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Totholz bietet ebenfalls vielen seltenen Arten einen Lebensraum © Markus von Maelstroem/Shutterstock.com

Naturschutz

Biotopbäume als Zentrum der Biodiversität

Ein Artikel von Renate Stoiber (bearbeitet) | 22.10.2021 - 10:31

Der bei Immobilien steigende Trend zu kleinen Wohnungen ist im Tierreich immer schon gelebte Praxis. Alte Bäume und Totholz bieten Mikrohabitate für zahlreiche Tiere, v. a. seltene und vom Aussterben bedrohte Arten wie der Veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer, der Schwarzspecht oder die Kleine Hufeisennase nutzen jeden kleinsten Hohlraum aus.

Solche Biotopbäume sind aus ökologischer Sichte unverzichtbar und weisen bis zu 65 unterschiedliche Mikrohabitate von der Höhle bis zum Baumriss aus. Deshalb belassen die Österreichischen Bundesforste (die ca. 15 % der heimischen Wälder betreuen) bewußt alte Bäume und abgestorbenes Holz im Wald. In der Fachbroschüre „Aktiv für Artenvielfalt im Wald“ informieren sie nun gemeinsam mit dem WWF zur gezielten Förderung von seltenen Baumarten und Naturwaldelementen.

„Struktur- und artenreiche Wälder sind wahre Schatzkammern des Lebens und tragen zum Klimaschutz bei: Sie speichern CO2, schützen vor Naturereignissen – wie Lawinen, Muren oder Steinschlägen – und bringen Abkühlung in Hitzeperioden“, so Hanna Simons, Leiterin des Bereichs Natur- und Umweltschutz beim WWF Österreich.

Seltene Arten brauchen spezielle Lebensräume

Auch Mehrfachnutzung von Unterkünften ist im Tierreich weit verbreitet. Der Schwarzspecht, der größte europäische Specht, stellt z. B. durch den Bau seiner geräumigen Baumhöhlen wichtige Kleinsthabitate zur Verfügung. Er ist ein wahrer Profi im Höhlenbau und zieht das Brutpaar in eine neue Höhle, stehen die Nachnutzer bereits Schlange. Raufußkäuze, Hohltauben, Kleiber, Fledermäuse, Eichhörnchen, Haselmäuse, Siebenschläfer oder auch Hornissen übernehmen nur allzugern die vorbereiteten Höhlen für Brut, als Futterversteck oder auch Schlafplatz. Viele von ihnen sind auf die Höhlen angewiesen, in Europa konnte man bereits 58 verschiedene Tierarten als Nachnutzer der Spechthöhlen definieren.

Aber auch in abgestorbenem Holz finden sich zahlreich Mikrohabitate und Nischen, es ermöglicht seltenen Arten ein langfristiges Überleben. Von den ca. 7.400 heimischen Käferarten sind ca. 1.500 vom Totholz abhängig, die meisten sind am Abbau des Holzes beteiligt und fördern somit den Boden. Viele sind aber sehr spezialisiert, z. B. das Grüne Koboldmoos (stark gefährdet in Europa) wächst nur auf schattig gelegenem Fichten-Totholz und der Alpenbock (selten, besonders geschützt) braucht totes Buchenholz für die Larvenentwicklung.

Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste: „Um die Biodiversität und damit auch die Widerstandsfähigkeit eines Waldbestandes zu erhalten und zu fördern, ist es essenziell, Biotopbäume und Totholz nachhaltig zu bewahren und ihre weitere Entwicklung zu ermöglichen. Außerdem lässt sich durch gezieltes Einbringen von seltenen Strauch- und Baumarten, wie Schwarzpappel oder Elsbeere, die Vielfalt weiter erhöhen. Denn nur gesunde, bunte und artenreiche Wälder können dem Klimawandel standhalten und neben der Holzproduktion auch ihre vielen Ökosystemleistungen erbringen.“

Waldbesitzer erzählen wie es geht

Der Großteil der heimischen Waldfläche ist in privater Hand, österreichischen Familienwaldbetriebe sind der Schlüssel für eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft. Die nachhaltige Bewirtschaftung spielt eine große Rolle für das Erreichen der Klimaziele. Diese Bedeutung sollte auch der Bevölkerung näher gebracht werden.

Deshalb bieten die Landwirtschaftskammern, Waldverbände und die Land&Forst Betriebe im Rahmen einer neuen Initiative "Waldgeschichten" eine App an, damit Bauern der Gesellschaft einen direkten, persönlichen und authentischen Einblick in ihren Wald geben können: Wie pflegen wie unseren Wald? Wie machen wir den Wald klimafit? Wie schützen wir Lebensräume und Waldbewohner? Wie schaffen wir neue Lebensräume? Mittels Geschichten erzählen sie davon wie sie Herausforderungen begegnen und Lösungen für Probleme finden und erheben so die eigene Stimme, um die heimischen Wälder erlebbar zu machen.


Quellen: OTS, aiz.info