Die Gärtnerei Fassl in Wien-Döbling hat eine bewegte Firmengeschichte hinter sich. 1948 von Heinrich und Lucia Fassl gegründet, war sie ursprünglich Produktionsgärtnerei für Schnittblumen und Hydropflanzen. Erst später kam der Betriebszweig Gartengestaltung und Endverkauf hinzu. Bis 2003 war die Gärtnerei auf eine Größe von 1.000 m2 Glashausfläche, 400 m2 Folientunnel und 1.000 m2 Freilandfläche samt Schaugarten und Kundenparkplatz angewachsen.
Heute stehen Gartengestaltung und Endverkauf im Mittelpunkt. Floristik nimmt nur eine untergeordnete Rolle ein. Das einzige „Relikt“ des ehemaligen Produktionsbetriebes ist ein Pflanzentrolley, auf dem Karl Fenz noch Gemüsepflanzen heranzieht. „Hobbymäßig“, wie seine Töchter Anita Fenz-Miesbauer und Isabella Flaschberger sagen, „aber die selbst produzierten Paradeiser- und Paprika-Pflanzen kommen bei den Kunden gut an, weil wir nur mit biologischen Düngern der Firma Naturrein arbeiten.“ Das Kernsortiment stellen allerdings Blumen- und Zierpflanzen sowie Floristik und Gartenzubehör.
Aber wie kam es zu dieser Kehrtwende des ehemaligen Produktionsbetriebes?
Ein Hagelunwetter veränderte alles
Es war der 13. Mai 2003, als gegen 15 Uhr ein Unwetter samt Hagelschlag über die Gärtnerei zog. Hühnereigroße Hagelkörner zerstörten die 7 Glashäuser zu 90 % und verwüsteten die beiden Folientunnel sowie die Freilandfläche komplett. „Glücklicherweise ist den Mitarbeitern, die zu dem Zeitpunkt in den Glashäusern waren, nichts passiert. Der Schaden an den Jungpflanzen war aber enorm. Wir waren zwar versichert, aber der Zeitwert der noch jungen Pflanzen war äußerst gering“, berichtet Isabella von den einschneidenden Ereignissen.
Die Entscheidung, ob die Gärtnerfamilie ihren Weg als Gärtnereibetrieb weitergeht bzw. wie sie das anstellen sollte, war keine leichte – sie zog sich über 3 Jahre hinweg. Die Produktionsgewächshäuser wurden zwar unmittelbar nach deren Zerstörung wieder instand gesetzt, doch zeichnete sich bald die Tendenz ab, dass die Warenabnahme durch Endverkaufsgärtnereien immer geringer und die Produktion immer weniger rentabel wurde. „Das finanzielle Loch war einfach zu groß“, resümmiert Isabella die immensen Verluste durch den Hagelschaden. 2006 stand der Entschluss fest: Sie wollen weitermachen, allerdings mit reduzierter Fläche, ohne Produktion und neuem Schwerpunkt auf Gartengestaltung. Der Firmeneintritt von Michael Flaschberger, heute Gartengestaltungsmeister, brachte die nötige Motivation für einen Neuanfang.
Die Fläche, wo einst die Glashäuser und Folientunnel standen, wurde verkauft – dort prangen nun große Wohnbauten. Heute findet die Gärtnerei Fassl mit rund 550 m2 Freifläche und einem Verkaufsgewächshaus mit 180 m2 Fläche das Auslangen. Geführt wird der Betrieb zwar nach wie vor von Hannelore Fenz, allerdings zieht sie sich bereits nach und nach zurück und lässt ihre beiden Töchter und Junior-Chefinnen Anita und Isabella bewusst immer stärker in den Vordergrund treten.
Neues Verkaufsgewächshaus
Die Familie ließ das Verkaufsgewächshaus von Franz Herrmann Glashausbau gänzlich neu errichten – Doppelverglasung mit Sicherheitsglas im Dachbereich gewährleisten die vorgeschriebene Sicherheit. Die Seitenwände bestehen aus Einfachglas.
Die Klimaregelung mittels Gasheizung, Wärmeschirm und Öffnung der Giebelelemente erfolgt vollautomatisch. Das Computersystem dahinter ist Intégro von der Firma Priva. Die notwendigen Wetterdaten liefert der Wettermast auf dem Dach des Verkaufsgewächshauses.
Topfmaschinen sucht man in der Gärtnerei Fassl übrigens vergebens. Hier ist alles Handarbeit, denn die Topfgrößen sind zu variabel, um das Umtopfen automatisieren zu können.
Auch die Bewässerung erfolgt händisch. „Der Vorteil ist, dass jede Pflanze individuell nur so viel Wasser bekommt, wie sie benötigt. So beugen wir Fäule vor, die durch übermäßige Wassergaben, wie sie durch Anstaubewässerung entstehen kann. Ganz nebenher können wir die Ware auf eventuelle Schädlinge oder Krankheiten kontrollieren“, erzählt Isabella. Einzig die Saisonware im Freigelände wird mittels Ebbe-Flut-System versorgt.
Das Gebäude verfügt sogar über einen speziellen Warenlift. Im Untergeschoß des Verkaufsgewächshauses werden die Pflanzen umgetopft, verkaufsfertig hergerichtet und die Rollcontainer mittels Aufzug direkt in die obere Verkaufsetage – ohne mühevollen Umweg über die abschüssige Einfahrt und den Kundeneingang des Geschäftes – transportiert.
Freigelände für Gartensortiment
In der Hauptsaison ist das Freigelände der Gärtnerei Hauptschauplatz des Verkaufsgeschehens. Hier findet der Kunde ein ausgewähltes Sortiment an Gehölzen, Stauden und Saisonware vor. „Kräuter nehmen dabei einen großen Anteil ein, denn die werden von unseren Kunden sehr gut angenommen“, so Anita. „Wir haben unser Sortiment an die kleinen Gärten und Terrassen angepasst, wie sie in unserem Umkreis häufig zu finden sind: Naschobst für Kinder, klassische Heckenpflanzen und kleine Bäume, die auch in Trögen noch ausreichend Platz haben“, ergänzt Isabella.
„Gerade bei Heckenpflanzen haben wir aus Platzgründen zwar nur einige wenige da – als Muster, denn große Mengen werden erst auf Kundenwunsch binnen 3 oder 4 Tagen angeliefert“, so der Gartengestaltermeister Michael Flaschberger. „Lieferservice zum Kunden ist da natürlich inbegriffen.“
Unmögliches möglich machen
Das persönliche Verhältnis und die Zufriedenheit ihrer Kunden ist der Gärtnerfamilie ein besonderes Anliegen. „Wenn wir die gewünschte Pflanze gerade nicht im Sortiment haben, versuchen wir sie ehestmöglich für den Kunden zu besorgen – dafür machen wir manchmal sogar das Unmögliche möglich“, so Anita.
Die Pflanzen bezieht die Familie Fenz von regionalen Produzenten aus Wien-Simmering und Graz. „Wir werden oft gefragt, woher unsere Pflanzen kommen. Dass sie zum Großteil sogar aus Wien stammen, begeistert unsere Kunden“, erzählt Anita. „Neben dem Service ist die einwandfreie Pflanzenqualität, auch hinsichtlich Frosthärte, sicherlich ein Hauptfaktor für eine zufriedene Kundschaft“, weiß auch Isabella. „Das Produkt Pflanze gibt es heute schon überall, da müssen wir uns durch die Qualität umso mehr hervorheben.“ Auch bei der Baumschulware setzt die Gärtnerei Fassl auf Qualität – die Gehölze stammen überwiegend von einem Produzenten im niederösterreichischen Tullnerfeld.
„Gegenüber Importware von Großproduzenten ist eine inländische Baumschule nur geringfügig teurer – aber die Qualität ist einfach einwandfrei“, ist Isabella überzeugt. „Abgesehen davon sind die Abnahmemengen geringer und daher für einen kleinen Familienbetrieb wie unseren günstiger.“
Konsequent auf dem biologischen Weg
Tritt – selten aber doch – Schädlingsbefall auf, etwa mit Spinnmilben oder Blattläusen, setzt die Gärtnerei Fassl bevorzugt Nützlinge ein. „Unsere Kunden wollen nur biologische und bienenfreundliche Produkte. Sie fragen sogar explizit danach. Würden wir Pestizide oder chemische Pflanzenstärkungsmittel verwenden, dann wäre das dem Geschäft alles andere als zuträglich“, so Anita.
Kundenbindung fängt früh an
Etwa 90 % der Kundschaft machen Stammkunden aus. „Unsere Kunden sind teilweise die Enkelkinder der Kunden unserer Großeltern“, erzählt Anita. „Eigentlich ist es wie in einem Dorf – die Mundpropaganda funktioniert bestens.“ Laufkundschaft ergibt sich aufgrund der Lage in einer Seitengasse eher selten, meist nur anlässlich eines Begräbnisses am nahegelegenen Friedhof.
Dass Kundenbindung schon früh beginnt, dessen sind sich die beiden Junior-Chefinnen bewusst: „Wir veranstalten regelmäßig Projekttage, an denen uns Kinder der umliegenden Kindergärten und Volksschulen besuchen kommen. Die Kinder haben eine Riesenfreude daran, selbst Samen zu säen, Pflanzen umzutopfen, Kräuter durchzukosten oder kleine Bastelarbeiten zu Muttertag oder Ostern anzufertigen. Für Stadtkinder ist das ein richtiges Erlebnis. Mittlerweile kommen die Lehrer schon auf uns zu und fragen an, wann wieder so eine Aktion möglich ist“, berichtet Anita.
Auch die alljährliche Adventausstellung mit Keksebacken sowie der Tag der offenen Gärtnerei Ende April ist insbesondere bei Familien mit Kindern äußerst beliebt. Mit alljährlichen Aktionen, etwa zum Valentinstag mit 25 % Ermäßigung auf das gesamte Sortiment, will die Gärtnerfamilie beweisen, dass Blumen schenken nicht unbedingt teuer sein muss. „So bleiben wir auch gegen die niedrigen Preise der Baumarkt- und Blumenhandlungsketten konkurrenzfähig“, verrät Isabella.
„Die Entscheidung, die Gärtnerei weg von der Produktion in Richtung Endverkauf und Gartengestaltung zu entwickeln, hat sich gelohnt. Alleine der Personalaufwand für die Glashäuser war entsprechend groß – das fällt jetzt alles weg“, fassen Anita und Isabella zusammen. „Der Hagel war nur der Anlass – vermutlich hätte der Umstieg ohnehin, nur vielleicht etwas später, stattgefunden.“
Daten & Fakten
Gärtnerei Fassl
Weinberggasse 81-83
1190 Wien
Tel. 01/328 28 16
fassl-fenz@a1.net
www.gaertnerei-fassl.at
Geschäftsführer
Hannelore Fenz
Mitarbeiter
8 – 10 Mitarbeiter
Firmenentwicklung
1948 gegründet als Produktionsgärtnerei für Schnittblumen und Hydropflanzen, später auch Gartengestaltung und Endverkauf. Seit 2003 reine Endverkaufsgärtnerei mit Gartengestaltung
Produkte und Dienstleistungen
Blumen und Zierpflanzen, Gemüsepflanzen und Kräuter, Saisonware, Gartenzubehör, Floristik, Gartengestaltung
Absatzmärkte
Endverkauf