Bevor das römische Imperium sich zur Opulenz des Kaiserreichs entwickelt, machten sich die römischen Bürgertugenden durch sehr strenge Gestaltungen bemerkbar. Alles wurde in eine strenge Form gebracht, denn das entsprach den Auffassungen von Familie, Macht und Militär und die galten als die großen Tugenden der Römer. Dem ganzen Wesen der Römer entsprach es, straff durchorganisiert zu sein und das musste natürlich seine äußeren Ausdruckformen finden.
Sie waren ausgezeichnete Techniker und Ingenieure und das Wort unmöglich war ihnen eher unbekannt. Die Symmetrie fand eine einzigartige Betonung und alles was sehr gleichmäßig und regelmäßig war entsprach ihnen idealen Vorstellungen. Proportional griff man am ehesten auf die Proportion 1 : 1 für die Gestaltungen zurück.
Der Römer
All das musste Auswirkungen auch auf den Umgang mit dem Pflanzlichen haben und so schnitten sie Pflanzen in geometrische Formen und prägten eine Art der Formbinderei, die als klassisch angesehen wird, bis heute. Natürlich spielte der Formwille auch beim Totenkult eine wesentliche Rolle und daraus entstand ein Kranztypus, der von diesem antiken Volk sogar seinen Namen erhielt, der Römer.
Beim Römer in seiner klassischsten Ausführung handelt es sich um einen Blätterkranz, wobei die Blätter schindelähnlich gehaftet wurden. Auch diese Technik führen die Römer ein, um die Blätter noch besser in die Form zu bringen. Bevorzugte Blättermaterialien waren an erster Stelle Lorbeer, gefolgt von Magnolie und Efeu.
Die Römer sahen für die Bestattungen die Verbrennung vor, da nach ihrer Auffassung die Reinigung des Körpers durch das Feuer vollzogen wurde und die Aufnahme in die Ewigkeit der aufsteigende Rauch verkörperte. Die Asche der Verstorbenen wurde in Urnen bewahrt und meistens in einem Familiengrab beigesetzt. Zu Ehrung der Toten erhielt das Grab häufig einen Schmuck durch einen Römer, der in der Regel an speziell dafür vorgesehenen Haken an die Wand gehängt oder auf den Boden niedergelegt wurde.
Erinnerung und Würde
Dieser Kranz hatte eine ganz bestimmte Bedeutung. Die strenge Form des Kranzes verkörperte die römischen Ideale, die durch jeden römischen Bürger geehrt wurden. Mit der Anbringung eines solchen Kranzes verkörperte man das Bewusstsein, dass dieser Mensch in reichem Maße über diese Tugenden verfügte und dass man immer wieder daran erinnern und würdigen wollte. Die Begrifflichkeiten Erinnerung und Würde stehen also in enger Verbindung mit dieser Art des Trauerkranzes. Genau das sollte ein solcher Kranz auch bis heute ausdrücken können. Es ging beim Römer also nicht nur um die äußere Form, sondern er drückte auch einen Seelenzustand aus und zwar die römische Seele schlechthin.
Es geht nicht nur um den Formwillen bei diesen architektonischen Kränzen, sondern vielmehr um einen Ausdruck von Persönlichkeit des Verstorbenen, der damit geehrt werden soll. Für sehr geradlinige Menschen, die sehr planerisch vorgehen und die ruhige, meditative Formen lieben wäre dieser Kranztypus sehr geeignet. Diese Kränze können einen Ruhepol für die aufgewühlten Gefühle der Hinterbliebenen bilden, denn es ist nichts Aufregendes an ihnen, aber gerade das macht sie so besonders. Die Hingabe an die Form, die nicht ohne Inhalt, also hohl ist, wäre die beste Betrachtung dieses Kranzes.