Während die bei uns weit verbreitete Schwarzbäuchige Taufliege Drosophila melanogaster, die in den Sommermonaten in großer Anzahl auf überreifen oder bereits verdorbenen Früchten und Obstresten anzutreffen ist, eher lästig als schädlich ist, kann die asiatische Verwandte Drosophila suzukii erheblichen Schaden im Obst- und Weinbau anrichten. Denn im Gegensatz zu D. melanogaster legt die Kirschessigfliege ihre Eier in gesunden Früchten ab, noch bevor diese geerntet werden. Sie überträgt dabei oft auch Pilze und Bakterien.
2011 wurde Drosophila suzukii erstmals in Deutschland nachgewiesen. Im Sommer und Herbst 2014 mussten im Weinbau erstmals Insektizide gegen den Schädling eingesetzt werden. Essigfallen, die auch der zahlenmäßigen Einschätzung von Schädlingspopulationen dienen, sind nur bedingt hilfreich, da sie neben der Kirschessigfliege auch andere Taufliegen anlocken. Eine Kontrolle, ob Kirschessigfliegen in der Falle sind, ist daher sehr zeitaufwändig.
Beta-Cyclocitral wirkt nur auf Kirschessigfliegen
Verhaltensexperimente ergaben, dass Kirschessigfliegen auffallend häufiger von Blattgewebe angelockt wurden als alle anderen Fliegenarten, die im Versuch getestet wurden. Daher untersuchten die Forscher die Aktivität einzelner Geruchssinneshaare (Sensillen) verschiedener Taufliegenarten auf eine Vielzahl ökologisch relevanter Düfte, darunter auch viele Blattdüfte.
Das Ergebnis: Der Blattduft Beta-Cyclocitral lockt nur die Kirschessigfliege, aber keine anderen verwandten Taufliegenarten an. Die Forscher konnten zeigen, dass die Vorliebe des Insekts für diesen Blattduft physiologisch mit einer erhöhten Antwortstärke bestimmter Geruchssinneshaare auf der Antenne einhergeht.
Warum spezialisiert sich die Kirschessigfliege auf reifende Früchte?
Ungewöhnlich ist, dass die Kirschessigfliege zwar von Blattgewebe angelockt wird, ihre Eier aber dennoch in reifende Früchte legt. Die Weibchen nutzen dabei ihren auffallend langen, mit kleinen Sägezähnen versehenen Eiablageapparat, um die Haut der Früchte und Beeren aufzuritzen und ihre Eier hineinzulegen. „Drosophila suzukii könnte eine Art evolutionäre Brücke zwischen den Drosophila-Arten sein, die entweder auf Früchte oder Blätter spezialisiert sind“, meint Ian Keesey, der Erstautor der Studie. Reifende Früchte und Beeren sind meist von Blättern umgeben. Durch den Blattduft angelockt kommen Kirschessigfliegen automatisch in die Nähe der Früchte, wobei wahrscheinlich visuelle Reize dazu beitragen, die Früchte im grünen Blätterdach aufzufinden.
Durch ihre Untersuchungen wollen die Wissenschafter besser verstehen, warum manche Insektenarten zum Problem werden, andere dagegen nicht. In diesem Fall wollen sie herausfinden, wie und warum sich die Kirschessigfliege auf reifende Früchte spezialisiert und ihre Duftsensibilität entsprechend verändert hat. Die Forschungsergebnisse sollen auch dabei helfen, wirksamere Fallen zu entwickeln, um das Monitoring zu vereinfachen und der Plage besser Herr zu werden.
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft