen Maß an Service, welches idealerweise auf persönlichem Wege (Begrüßung der Stammkunden mit Namen, Kennen der Vorlieben etc.) geboten wird.

Konsum-Engpass
Studien weisen immer wieder auf die Bedeutung der Produktgestaltung und -anordnung gerade bei der Kaufentscheidung der älteren Kunden hin. Das Schweizer Fachportal für Marketing fasst passend zusammen: „Die Augen sind der Engpass des Konsums.“
Schon mit 40 Jahren beginnt das menschliche Auge zu altern, mit zunehmendem Alter werden durch eine gelbliche Linsentrübung blaue und grüne Farbtöne absorbiert. Dementsprechend sorgen geringer Kontrast, kleine Schrift und spiegelnde Oberflächen eher abschre­ckend als verkaufsfördernd.

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Klare Strukturen
Neben der klaren Lesbarkeit sorgt vor allem die richtige Struktur und leichte Orientierung der Waren für ein angenehmes Einkaufserlebenis. Rainer Buchal vom Gartenbauberatungsring Hannover erlebt tagtäglich die noch häufig vorhandene Spanne zwischen angemessener Warenpräsentation und der Realität.
Die zwei Trends „Weniger ist mehr“ und „Cool Convenience“ (Bequemlichkeit) werden nicht überall berück­sichtigt. Buchal: „Die Kunden wollen eine kompetente Vorauswahl und nicht einfach nur Masse. Mit der entsprechenden Produktbündelung und Themenbildung kann man sie auch viel leichter emotional ansprechen.“

Dennoch dürfen diese „Highlights“ nicht die zugrunde liegende Ordnung ins Wanken bringen. „Dekorative Flächen müssen extra positioniert werden. Das restliche Sortiment ist mit Hilfe von einem simplen Konzept sofort über­blick­bar.“

Buchal nennt als Beispiel die Gärtnerei Borgas in Mellendorf/D, wo die Einteilung nach Blütenfarbe sich konsequent durch den Betrieb zieht. Die sichere Orientierung innerhalb unterschiedlicher Bereiche verlängert die Aufenthaltsdauer und unterstützt die Selbstständigkeit. So konzentriert sich die Beratungskapazität auf echte Verkaufsberatung und es werden menschliche Wegweiserdienste eingespart.

Beschilderung
Zur nachvollziehbaren Struktur gehört die passende Beschilderung. Noch immer wird man häufig mit halben Romanen konfrontiert, die nicht nur die Augen, sondern die Aufnahmefähigkeit insgesamt überfordern. Der visuelle Reiz wird durch das farbige Foto generationenübergreifend ausgelöst, bei den Informationen bezüglich Standort, Blühzeitraum, lateinischem Namen etc. muss eine klare Hierarchie vorgenommen werden. Psychologisch empfiehlt sich eine Beschränkung auf drei Kernaussagen, da nur diese gleichzeitig wahrgenommen werden können. Außerdem werden unterbewusst innere, harmonische Bilder wie Dreifaltigkeit, Dreiklang oder der Farbkreis bedient. Das Schweizer Fachportal für Marketing rät außerdem zu der Wahl vertrauter Schriften mit hohem Farbkontrast, Kursivsetzungen ermüden das Auge unnötig.

Preisbildung
Bei der Preisauszeichnung ist ebenfalls eine klare Struktur zu empfehlen. Rainer Buchal warnt davor, das Preiswissen beim Kunden als zu hoch einzustufen. Demnach kommt eine einheitliche Auszeichnung der Kundschaft mehr entgegen, als eine Aufschlüsselung in 10 Cent-Schritten.
Ausnahmen bilden hier nur die beworbenen Saisonangebote der Filialisten und Mitbewerber, auf die man mit individuellen Preisnachlässen reagieren kann.

Bequemlichkeit unterstützen
Das Bewerben eines Zusatznutzens („Pflegeleicht“, „Entspannender Duft“) ist ein weiterer Schritt der Entscheidungshilfe, der immer wieder Kreativität verlangt.
Die wachsende Nachfrage nach fertigen und stimmungsvollen Sets unterstreicht den Wunsch nach Bequemlichkeit. Diesem sollte man auch im Verkaufsraum nachkommen. Gerade bei Pensionis­tenpaaren gibt es oft eine mobile und eine weniger mobile Person. Das Angebot gemütlicher Sitz­ecken ist deshalb die Grundlage für einen harmonischen Einkauf.